Tierheimleiter Niklas Jägering sagt, dass die Kleintierabteilung im Tierheim aus allen Nähten platzt.

Tierheimleiter Niklas Jägering sagt, dass die Kleintierabteilung im Tierheim aus allen Nähten platzt. © Sven Betz

Hauskaninchen werden in Bocholt massenweise ausgesetzt

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Die Kleintierabteilung des Bocholter Tierheims platzt aus allen Nähten. Während hier vor Corona sechs bis sieben Tiere beherbergt wurden, sind es aktuell 20. Wahrscheinlich werden es noch mehr.

von Barbara-Ellen Jeschke

Bocholt

, 27.06.2022, 12:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Keira hat hellbraunes Fell, dunkelbraune Schlappohren und schwarze Pünktchen auf der Nase, die wie Sommersprossen aussehen. Sofort erobert die hübsche Kaninchendame alle Herzen. Doch einer Familie ist Keira allerdings wohl lästig geworden, denn sie wurde im Wald ausgesetzt, wo das Hauskaninchen wahrscheinlich nicht überlebt hätte.

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„Unsere Kleintierabteilung ist voll“, sagt Tierheimleiter Niklas Jägering. Vor Corona haben sich in der renovierungsbedürftigen Abteilung meist sechs bis sieben Kaninchen befunden, aktuell sind es 20 – „alles Fundtiere“, sagt Jägering. Die Tiere seien alle im Wald ausgesetzt und vom Tiernotruf ins Tierheim gebrachten worden. Ein besonders perfides Bild ergab sich vor einigen Tagen, als der Tiernotruf vier Kaninchen in einem Karton eines Kinderpools fand, der im Wald stand. Da läge schon die Vermutung nahe, dass die Tiere Platz für den Pool gemacht haben.

„Kinderspielzeuge, die uninteressant geworden sind“

Der Tierheimleiter ist sich sicher, alle ausgesetzten Kaninchen waren zuvor „Kinderspielzeuge“, die uninteressant geworden sind. Das lese er am Zustand der Tiere ab: Die Läufe seien oft gelb, was dafür spricht, dass der Stall nicht regelmäßig gereinigt wurde. Die Tiere würden außerdem deutliche Zeichen von Mangelernährung aufweisen und Zahnfehlstellungen haben.

Schon mit den ersten Corona-Lockerungen stieg die Zahl der Fundtiere deutlich. Jägering vermutet, dass einige Eltern ihren Kinder während der Pandemie und der Zeit des Lockdowns ein Tier gekauft hätten, damit die Kinder zu Hause mehr Beschäftigung haben. Nun seien wieder andere Aktivitäten gefragt. Corona-Tiere hat das Tierheim auch bei den Hunden, allerdings werden diese selten ausgesetzt, sondern meist im Tierheim abgegeben. „Das passiert weniger aus Liebe zum Tier, als eher aus Angst vor dem Nachbarn“, sagt Jägering. Der Nachbar weiß, wenn jemand einen Hund hat und merkt, wenn dieser plötzlich verschwunden ist und dann irgendwo auftaucht. Das ist beim Kaninchen nicht unbedingt der Fall.

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Ähnlich ist das bei den Ziervögeln, die gerade ebenso massenhaft fliegen gelassen werden. In der Voliere des Tierheims ist kein Platz mehr und auch die Pflegestellen haben alle Hände voll zu tun.

Die Kleintiere sind im Tierheim in dem Gebäude untergebracht, in dem sich auch die Cafeteria befindet. Das Dach ist an zwei Stellen undicht, die Böden kaum zu reinigen, die Ställe provisorisch und es ist für die Tiere sehr dunkel. Gerne würde Jägering diese Situation ändern, aber eine Renovierung, die etwa 30.000 Euro kosten würde, ist finanziell nicht zu stemmen.

Sorgen wegen der Sommerferien

Sorgen bereiten Jägering auch die jetzt begonnen Sommerferien. Viele Familien könnten nach coronabedingter Pause endlich wieder in den Urlaub fahren. „Bei den Familien, die sich gut kümmern, wird wohl der Nachbar das Tier versorgen“, sagt der 28-Jährige. Wer schon darüber nachgedacht habe, dass Tier nicht mehr behalten zu wollen, werde das jetzt wohl tun. Jägering: „Ich befürchte, dass die Sommerferien die Situation nicht besser machen.“

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