Land plant Ganztagesbetreuung ohne feste Standards „Kann nicht unser Anspruch im Kreis Unna sein“

Ganztagesbetreuung ohne Standards: „Kann nicht unser Anspruch sein“
Lesezeit

Ab dem Schuljahr 2026/27 haben zunächst Kinder der 1. Klassen an Grundschulen einen rechtlich gesicherten Anspruch auf Ganztagesbetreuung nach dem Unterricht. Der Anspruch setzt sich in den Folgejahren fort und schlägt somit bis 2029/30 auf alle Klassenstufen im Primarbereich durch. Bislang steht in den Städten und Gemeinden oftmals im Vordergrund, auf quantitativer Ebene bis dahin genügend Platz zu schaffen, um allen anspruchsberechtigten Familien auch ein Angebot machen zu können.

Mit Um-, Neu- und Anbauten alleine ist es allerdings nicht getan. Unter der Woche wurde während einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses deutlich, dass sowohl die Politik auf Kreisebene als auch das Kreisjugendamt sowie die Träger noch im Unklaren darüber sind, „wie die Landesregierung die bundesgesetzlichen Vorgaben ab 2026 umsetzen will“, so Sozialdezernent Torsten Göpfert.

Offene Fragen im Verantwortungsbereich

Zwar ist das Kreisjugendamt de facto nur für Fröndenberg, Bönen und Holzwickede zuständig, die nicht über ein eigenes Jugendamt verfügen. Die Diskussion über die langfristige Ausgestaltung der OGS-Betreuung betrifft letztlich aber alle Städte und Gemeinden im Kreis Unna. Und hier auch verschiedene Beteiligte, die für die OGSen verantwortlich sind.

So mündet der Rechtsanspruch zwar bei Jugendhilfeträgern, also den jeweiligen Ämtern. Etwaige Fördermittel für den Platzausbau landen allerdings bei den Schulträgern, in der Regel sind das die Kommunen. Die wiederum müssen baulich tätig werden. Oder auch nicht: So stellt sich Göpfert die Frage, ob der Anspruch auf Betreuung auf eine Schule oder lediglich den Ort bezogen sein wird.

OGS-Anbau an der Holzwickeder Dudenrothschule während der Bauphase aus der Luft. Der OGS-Anbau ist seit dem Jahr 2023 in Betrieb.
Städte und Gemeinden investieren Millionenbeträge, um an den Grundschulen genügend Platz für die Ganztagesbetreuung zu schaffen. So wie hier an der Holzwickeder Dudenrothschule. Die Bauphase ist hier bereits geschafft, der OGS-Anbau ist seit dem Vorjahr in Betrieb. © www.blossey.eu

Und wenn beispielsweise in Fröndenberg, Holzwickede und Bönen der Kreis Unna rechtlich verpflichtet ist, die entsprechenden Plätze zu stellen, dann nicht auch kreiseigene Einrichtungen dafür infrage kämen. Das würde theoretisch eine Betreuung in Kinder- und Jugendzentren wie beispielsweise dem Treffpunkt Villa in Holzwickede, der Windmühle in Fröndenberg oder dem Go In in Bönen ermöglichen.

Überrascht wurde der Ausschuss zudem von einer Entscheidung des schwarz-grünen Landeskabinetts vom vergangenen Freitag: Standen bis dato gesetzlich festgeschriebene Standards an Personal und Ausgestaltung der Betreuung im Raum, die OGS-Träger auf eine Stufe mit Kita-Betreibern gebracht hätten, sind diese Pläne aktuell wieder gänzlich vom Tisch.

Keine gesetzlichen Standards bedeuten für das Land keine Kosten

„Es sieht wohl so aus, als wolle man auf Landesebene nicht in eine finanzielle Verpflichtung kommen wie beim KiBiz (Kinderbildungsgesetz, regelt Finanzierung und Bedingungen der Kindertagesbetreuung, Anm. d. Red.). Das hat auch die Wohlfahrtsverbände überrascht, dass es nicht zu einem Grundlagengesetz kommt und wird die Antwort auf die Frage beeinflussen, wie Mindeststandards in der OGS-Betreuung gesichert werden sollen“, gab in Rainer Goepfert der Geschäftsführer der Awo Ruhr-Lippe-Ems als Ordentliches Ausschussmitglied eine fachliche Einschätzung aus Träger-Perspektive.

Einig war man sich, dass man unabhängig von Entwicklungen auf Landesebene tätig werden und eine Qualitätsplanung entwickeln müsse. „Es kann nicht unser Anspruch im Kreis Unna sein, dass die OGS-Betreuung qualitativ irgendwann so aussieht wie die U3-Betreuung früher. Geprägt durch hintereinander aufgestellte Gitterbettchen“, mahnte der Ausschussvorsitzende Norbert Enters abschließend.

Kinderbetreuung an Grundschulen: Beim Ganztag steht Holzwickede besser da als die Nachbarn

Immobilienmarkt im Kreis Unna: So haben sich die Preise 2023 entwickelt

Neubau von Förderschulen im Kreis Unna: Arnsberg äußert sich zur Beschwerde von Eltern