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Frag doch Onkel Max: Warum bekommen Schiffe einen weiblichen Artikel?
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Onkel Max beantwortet hier die Alltagsfragen der Leserinnen und Leser, seiner Nichten und Neffen, wie er sie liebevoll nennt. Die „Berlin“, aber der „Franz-Christian“ – mit Schiffsnamen macht es sich die deutsche Sprache nicht leicht.
NEFFE PETER P. fragt: „Hallo Onkel Max, bei Schiffen fragen wir uns, warum es immer ‚die‘ heißt, selbst wenn das Schiff einen männlichen Namen (z.B. die Fürst Leopold) oder einen Ortsnamen (z.B. die Berlin) hat?“
Lieber Peter, eine eindeutige Antwort auf deine Frage kann ich dir leider nicht geben, weil ich unterschiedliche Erklärungsansätze für dieses weitverbreitete Phänomen gefunden habe.
Möglicherweise wurden Schiffen weibliche Namen gegeben, weil der Kapitän und seine Matrosen viel Zeit auf hoher See verbrachten und sozusagen mit ihrem Schiff verheiratet waren.
Andere Erklärungsansätze greifen auf die lateinische Übersetzung zurück, also Navis – ein weibliches Substantiv. Daran ändert sich traditionell nichts, auch wenn die Namen nicht weiblich sind. Überliefert wird, dass Schiffseigner die Namen wählen, um besondere Wünsche zu äußern oder um Personen, Städte beziehungsweise Tiere zu würdigen.
Die Seeleute verglichen die Rundungen ihrer Schiffe mit Frauen
Seeleute verglichen dem Vernehmen nach die Rundungen und Schönheit ihrer Schiffe mit Frauen. Andere wiederum – liebe Nichten, seid bitte nicht böse – merkten an, dass Schiffe in der Handhabung auch mal launisch gewesen seien.
Was ist also richtig? Lieber Peter, ich habe bei Dr. Arnulf Siebeneicker nachgefragt. „Das ist gar nicht so einfach“, muss auch der Leiter des Schiffshebewerkmuseums in Waltrop einräumen und erklärt: „Schiffe als weibliche Wesen zu betrachten, ist eine Tradition, die bis in die Antike zurückgeht. Wirklich triftige Gründe lassen sich dafür nicht finden.“
Der Fachmann klärt weiter auf: „Der Brauch, für Schiffe den Artikel ‚die‘ zu verwenden, ist zwar weit verbreitet, er wird aber bei Schiffen, die einen männlichen Namen tragen, keineswegs konsequent durchgehalten.“
Siebeneicker kennt auch Ausnahmen
Ein Beispiel für diese Ausnahme sieht Dr. Arnulf Siebeneicker an jedem Arbeitstag. Das Motorgüterschiff Franz-Christian kann von Museumsbesuchern besichtigt werden.
„Wir haben außer dem Schiff auch den Hausrat, die Kleidung, das Kinderspielzeug und viele andere Dinge von der Familie Fischer übernommen, die das Schiff über fünfzig Jahre lang besessen und gefahren hat. Der Schiffsname stammt von Franz Fischer und Christian Schernbeck, die den Bau des Schiffs 1929 bei der Werft in Lauenburg an der Elbe in Auftrag gegeben haben. Mit den Familienmitgliedern haben wir lange Interviews geführt. Die Fischers haben ihr Schiff immer ‚den‘ Franz-Christian genannt, und auch wir im Museum verwenden in der Regel den männlichen Artikel, wenn wir von dem Schiff sprechen.“
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