Freiheit zwischen Dortmund, Münster und Siegen

Roadmovie "Die Abfahrer"

MÜNSTERDrei arbeitslose Typen aus Dortmund klauen einen defekten LKW und fahren damit über Münster nach Siegen und zurück. Was sich zunächst nach einer wenig spektakulären Geschichte anhört, ist der Plot zum Kultfilm „Die Abfahrer“ von Adolf Winkelmann aus den 70er-Jahren.

14.03.2013, 18:48 Uhr / Lesedauer: 2 min
Ludger Schnieder (l.) und Jens Schneiderheinze vom Cinema im Publikumsgespräch.

Ludger Schnieder (l.) und Jens Schneiderheinze vom Cinema im Publikumsgespräch.

Nicht allein der trockene westfälische Humor der Dialoge zeichnete dafür verantwortlich. Ehrengast Ludger Schnieder, einst Hauptdarsteller bei den „Abfahrern“, heute Leiter des Theaters im Pumpenhaus, wartete mit Anekdoten und Erinnerungen auf. Drei Filmrisse versuchte das Cinema-Team zu kitten, bevor man sich für eine DVD-Vorführung entschied. Mit 30-minütiger Verspätung schließlich startete das westfälische Roadmovie. „Es ging in dem Film darum, sehr viel Lokalkolorit widerzuspiegeln“, verrät Schnieder. „Es gibt ja keine direkte Message.“ Dabei wirkt der Film mehr als 30 Jahre nach seiner Erstausstrahlung wieder aktuell. Angesiedelt ist die Haupthandlung zunächst im Hinterhof eines Arbeiterviertels. Atze, Lutz und der Grieche Sulli schlagen sich die Tage mit sinnlosen Beschäftigungen um die Ohren. Eines Abends kommt Atze auf die Idee, mit einem vorübergehend in einer Einfahrt geparkten Möbeltransporter eine Spritztour zu machen. Es beginnt eine ziellose Tour durch das Ruhrgebiet und das Westfalenland.

Es ist vor allem die Perspektivlosigkeit der Jugend, die hier Fragen aufwirft. In lethargischem Erzähltempo fliehen die jugendlichen Figuren vor allzu festgezurrten Erwartungshaltungen. Aber sie sind keine Getriebenen. Neugierig und spontan entscheiden sie sich, ihren Trip immer weiter fortzusetzen. „Denken Sie nur, was für eine Welt wir damals vorfanden“, erzählt Ludger Schnieder. Griechenland, Spanien und Portugal seien noch Diktaturen gewesen, ein Jahr zuvor habe die Ermordung von Schleier stattgefunden. „Leute wie Nelson Mandela wurden hauptsächlich hingerichtet“, sagt er.

Zwischen Schlaghosen und grob gemusterten Tapeten entfaltet sich vor allem durch sorgfältig inszenierte Originale ein stimmiges Bild westfälischer Typologie. Nicht ohne eine Portion Humor. „Alle Szenen, in denen wir lachen mussten, sind am Ende drin geblieben“, sagt Schnieder. „Das macht auch die Leichtigkeit des Ganzen aus.“ 200.000 D-Mark Produktionsbudget stand dem WDR zur Verfügung. Das Team habe sich vor allem aus Theaterleuten zusammengesetzt, berichtet der Hauptdarsteller. Am Set habe große Solidarität geherrscht. Als er sich einmal beim Dreh versprochen habe, tat es ihm eine ältere und erfahrenere Kollegin absichtlich gleich. Dann sagte sie: „Ich war wieder schlecht. Adolf, wir müssen das noch mal machen.“