Wäre da nicht der Hinderungsgrund der tschechischen Sprache, in der hier gesungen wird, könnte Michael Schulz‘ Inszenierung von Janáceks Oper „Das schlaue Füchslein“ am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen fast als Kinderoper durchgehen. Gut, die tierische Heldin wird irgendwann auf offener Bühne erschossen, aber sonst geht es bunt und harmlos zu. Da wirbeln allenfalls Federn durch die Luft, wenn die Füchse ihren Hunger stillen.
Bei Gelsenkirchens Intendant Schulz eröffnet eine große, magische Holztür eine sommernachtstraumartige Welt. Ein zauberhafter Wald (Bühne: Heike Scheele), von Patrick Fuchs (welch passender Name!) stimmungsvoll ausgeleuchtet, tut sich da auf.
Fantasievolle Kostüme
Bevölkert wird er von allerlei unterschiedlichen Tieren: von der blutsaugenden Mücke und anderen Insekten über eine langsam über die Bühne kriechende Schnecke bis hin zu Eichhörnchen, Hase, Igel und Dachs. Martina Feldmann hat ihnen allen – wie dann auch den Hühnern und den Füchsen – fantasievolle Outfits verpasst.
In diese heile Tierwelt tritt der, glücklicherweise schläfrige, Förster ein. Er kann das junge „schlaue Füchslein“ fangen und mit nach Hause nehmen, dieses kann sich befreien und in seinen natürlichen Lebensraum zurückkehren. Der spätere Tod des Tieres wird schon von Janácek nicht als Schicksalsschlag betrachtet, sondern ist lediglich Teil des ewigen Kreislaufs der Natur. Schließlich hat die Füchsin zu diesem Zeitpunkt selbst schon wieder zahlreiche Kinder, die in Gestalt des Opernkinderchors der Chorakademie Dortmund putzig über die Bühne wirbeln.

Die musikalische Umsetzung von Janáceks hinreißender Partitur durch die Neue Philharmonie Westfalen unter Leitung von Rasmus Baumann bezaubert mit suggestiven, schillernden und vital zupackenden Klängen. Sängerischer Mittelpunkt des Abends ist Johannes Martin Kränzle, der die Rolle des Försters mit seinem tragenden, im Ausdrucks- und Farbspektrum reichen Bariton und seinem natürlichen Spiel adelt.
Lina Hoffmann trumpft zunächst auf als resolute Försterin, welche die von ihrem Mann gefangene Füchsin Schlaukopf hasst, dann gibt sie den stattlichen Fuchs im goldenen Frack, der sich ausgerechnet in diese Füchsin verliebt. Letztere kommt bei Bele Kumberger in Auftritt und Stimme sehr elegant daher. Eine Femme fatale oder eine Freiheitsheldin ist sie nicht.
Nur die halbe Wahrheit
Diese Seite des „Füchsleins“ wird von der Regie ausgeblendet, wie überhaupt das große Thema Freiheit und Gefangenschaft keine Rolle spielt, und die Natur auch nicht als Wildnis und Bedrohung vorkommt. Michael Schulz belässt es einfach bei einer märchenhaften Fabel. Das Premierenpublikum am Freitag dankte dafür mit reichem Applaus.
22. / 26. 12. 2022, 7. / 22. / 27. / 29. 1., 18. / 24. 2., 5. 3. 2023; Karten: Tel. (0209) 409 72 00.
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