Die seit Jahresanfang in Kraft getretene Energiepreisbremse sollte sicherstellen, dass Strom, Erdgas und Fernwärme für Verbraucher bezahlbar bleibt. Möglicherweise haben aber Energiekonzerne diese Preisbremse ausgenutzt, um die eigenen Profite zu steigern. Diesem Verdacht will jetzt das Bundeskartellamt auf den Grund gehen.
Am Montag (15. Mai) kündigte die Behörde an, dass man „erste Prüfverfahren auf der Grundlage der Energiepreisbremsen-Gesetze eingeleitet“ habe. Dabei gehe es um Unternehmen, die für die Belieferung mit Gas Erstattungsanträge nach den Preisbremsen-Gesetzen gestellt haben.
Zur Erinnerung: Ab einem Preis von mehr als 12 Cent pro Kilowattstunde Erdgas, so sieht die Preisbremse es vor, übernimmt der Staat für 80 Prozent des Verbrauchs die darüber liegenden Kosten. Dabei gibt es schon seit längerem den Verdacht, dass einige Energieversorger diese Regelung ausnutzen, um Kasse zu machen, ohne dass der einzelne Verbraucher besonders merkt, denn: Für einen ordentlich Teil zahlt der Staat ja.
Die allermeisten Grundversorger nehmen mehr als 12 Cent
Bei einer Untersuchung unserer Zeitung von 74 willkürlich ausgewählten Kommunen in Nordrhein-Westfalen hatte sich Anfang April ergeben, dass in 69 dieser Städte und Gemeinden der örtliche Gas-Grundversorger mehr als 12 Cent pro Kilowattstunde in Rechnung stellte, also oberhalb der Gaspreisbremse lag. In allen 74 Städten und Gemeinden lag aber ein jeweils verfügbarer alternativer Energieversorger mit seinem Preis unterhalb dieser 12-Cent-Grenze. Haben die Grundversorger also zuviel gefordert?
Möglicherweise war das Ergebnis dieser Stich-Proben-Vergleichs nur ein Zufall. Möglicherweise steckt allerdings auch mehr dahinter. „Die Missbrauchsverbote der Preisbremsen-Gesetze verbieten eine Preisgestaltung gegenüber den Letztverbraucherinnen und Letztverbrauchern, die zur Erlangung ungerechtfertigter staatlicher Entlastungsbeträge führt“, schreibt das Bundeskartellamt in seiner am Montag veröffentlichten Erklärung.
Daher habe Anfang des Jahres eine neue Abteilung des Bundeskartellamtes die Missbrauchsaufsicht über die Preisbremsen übernommen.
Kartellamt will „den Staat vor Ausbeutung schützen“
„Der Staat stellt mit den Energiepreisbremsen riesige Finanzmittel zur Entlastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Industrie zur Verfügung. Wir haben hierbei die Aufgabe, den Staat vor Ausbeutung zu schützen“ wird Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, in dieser Erklärung zitiert.
Zunächst habe man gegen eine zweistellige Zahl von Gasversorgern ein Prüfverfahren eingeleitet, die möglicherweise überhöhte Erstattungsanträge nach den Preisbremse-Gesetzen gestellt hätten. „Wir haben Anhaltspunkte dafür, dass die zugrundeliegenden Preise gegenüber den Endkunden sachlich nicht gerechtfertigt sein könnten und sind dabei, Licht ins Dunkel bringen“, schreibt Mundt.
Auch bei Strom und Fernwärme zeichnen sich Ermittlungen ab
Zudem stünden weitere Prüfverfahren bezogen auf die Bereiche Fernwärme und Strom bevor. „Obgleich es keinen Generalverdacht gibt, werden wir künftig alle Antragsdaten zu den Ausgleichszahlungen der antragstellenden Unternehmen einer regelmäßigen systematischen Untersuchung, d.h. einem Screening unterziehen“, kündigt Mundt an.
Bevor man die jetzt bekannt gemachten Prüfverfahren in Sachen Gas eingeleitet habe, habe das Kartellamt sämtliche Antrags- und Meldedaten in mehreren tausend Anträgen insbesondere hinsichtlich „Preisstellung, Liefermengen, Entlastungssummen und Kundenzahlen“ analysiert. In den jetzt eingeleiteten Verfahren werde das Bundeskartellamt zunächst „die als auffällig identifizierten Unternehmen systematisch und datengestützt befragen“.
Sollten Verstöße festgestellt werden, so müssen unrechtmäßig erlangte Ausgleichzahlungen zurückgezahlt werden. Auch die Verhängung von Geldbußen ist möglich.
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