Menschen in Nordrhein-Westfalen wünschen sich schärfere Corona-Maßnahmen

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Menschen in Nordrhein-Westfalen wünschen sich schärfere Corona-Maßnahmen

rnNRW-Check zur Landtagswahl

Knapp zwei Drittel der Menschen in NRW befürworten einen Lockdown, sollten die Corona-Zahlen weiter steigen. Eine Mehrheit ist auch für eine Impfpflicht. Das ergibt der aktuelle NRW-Check.

von Maximilian Plück

NRW

, 16.12.2021, 04:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

2G-Regeln für den Handel und Freizeitaktivitäten, Schwerpunktkontrollen in Bussen und Bahnen, dazu lange Schlangen vor den Impfstellen – die Corona-Pandemie ist für die Menschen in NRW auch knapp zwei Jahre nach den ersten bekannt gewordenen Fällen im chinesischen Wuhan allgegenwärtig.

Hinzu kommen angesichts der sich nun ausbreitenden Omikron-Variante hitzige Diskussionen über einen neuerlichen Lockdown vor oder nach Weihnachten sowie der politische Streit über eine flächendeckende Impfpflicht.

Kein anderes Problem wird von der Bevölkerung als dringlicher wahrgenommen. Das belegt nachdrücklich der „NRW-Check“, eine vierteilige Umfrage der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen vor der Landtagswahl im Frühjahr 2022. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat dafür 2009 Wahlberechtigte in NRW zu verschiedenen Themen befragt.

DAS IST DER „NRW-CHECK“ DER TAGESZEITUNGEN

  • Aktuelle Umfrage: Für den „NRW Check“ befragten die Meinungsforscher von Forsa vom 26. November bis zum 7. Dezember insgesamt 2009 wahlberechtigte Bürger in NRW.
  • Folgeumfragen: Bis zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 werden im Januar/Februar, März und April/Mai drei weitere Befragungswellen folgen, in denen neben der „Sonntagsfrage“ und der Zufriedenheit mit der Landesregierung auch die Meinung der Menschen zu den wichtigsten landes- und bundespolitischen Themen erhoben wird.
  • Auftraggeber: Hinter dem „NRW-Check“ stehen 38 Zeitungstitel mit einer täglichen gedruckten Auflage von rund zwei Millionen Exemplaren und einer durchschnittlichen wöchentlichen Gesamtreichweite in gedruckten wie digitalen Angeboten von rund 9,8 Millionen Lesern – unter anderem Ruhr Nachrichten, Hellweger Anzeiger, Dorstener Zeitung, Münsterland Zeitung, Halterner Zeitung und das Medienhaus Bauer.

Corona wird als das mit Abstand größte Problem gesehen

Zwei Drittel der Befragten nannten die Corona-Pandemie allgemein als das derzeit größte Problem – deutlich vor Bildung und Verkehr (je 14 Prozent) sowie dem Klimawandel (13 Prozent). Die speziell zur Bekämpfung der Pandemie beschlossenen Beschränkungen wie etwa die Maskenpflicht, Weihnachtsmarktschließungen oder Kontaktbeschränkungen wurden dagegen nur von sieben Prozent genannt.

Sechs Prozent der Befragten führten die Organisation der Corona-Impfungen an, etwa die Vorbereitung und Durchführung der Kampagne sowie die Impfstoff-Knappheit. Die Sorge vor Corona-Leugnern, Impfgegnern und Querdenkern hielt sich in Grenzen und wurde von fünf Prozent der Befragten genannt. Genauso häufig wurden die Zögerlichkeit bei den getroffenen Corona-Maßnahmen erwähnt.

Das große Problembewusstsein der Bürger führt dazu, dass schärfere Maßnahmen eine hohe Akzeptanz erfahren, ja geradezu eingefordert werden: 63 Prozent der Befragten gaben an, die in NRW getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie gingen ihnen nicht weit genug. 18 Prozent halten sie dagegen für angemessen, 15 Prozent schätzen sie als zu weitreichend an. Wenig überraschend ist die einzige Gruppe, die die Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung in NRW nicht für unzureichend hält, die der Anhänger der AfD, denen die Maßnahmen stattdessen mehrheitlich zu weit gehen.

