Fritsch´ „Apokalypse“ mit Hampelmann
Ruhrfestspiele
Das Ende ist nah. Zumindest das der Ruhrfestspiele, denn das Festival dauert nur noch eine Woche. Zeit also für die biblische "Apokalypse" auf der Bühne? Ja, wenn der Regisseur die Katastrophe nur nicht so wörtlich genommen hätte.

Willkommen im Bibel-Zirkus (v.l.): Wolfram Koch, Elisabeth Zumpe (Souffleuse) und Musiker Ingo Günther
Dabei war es eine kühne Idee, die Offenbarung des Johannes auf die Bühne zu bringen. Der letzte Text des Neuen Testamentes ist eines der großen Rätsel der Menschheit.
Inspiration für Künstler
Die Visionen vom Weltende haben viele Künstler inspiriert. Das Buch mit den sieben Siegeln, die Hure, der Drachen oder der Tod, der ein fahles Pferd reitet - Gemälde des Propheten Johannes auf der Insel Patmos hält jedes bessere Museum bereit.
In einer Kooperation der Ruhrfestspiele mit der Volksbühne Berlin bringt Star-Regisseur Herbert Fritsch nun die Verse der Lutherbibel von 1545 auf die Bühne. Wenn sie denn zu verstehen wären.
Denn Wolfram Koch als Johannes wird begleitet von einer Soffleuse (Elisabeth Zumpe), die ihm jedes Wort vorsagt, und umrundet von Ingo Günther, der alles durchaus gekonnt mit elektronischen Klängen untermalt. Weil aber durch dieses Durcheinander die Worte kaum noch verständlich sind, werden Sätze wie "Wer Ohren hat, der höre" so oft wiederholt, dass sie dem Zuschauer zu denselben herauskommen.
Johannes als Zappelphilipp
Wolfram Koch spielt Johannes als Zappelphilipp, als heiligen Hampelmann, als Clown in viel zu großen Schuhen. Er kreischt und zetert, brüllt und brabbelt den Text, krabbelt und kriecht oder schießt bäuchlings über die spiegelglatte Bühne. Jeder Satz eine Geste. Der Schauspieler wird zur hyperaktiven Aufsagemaschine, in die ein Bibeltext eingefüllt worden und eine Zirkusvorstellung herausgekommen ist.
Die schönen Farb- und Schattenspiele der Bühne (auch Fritsch) und die Kostüme von Victoria Behr - erst trägt Johannes einen goldenen Mephisto-Anzug, dann die Harlekin-Haut eines heiligen Narren - machen das nicht wett. Weder wird die Offenbarung illustriert noch interpretiert oder verständlicher gemacht. Der Erkenntnisgewinn dieses Turbo-Bibel-Abends ist: keiner.
Verdienter Applaus für Wolfram Koch, Buh-Rufe und Ovationen für den Regisseur. Und manche Zuschauer stürzten so schnell aus dem Theater, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her.