
© dpa/Grafik: Ohlrich
Kopf-an-Kopf-Rennen von CDU und SPD in NRW
NRW-Check zur Landtagswahl
CDU und SPD liegen fünf Monate vor der Landtagswahl in NRW in einer Forsa-Umfrage für regionale Tageszeitungen gleichauf. Die Daten des „NRW-Check“ beinhalten einige sehr bittere Erkenntnisse.
Weder die regierende schwarz-gelbe Koalition noch ein rot-grünes Bündnis hätte im Augenblick genügend Stimmen, um eine neue Landesregierung in Nordrhein-Westfalen zu bilden. Das ergab der „NRW Check“, eine neue Umfrage-Serie der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen im Vorfeld der Landtagswahl am 15. Mai 2022. Ein Überblick:
Sonntagsfrage
Laut der Forsa-Umfrage käme die CDU aktuell auf 27 Prozent Zustimmung, ein Minus von sechs Punkten im Vergleich zu ihrem Abschneiden bei de r Landtagswahl 2017. Die FDP könnte mit zwölf Prozent ihr Resultat von damals halten (12,6 Prozent). Die SPD käme wie die CDU auf 27 Prozent und büßt damit noch einmal 4,2 Punkte ein, die Grünen würden ihr Ergebnis mit 17 Prozent fast verdreifachen. (6,4 Prozent).
Die AfD wäre mit sieben Prozent weiter im Landtag vertreten (2017: 7,4 Prozent), die Linke würden den Wiedereinzug mit vier Prozent einmal mehr verpassen. Bei diesen Verhältnissen müsste ein Bündnis auf 45 Prozent aller Stimmen kommen. Damit wären rechnerisch eine Ampel, Jamaika und eine große Koalition möglich.
Für SPD und Grüne sind die Ergebnisse besonders bitter. Bei einer Umfrage des WDR noch im Oktober waren sie auf eine komfortable Mehrheit gekommen. „Ich hätte schon erwartet, dass der Wahlsieg der SPD mehr Rückenwind gibt“, sagt Thomas Poguntke, Professor für Politikwissenschaften an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität. „Aber dort macht sich offenbar bemerkbar, dass es kein wirklich überragender Sieg war, sondern dass nur die am wenigsten schlechte Option gewählt wurde.“
Sowohl für den CDU-Spitzenkandidaten Hendrik Wüst als auch für den SPD-Frontmann Thomas Kutschaty werde nun entscheidend sein, wie die Ampel vom Startblock wegkomme, sagt Poguntke.
Das ist der „NRW-Check“ der Tageszeitungen
- Aktuelle Umfrage: Für den „NRW Check“ befragten die Meinungsforscher von Forsa vom 26. November bis zum 7. Dezember insgesamt 2009 wahlberechtigte Bürger in NRW.
- Folgeumfragen: Bis zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 werden im Januar/Februar, März und April/Mai drei weitere Befragungswellen folgen, in denen neben der „Sonntagsfrage“ und der Zufriedenheit mit der Landesregierung auch die Meinung der Menschen zu den wichtigsten landes- und bundespolitischen Themen erhoben wird.
- Auftraggeber: Hinter dem „NRW-Check“ stehen 38 Zeitungstitel mit einer täglichen gedruckten Auflage von rund zwei Millionen Exemplaren und einer durchschnittlichen wöchentlichen Gesamtreichweite in gedruckten wie digitalen Angeboten von rund 9,8 Millionen Lesern – unter anderem Ruhr Nachrichten, Hellweger Anzeiger, Dorstener Zeitung, Münsterland Zeitung, Halterner Zeitung und das Medienhaus Bauer.
Spitzenkandidaten
Für die führenden Wahlkämpfer von CDU und SPD beinhalten die Umfrageergebnisse einige bittere Erkenntnisse: Würde der Ministerpräsident direkt von den Bürgern und nicht aus der Mitte des Landtags gewählt, sähe es für beide Spitzenkandidaten schlecht aus. Knapp zwei Drittel würden sich für keinen der beiden entscheiden. Viel Arbeit also bis Mai. Für Wüst würden immerhin 24 Prozent stimmen, für Kutschaty 12 Prozent.
Und für die Genossen kommt es noch bitterer: Der Rückhalt von Wüst bei den CDU-Anhängern ist mit 71 Prozent deutlich größer als der Rückhalt von Kutschaty bei den SPD-Anhängern: Dort würden nur 37 Prozent für den eigenen Kandidaten stimmen.