Große Zustimmung zu einem Lockdown

63 Prozent der Bürger in Nordrhein-Westfalen halten einen Lockdown mit Schließung von Geschäften und Freizeiteinrichtungen, Ausgangs-und Kontaktbeschränkungen für alle Bürger und ein Verbot größerer Veranstaltungen für richtig. Dies jedoch nur für den Fall, dass die Infektionszahlen weiter steigen sollten.

Am Mittwoch ging die Zahl der Neuinfizierten je 100.000 Einwohner in einer Woche stark zurück: Das Landeszentrum für Gesundheit registrierte 255,4 – das waren 12,5 weniger als noch am Vortag. Ein Drittel der befragten Wähler lehnt einen Lockdown auch im Falle erneut steigender Infektionszahlen ab.

Vergleichsweise am größten sind die Vorbehalte gegen einen generellen Lockdown bei den Bewohnern im Sauer-und Siegerland, den Arbeitern, den Selbstständigen sowie den Anhängern der FDP und vor allem der AfD.

Ja zu einer allgemeinen Impfpflicht

Diese Haltung zu schärferen Maßnahmen gegen die Pandemie zeigt sich auch an anderer Stelle: Noch bis Jahresende soll der Ethikrat eine Empfehlung zu einer allgemeinen Impfpflicht abgegeben, der Bundestag dann ohne Fraktionszwang über deren Einführung entscheiden. Die NRW-Bürger sind mit ganz großer Mehrheit für eine solche allgemeine Impfpflicht. 73 Prozent der Bürger in Nordrhein-Westfalen wollen sie. Nur 24 Prozent sind dagegen.

Auffällig ist, dass etwa im Münsterland die Zurückhaltung bei dem Thema größer ist. Dort sprachen sich mit 30 Prozent der Befragten von allen Regionen in NRW deutlich mehr Menschen gegen eine Impfpflicht aus. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass die Impfkampagne im Münsterland auch ohne einen Zwang gut vorankommt.

So hatte erst jüngst das kreisscharfe Impfmonitoring der nordrhein-westfälischen Landesregierung belegt, dass die Kreise Borken, Coesfeld und Steinfurt in der ersten Dezemberwoche deutlich über der landesweiten Impfquote lagen.

Da mit steigendem Alter das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs steigt, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die älteren Semester sehr viel klarer für eine Impfpflicht sind: 87 Prozent der Menschen über 60 Jahre hielten sie für angemessen, nur zehn Prozent lehnen sie ab.

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Die bereits auf den Weg gebrachte Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen hat noch deutlich mehr Rückhalt in der Bevölkerung. 78 Prozent begrüßen dementsprechend das Vorhaben, mit dem Patienten und Pflegebedürftige besser vor einer Covid-19-Infektion geschützt werden sollen. Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheits- und Pflegebereichs künftig nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden Ein entsprechendes Gesetz hatten Bundestag und Bundesrat am vergangenen Freitag verabschiedet. Weniger als ein Fünftel (17 Prozent) lehnte eine solche berufsbezogene Impfpflicht ab.

Eine Maßnahme, die ebenfalls schon wieder greift, ist die Maskenpflicht im Unterricht. Die Landesregierung hatte diese erst am 2. Dezember wieder in Kraft gesetzt. Vorausgegangen war massive Kritik aus den Reihen der Opposition, von Schülern, Lehrern und Eltern.

Die Maskenpflicht an Schulen

Mit der Wiederbelebung der Maskenpflicht entspricht Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) im Übrigen auch dem Mehrheitswillen der Bevölkerung: Zwei Drittel der Bürger in Nordrhein-Westfalen halten die Aufhebung der Maskenpflicht an den Schulen für falsch. Nur 26 Prozent beurteilten diese Maßnahme richtig. Auch in dieser Frage äußerten mehrheitlich nur die Anhänger der AfD eine andere Meinung.

Umtreiben muss die Landespolitiker jedweder Couleur, dass ihnen grundsätzlich wenig Problemlösungskompetenz zugetraut wird. Mehr als die Hälfte sieht keine Partei dazu in der Lage, mit den Problemen des Landes fertig zu werden.

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