„Härtere Strafen sind keine Lösung“ Grünen-Politiker wirft dem Kriminologen Kudlacek zu einfache Formeln vor

Von Armel Djine
„Härtere Strafen sind keine Lösung“: Armel Djine wirft dem Kriminologen Kudlacek einfache Formeln vor
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Armel Djine (37) sitzt für die Grünen im Rat der Stadt Dortmund. Von härteren Strafen für ausländische Täter, die der Kriminologe Kudlacek fordert, hält er nichts.

Der gebürtige Kameruner Armel Djine (37) reagiert in seinem Gastbeitrag auf die Thesen des Kriminologen Dominic Kudlacek. Dieser wirft Wissenschaftskollegen vor, vor der Wirklichkeit die Augen zu verschließen. Er sieht auch die Werte, die in bestimmten Kulturkreisen vermittelt werden, als einen Grund für kriminelles Verhalten.

Es gibt keine einfache Formel für Zusammenhänge von Migration und Kriminalität oder Ausländern und Kriminalität. Von Ausländern verübte Straftaten erhalten jedoch mehr Aufmerksamkeit, vor allem in Zeiten hoher Zuwanderung. Dann berichten die Medien mehr als sonst darüber und am Ende entsteht der Eindruck, Ausländer wären besonders kriminell. Ein Eindruck, den auch Dr. Dominic Kudlacek in seinem Artikel verstärkt.

Wenn Kudlacek behauptet, gewisse Kulturkreise seien krimineller als andere, dann muss man zuerst fragen: Was ist „Kriminalität“? Denn zu Straftaten, die in der Kriminalstatistik erfasst sind, gehören z.B. auch Schwarzfahren und Ladendiebstahl. Wer aus Armut kein Ticket kaufen kann, ist nicht per se kriminell.

Soziale Umstände führen in Kriminalität

Wenn man sich die zehn Staaten mit der höchsten Kriminalität anschaut, dann sieht man Staaten, in denen der Großteil der Bevölkerung in bitterer Armut lebt. Es sind also nicht bestimmte Kulturen, die krimineller sind, sondern es sind sehr wohl die sozialen Umstände, die in die Kriminalität führen.

Dass die Regeln unseres Rechtsstaates für alle hier lebenden Menschen gelten müssen, sehe ich genauso. Doch härtere Strafen für ausländische oder migrantische Täter zu fordern, weil die scheinbar uneinsichtig sind, wenn sie mit Bewährung davonkommen, halte ich für falsch.

Ja, die Statistik sagt, dass Jugendliche mit Migrationsgeschichte häufiger zu Gewalttaten neigen. Kriminalität wird durch soziale Faktoren gefördert. Es ist also weniger die Herkunft, sondern mehr das Umfeld, in dem die Jugendlichen aufwachsen, das sie in die Kriminalität führt.

Kriminelle Jugendliche wollen Stärke demonstrieren

Wenn sie ungünstige Bildungs- und Berufsperspektiven haben und dazu noch arm sind, spüren sie ihre Marginalisierung. Wenn man nichts hat, dann will man sich zumindest als stark zeigen. Die kriminellen Jugendlichen wollen Stärke demonstrieren, um so ihr Selbstwertgefühl zu stärken und Anerkennung in einer Gruppe zu erlangen.

Kudlacek sieht mehr Einsicht und Reue bei einem straffällig gewordenen Gymnasiasten als bei einem migrantischen Täter und schiebt das auf den Kulturkreis. Es ist doch naheliegend, dass ein Straftäter, der in einem benachteiligten Stadtviertel lebt, mit geringeren Teilhabechancen als ein Jugendlicher aus einer Reihenhaussiedlung oder einem Villenviertel, eher erneut etwas klaut, was der Villen-Gymnasiast gar nicht klauen muss, weil er es von den Eltern bekommt.

Da sind frühere und härtere Strafen keine Lösung. Eine frühzeitigere Intervention in dem Sinne, dass Kindern aus solchen Milieus mehr Teilhabe ermöglicht wird, ist meines Erachtens der bessere Weg, um spätere kriminelle Laufbahnen zu verhindern.

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