Für die „Kunst am Baum“ in Gelsenkirchen kreist die Kettensäge

Serie Kunst im Grünen

Gerade einmal eine Woche brauchte Heike Endemann, um aus einem wackeligen Kastanienbaum eine filigrane Skulptur zu machen. Jetzt steht das acht Meter hohe Holzwerk mitten in Gelsenkirchen im Skulpturenwald im Berger Park, wo es ein weiteres Puzzleteil der Aktion "Kunst am Baum" bildet.

GELSENKIRCHEN

, 11.08.2015, 19:10 Uhr / Lesedauer: 1 min

Seit 1993 gibt es das Projekt. Jahr für Jahr kommt eine neue Baumskulptur dazu. Inzwischen sind es 23 Kunstwerke, die den Wald zu einem kleinen Freilichtmuseum machen. Beruhigend für Naturliebhaber: Jeder Baum, der für das Projekt infrage kommt, war standunsicher oder hatte einen anderen Defekt, der es zuließ, aus Natur Kunst zu machen.

Auf der Suche nach einer Künstlerin

Der Kastanien-Baum etwa, den Heike Endemann wieder aufhübschte, zollte Sturm Ela im vergangenen Jahr Tribut. Doch aus dem verletzten Baum sollte kein Feuerholz werden. Ulrich Daduna, Gründer des Projekts, ging bewusst auf die Suche nach einer Frau, die dem Baum künstlerisch Leben einhauchen sollte.

22 Bäume gestaltet

"Es ist nicht ganz so einfach, Frauen zu finden, die so etwas machen", sagt der Vorsitzende des Gelsenkirchener Kunstvereins. Das zeigt vor allem die Liste der 22 Künstler, die vor Heike Endemann einen Baum im Berger Park gestalteten. Nach Nicola Dormagen im Jahr 1998 ist Endemann die zweite Frau auf der Liste - Kettensägen sind wohl doch noch eher was für große Jungs. Für die zierliche Endemann offenbar auch.

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Kunst im Grünen: Kunst am Baum

"Kunst am Baum" heißt eine schöne Aktion des Kunstvereins Gelsenkirchen. An einem Weg, der von der Adenauerallee unweit von Schloss Berge abgeht, steht die Skulpturen. Eigentlich verwenden die Künstler nur tote Bäume. Nur das Kunstwerk von Heike Endemann erwachte überraschender Weise wieder zum Leben.
09.08.2015
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Viel Humor zeigt der Künstler Thomas Putze in seiner Arbeit "Höhere und niedere Affen" aus dem Jahr 2014.© Foto: Jäger
"Die Baumfee" von Jörg W. Schirmer lebt auf großem Fuße.© Foto: Jäger
Eine sehr aufwändige Arbeit ist die "Bildgeschichte der Tragenden" von Hermann Böning. © Foto: Jäger
Jan Bormann hat das "Gespräch der Baumgeister" aus zwei Stämmen geschaffen. © Foto: Jäger
"Befreiung" hat Leif-Erik Voss diesen Stamm genannt, aus dem sich eine menschliche Figur wirklich herausquält. © Foto: Jäger
Der witzige Titel dieses Werks von Christian Forsen lautet "Selbstkernspaltung". © Foto: Jäger
Sehr anmutig wirkt der "cocon Aquaris" von Roger Rigorth. © Foto: Jäger
Die neueste Arbeit stammt von Heike Endemann aus dem Sommer 2015: Das Kunstwerk hat wieder angefangen zu wachsen. © Foto: Jäger
"Wildes Paar" heißt diese Arbeit von Jems Robert Koko Bi aus dem Jahr 2005. Der Künstler stammt von der Elfenbeinküste.© Foto: Jäger

Das erstaunliche an Endemanns Werk ist, dass die Künstlerin dem Baum tatsächlich wieder so etwas wie Leben eingehaucht zu haben scheint. Jedenfalls wachsen an ihm wieder erste neue Zweige. Es ist ein Kunstwerk, das sich verändert. Und was sagt die Künstlerin dazu? "Das macht mir nix, das finde ich sogar gut", verrät Endemann, die seit 2004 selbstständige Bildhauerin in Radolfzell am Bodensee ist. Dort gestaltet sie verschiedenste Arbeiten mit ihrem Lieblingsmaterial: dem Holz.

Ein kleiner Teil davon ist derzeit im Gelsenkirchener Kunstmuseum zu sehen und zeigt, welche filigrane Arbeit mit Kettensägen geleistet werden kann. "Dafür muss man immer einen guten Tag haben", verrät Endemann. Gute Tage hatte die promovierte Biologin offenbar oft genug. Ein Blick in ihr Werk zeigt's.

Skulpturenwald im Berger Park, Adenauerallee, Gelsenkirchen. Die Skulpturen liegen nördlich des Berger Sees im Park rund um Schloss Berge.

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