"Ich habe den Zenit noch vor mir"
Reinhard Mey in der Halle Münsterland
Eine Gitarre, ein Mikrofon, ein schmaler Lichtkegel. Die spartanische Konzentration aufs Wesentliche. Reinhard Mey ist Liedermacher, kein Showmaster. Die Halle Münsterland ist ausverkauft. Wieder geht das Tournee-Konzept auf. Seit Jahrzehnten.

Reinhard Mey besingt das Familienleben in großer Harmonie.
Die zwei Dutzend Lieder, die der 71-Jährige in gut zwei Stunden vorträgt, sind zum großen Teil der aktuellen CD entnommen. Die besinnliche Rückschau eines Familienvaters. Der Tod des Sohnes Maximilian wird zwischen den Zeilen angesprochen („Dann mach’s gut“), die dauerhafte Liebe zur Ehefrau besungen („Wenn du bei mir bist“). Die Tochter bekommt mit einem Augenzwinkern ein Denkmal gesetzt („Spangen und Schleifen und Bänder“), als Großvater freut er sich über neues Leben („Fahr dein Schiffchen durch ein Meer von Kerzen“). Auch der Schwiegervater darf sich einer Hommage sicher sein („Vaters Mantel“).
Als 20-Jähriger musste Mey die Themen noch suchen, 50 Jahre später finden die Themen ihn und treffen auf einen poetischen Dokumentaristen täglicher Begebenheiten und emotionaler Befindlichkeiten. Vielen spricht er aus dem Herzen. Befreit von Studio-Arrangements hört sich allein zur Akustik-Gitarre vieles davon akzentuierter, präziser, unpathetischer an. Selbst wenn sich mancher Wortschwall nur mit etwas Nachdruck in Takt und Versmaß einfügen will. Zwischen den einzelnen Stücken unterhält Mey seine Anhängerschar mit Anekdoten, Schnurren, ganz persönlichen Worten. „Ich habe den Zenit noch vor mir“, beruhigt er gleich zu Anfang all die besorgten Menschen, die sich fragen mögen, wie lange er diesen durch Plattenproduktion und Tourneen getakteten Lebenslauf künstlerisch wohl noch durchhalten könne. „Gute Nacht, Freunde“ singt er zum Abschied. Und seine Freunde singen alle mit. 2017 müsste er turnusmäßig wieder in Münster auftauchen, in der Stadt „die so gut zu ihm ist“ (Mey): mit Gitarre unter schmalem Lichtkegel.