Auch Politologe Poguntke schätzt die Ausgangslage für den NRW-Ministerpräsidenten etwas besser ein: „Mit dem Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz kann Wüst automatisch eine bundespolitische Bühne nutzen. Er hat zudem durch eigene Akzente im Regieren dafür gesorgt, dass man ihn wahrnimmt.“ Als Regierungschef habe er dann auch per Amtsweg mehr Möglichkeiten als der Oppositionsführer. „Gegen ihn arbeitet allerdings das schlechte Image der CDU im Bund. Das könnte auch auf ihn zurückfallen.“
Arbeitszeugnis für das Kabinett Wüst
Daneben muss Wüst auch die Zufriedenheit der Bürger mit seiner Amtsführung und der Arbeit seines Kabinetts beunruhigen. Ein gutes Arbeitszeugnis stellen lediglich 31 Prozent aller Wahlberechtigten an Rhein und Ruhr der NRW-Landesregierung aus, die überwiegende Mehrheit ist mit 64 Prozent dagegen weniger oder gar nicht zufrieden.
Poguntke glaubt, dass in diesem Punkt die Corona-Lage voll durchschlage: „Die Unzufriedenheit ist insgesamt sehr groß. Viele haben die politischen Entscheidungen in der Pandemie nicht als sonderlich zielführend und konsistent erlebt. Das in Verbindung mit einem ohnehin schon hohen Sockel derer, die einfach pauschal von allen Kandidaten sagen, sie könnten es nicht, führt zu einem solchen Ergebnis.“
Wüst, der erst seit dem 27. Oktober im Amt ist, kann von den Wählern noch auf etwas mehr Milde hoffen. Knapp ein Drittel hat sich noch kein Urteil über ihn bilden können. Diejenigen, die schon entschiedener sind, bewerteten zu 31 Prozent sein Wirken positiv. Weniger oder gar nicht zufrieden waren 40 Prozent der Wahlberechtigten.
Offenbar genießt der Westfale auch so etwas wie einen Heimvorteil. So übersteigt der Anteil der Zufriedenen in Ostwestfalen und im Münsterland den der Unzufriedenen. Und der Ministerpräsident kommt offenbar auch bei älteren Wählerschichten an: Die über 60-Jährigen sind in der Mehrheit mit seiner Arbeit zufrieden.
Favorisierte Bündnisse
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass mit den aktuellen Wahlpräferenzen gerade die Konstellationen nicht erreichbar sind, die sich die meisten wünschen. Fragt man die Wähler nämlich nicht nur nach einer Partei, sondern nach ihren Wunschkoalitionen, würden sich die meisten mit je 21 Prozent für Schwarz-Gelb oder Rot-Grün aussprechen. Neun Prozent könnten sich eine Ampel wie im Bund oder ein rot-rot-grünes Linksbündnis vorstellen, Jamaika und eine große Koalition liegen mit acht Prozent knapp dahinter.
Wissen zur Landtagswahl
Auch wenn die Wahl nicht einmal mehr ein halbes Jahr entfernt ist, so richtig angekommen ist sie in der Mitte der Bevölkerung noch nicht. 69 Prozent ist der Wahltermin nicht geläufig. Kein Grund zur Sorge, sagt Poguntke: „Da rate ich zu Gelassenheit. Wir wissen, dass mit einem nahenden Wahltermin durch die hoch laufende Berichterstattung auch das Wissen über die landespolitischen Zusammenhänge steigt.“
Nach der Landesverfassung muss ein neuer Landtag im letzten Vierteljahr der fünfjährigen Wahlperiode gewählt werden. Die Landtagswahlen finden in Nordrhein-Westfalen am Sonntag, 15. Mai 2022, statt. Der Vorschlag für den Termin kommt aus dem NRW-Innenministerium und wurde vom Kabinett abgesegnet, die Fraktionen im Landtag konnten dazu noch Stellung nehmen. Alternativtermine wurden verworfen, weil diese in den Osterferien, kurz danach oder an sogenannten Brückenwochenende n gelegen hätten.
Zur Wahl aufgerufen ist jeder Deutscher, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und mindestens 16 Tage vor dem Wahltag seinen Hauptwohnsitz in Nordrhein-Westfalen hat. Das betrifft laut dem Landeswahlleiter in etwa 13,2 Millionen Menschen. Die Wahlbenachrichtigungen werden wenige Wochen vor dem eigentlichen Wahltag auf dem Postweg verschickt. Gewählt werden kann vorab per Briefwahl oder alternativ am Wahltag im zugewiesenen Wahllokal.