
© picture alliance/dpa
Für AfD-Wähler in NRW zählen Bildung und Klimaschutz nichts – sie haben nur ein Thema
NRW-Check zur Landtagswahl
AfD-Anhänger leben offensichtlich in einer eigenen Welt. Der NRW-Check zeigt: Sie haben sich vom Rest der Menschen abgekoppelt. Und Bildung ist für sie komplett unwichtig.
Dass man beim Blick auf das eigene Land, die eigene Gesellschaft und die Zukunft unterschiedliche Positionen einnehmen kann, ist in einer Demokratie völlig normal. Wie sehr sich aber gerade die Anhänger der AfD vom Rest der Menschen in unserem Land abgekoppelt haben, das offenbart der erste Teil des „NRW Checks“.
Hinter diesem Namen verbirgt sich eine Umfrage-Serie der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen im Vorfeld der Landtagswahl am 15. Mai 2022. Auch unser Verlag beteiligt sich am NRW-Check.
Wie hält es die AfD mit Corona?
Für die repräsentative Auftakt-Umfrage befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa vom 26. November bis zum 7. Dezember 2009 wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen. Und dabei sind gerade im Blick auf die AfD sehr nachdenklich stimmende Ergebnisse ans Licht gekommen.
Das beginnt bereits bei der Frage, was momentan in Nordrhein-Westfalen die wichtigsten Probleme sind. Im Gesamtergebnis halten 64 Prozent aller Menschen die Corona-Pandemie für das drängendste Problem. Auch bei AfD-Anhängern landet das Coronavirus auf dem ersten Platz, allerdings nur mit 44 Prozent. Gleich hinter Corona liegt bei den AfD-Anhängern das Thema „Migration und Flüchtlinge“ mit 26 Prozent der Nennungen auf dem zweiten Platz. Dabei spielt dieses Thema in der Gesamtgesellschaft mit 8 Prozent nur eine Nebenrolle.
Umgekehrt lässt sich aus den Daten ablesen: In der Gesamtgesellschaft sind nach Corona Bildung (14 Prozent), Verkehr/ Mobilität (14 Prozent) sowie der Klima- und Umweltschutz (13 Prozent) die wichtigsten Problemfelder. Nicht so bei der AfD. Da wird das Thema Bildung nur von 6 Prozent der Anhänger für wichtig gehalten, das Thema Klima- und Umweltschutz gar nur von 3 Prozent.
DAS IST DER „NRW-CHECK“ DER TAGESZEITUNGEN
- Aktuelle Umfrage: Für den „NRW Check“ befragten die Meinungsforscher von Forsa vom 26. November bis zum 7. Dezember insgesamt 2009 wahlberechtigte Bürger in NRW.
- Folgeumfragen: Bis zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 werden im Januar/Februar, März und April/Mai drei weitere Befragungswellen folgen, in denen neben der „Sonntagsfrage“ und der Zufriedenheit mit der Landesregierung auch die Meinung der Menschen zu den wichtigsten landes- und bundespolitischen Themen erhoben wird.
- Auftraggeber: Hinter dem „NRW-Check“ stehen 38 Zeitungstitel mit einer täglichen gedruckten Auflage von rund zwei Millionen Exemplaren und einer durchschnittlichen wöchentlichen Gesamtreichweite in gedruckten wie digitalen Angeboten von rund 9,8 Millionen Lesern – unter anderem Ruhr Nachrichten, Hellweger Anzeiger, Dorstener Zeitung, Münsterland Zeitung, Halterner Zeitung und das Medienhaus Bauer.
Beim Thema Klimaschutz manifestiert sich die Geringschätzung der AfD darin, dass 81 Prozent ihrer Anhänger einen Kohleausstieg bis 2030 für falsch halten, während in der Gesamtbevölkerung das nur 34 Prozent so sehen.
Dass die AfD zahlreiche entschiedene Gegner der staatlichen Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus in sich vereint, schlägt sich auch im Umfrageergebnis nieder. Während sich in der Gesamtbevölkerung 63 Prozent härtere Maßnahmen wünschen und lediglich 15 Prozent sagen, dass ihnen die Maßnahmen zu weit gingen, ist es bei der AfD genau umgekehrt: Nur 20 Prozent sagen, dass die Maßnahmen härter sein müssten, während 67 Prozent der Auffassung sind, dass sie zu weit gehen.
Auch bei der Maskenpflicht scheiden sich die Geister
Das gleiche Bild ergibt sich bei der Frage, ob es richtig war, dass in NRW nach den Herbstferien die Maskenpflicht in den Schulen aufgehoben wurde. Insgesamt halten 26 Prozent der Bevölkerung das für richtig, aber 67 Prozent für falsch. Auch hier ist das Verhältnis bei den AfD-Anhängern genau umgekehrt: 60 Prozent halten die Aufhebung der Maskenpflicht für richtig, 24 Prozent tun das nicht.
Auch bei der Frage, ob es in unserem Land eine allgemeine Impfpflicht geben sollte, hat sich die AfD vom Rest der Bevölkerung abgekoppelt. 73 Prozent aller Menschen in NRW befürworten eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus, 24 Prozent lehnen sie ab. Von den AfD-Anhänger dagegen lehnen 74 Prozent die Impfpflicht ab und nur 22 Prozent unterstützen sie.
Aktuell sind 63 Prozent der Menschen der Auffassung, dass es keine gute Entscheidung war, die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ im November nicht zu verlängern, bei der AfD halten das allerdings nur 32 Prozent für falsch, aber 56 Prozent für richtig.
Es gibt nur ein wirkliches Kernthema für die AfD
Und während 63 Prozent bei einer sich weiter verschärfenden Corona-Lage auch einen generellen Lockdown unterstützen, lehnen einen solchen Schritt die AfD-Anhänger mehrheitlich zu 56 Prozent ab.
Wer die Ergebnisse dieser ersten Umfragen als Teil des NRW-Checks mit ein wenig Abstand betrachtet, könnte daraus folgendes Bild eines durchschnittlichen AfD-Anhängers gewinnen: Er hält die Corona-Pandemie zwar für ein wichtiges Thema, lehnt aber Schutzmaßnahmen jedweder Art ab. Bildung, Umwelt, Klimakrise – für Anhänger der Rechtsaußen-Partie sind das Randthemen. Kernthema für sie bleibt der Umgang mit Menschen fremder Herkunft in unserem Land.
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
