Grippewelle: Jetzt noch impfen lassen?
Gerade junge Menschen betroffen
Die Grippewelle rollt über Nordrhein-Westfalen. Betroffen sind dieses Mal längst nicht nur die klassischen Risikogruppen. Gerade jüngere Menschen erkranken am derzeit grassierenden H1N1-Virus schwerer als an der "saisonalen" Grippe. Kann impfen noch helfen? Wir klären die wichtigsten Fragen zur aktuellen Grippewelle.

Der H1N1-Virus, auch bekannt als Schweinegrippe, legt NRW lahm. Auch in der Hochsaison könnte sich das Impfen gegen den Virus lohnen.
Wer sich im Spätherbst gegen Grippe hat impfen lassen, hat bislang Glück. Gegen das derzeit grassierende H1N1-Virus wirkt der Impfstoff gut. Doch jüngere Menschen ohne Impfung erkranken häufiger schwer daran als an der „saisonalen“ Grippe H3N2.
Doch warum ist das so – gelten sie doch eigentlich nicht als Risikogruppe? Ursache ist die Dominanz des Virussubtyps (Spezialform) A(H1N1)pdm09, besser bekannt ist dieser unter dem Namen „Schweinegrippe“ – und der ist derzeit für die meisten aller Grippefälle verantwortlich.
Das Schweinegrippe-Virus sei recht „neu“, sagt Judith Petschelt vom Robert Koch Institut (RKI). Doch vor dem Jahr 1968 ging bereits eine ältere H1N1-Variante um.
Da sich die verschiedenen Varianten ähnlich sein können, ist es möglich, dass sich das Immunsystem älterer Menschen unter Umständen gegen bestimmte Subtypen besser wehren kann, „da es eine ältere Variante bereits kennt“, sagt Petschelt – und so ein Subtyp scheint H1N1 zu sein. Insgesamt kämen schwere Verläufe bei Jüngeren jedoch immer noch sehr selten vor, sagt die RKI-Influenzaexpertin Dr. Silke Buda.
Hauptrisikogruppen bleiben Schwangere, Ältere und chronisch Kranke. Ihnen empfehlen die Krankenkassen, sich noch impfen zu lassen. „Schwangere, Ältere oder chronisch Kranke sollten ihren Impfschutz unbedingt überprüfen“, empfiehlt Heiner Beckmann, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK.
Ausreichend Impfstoff da
Jens Kuschel von der AOK fügt hinzu: „Bis zum Ende der Grippesaison im April steht ausreichend Impfstoff für alle Versicherten in NRW zur Verfügung.“ Aber macht eine Impfung so spät in der Grippesaison überhaupt noch Sinn?
„Es dauert etwa 10 bis 14 Tage, bis der Impfschutz aufgebaut ist“, erklärt Silke Buda. „Der ideale Impfzeitpunkt war im Herbst. Die Impfung kann aber möglicherweise auch jetzt noch sinnvoll sein, das sollte man mit seinem Arzt besprechen.“
Falscher Wirkstoff
Insgesamt sei der Krankenstand bei der AOK im Vergleich mit dem Vorjahr geringer, sagt Jens Kuschel von der AOK Nord-West. Die Grippewelle am Jahresbeginn 2015 habe diesen auf das „ganze Jahr gerechnet hochgetrieben.“ Damals hatte die Weltgesundheitsorganisation auf einen falschen Impfstoff gesetzt. Der war gegen einen Stamm des Grippevirus vom Typ H3N2 wirkungslos.
Auch der aktuelle Impfstoff hat seine Bewährungsprobe noch nicht ganz bestanden: Denn zum Ende der Saison gewinnt laut RKI häufig die Influenza vom Typ B an Bedeutung. Hinzu kommt, dass die aktuell zirkulierende B-Linie in den am weitesten verbreiteten Dreifachimpfstoffen nicht enthalten ist. Trotzdem könne eine Impfung einen gewissen Schutz vermitteln, betont Judith Petschelt.