Für die „Kunst am Baum“ in Gelsenkirchen kreist die Kettensäge
Serie Kunst im Grünen
Gerade einmal eine Woche brauchte Heike Endemann, um aus einem wackeligen Kastanienbaum eine filigrane Skulptur zu machen. Jetzt steht das acht Meter hohe Holzwerk mitten in Gelsenkirchen im Skulpturenwald im Berger Park, wo es ein weiteres Puzzleteil der Aktion "Kunst am Baum" bildet.
Seit 1993 gibt es das Projekt. Jahr für Jahr kommt eine neue Baumskulptur dazu. Inzwischen sind es 23 Kunstwerke, die den Wald zu einem kleinen Freilichtmuseum machen. Beruhigend für Naturliebhaber: Jeder Baum, der für das Projekt infrage kommt, war standunsicher oder hatte einen anderen Defekt, der es zuließ, aus Natur Kunst zu machen.
Auf der Suche nach einer Künstlerin
Der Kastanien-Baum etwa, den Heike Endemann wieder aufhübschte, zollte Sturm Ela im vergangenen Jahr Tribut. Doch aus dem verletzten Baum sollte kein Feuerholz werden. Ulrich Daduna, Gründer des Projekts, ging bewusst auf die Suche nach einer Frau, die dem Baum künstlerisch Leben einhauchen sollte.
22 Bäume gestaltet
"Es ist nicht ganz so einfach, Frauen zu finden, die so etwas machen", sagt der Vorsitzende des Gelsenkirchener Kunstvereins. Das zeigt vor allem die Liste der 22 Künstler, die vor Heike Endemann einen Baum im Berger Park gestalteten. Nach Nicola Dormagen im Jahr 1998 ist Endemann die zweite Frau auf der Liste - Kettensägen sind wohl doch noch eher was für große Jungs. Für die zierliche Endemann offenbar auch.
Kunst im Grünen: Kunst am Baum
Das erstaunliche an Endemanns Werk ist, dass die Künstlerin dem Baum tatsächlich wieder so etwas wie Leben eingehaucht zu haben scheint. Jedenfalls wachsen an ihm wieder erste neue Zweige. Es ist ein Kunstwerk, das sich verändert. Und was sagt die Künstlerin dazu? "Das macht mir nix, das finde ich sogar gut", verrät Endemann, die seit 2004 selbstständige Bildhauerin in Radolfzell am Bodensee ist. Dort gestaltet sie verschiedenste Arbeiten mit ihrem Lieblingsmaterial: dem Holz.
Ein kleiner Teil davon ist derzeit im Gelsenkirchener Kunstmuseum zu sehen und zeigt, welche filigrane Arbeit mit Kettensägen geleistet werden kann. "Dafür muss man immer einen guten Tag haben", verrät Endemann. Gute Tage hatte die promovierte Biologin offenbar oft genug. Ein Blick in ihr Werk zeigt's.