Flugzeug muss wegen Gestanks umkehren
Sechs Verletzte bei Germanwings-Flug
Schreck für die Insassen einer Passagiermaschine auf dem Weg nach Stockholm: Kurz nach dem Start in Hamburg verbreitet sich in der Kabine ein übler Geruch. Der Pilot bricht den Flug ab. Der Vorfall weckt Erinnerungen an eine Serie ähnlicher Vorfälle, mehrere davon auf Flügen von oder nach Nordrhein-Westfalen.

Ein Airbus A319 von Germanwings.
Wegen eines merkwürdigen Geruchs an Bord ist am Sonntagabend ein Germanwings-Flugzeug aus Hamburg auf dem Weg nach Stockholm umgekehrt. Sechs Menschen in dem Airbus 319 hatten über Unwohlsein geklagt, wie die Hamburger Feuerwehr am Montag mitteilte. Drei von ihnen waren Besatzungsmitglieder und wurden nach der Landung in ein Krankenhaus gebracht. Ob auch die Piloten betroffen waren, wurde zunächst nicht bekannt. Drei Passagiere wurden den Angaben zufolge von einem Notarzt untersucht und vor Ort versorgt.
Die Ursache für den Geruch in der Flugzeugkabine war zunächst unklar. „Die Untersuchungen laufen noch“, sagte ein Germanwings-Sprecher am Montagmorgen. Die Feuerwehr stand mit einem Löschfahrzeug, fünf Rettungswagen und weiteren Fahrzeugen auf dem Flughafen bereit.
Immer wieder Zwischenfälle
Mysteriöse Gerüche an Bord haben in den vergangenen Jahren immer wieder Germanwings-Flugzeuge des gleichen Typs Airbus A319 zum Umkehren, zu ungeplanten Landungen oder gar Notlandungen gezwungen.
Erst im vergangenen Mai mussten die Piloten eines Germanwings-Flugs von Dresden nach Düsseldorf Luftnotlage erklären, nachdem ihnen wegen seltsamer Gerüche an Bord übel geworden war. Die Crew zog daraufhin Sauerstoffmasken auf. Das Flugzeug erhielt Landepriorität und konnte sicher in Düsseldorf landen. Einen Bericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) zufolge erlitten die Piloten der Maschine leichte Kohlenmonoxidvergiftungen.
In diesem Fall konnte als Ursache für das Unglück ein sogenannter Static Inverter identifiziert werden, der im Cockpit Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt.
Landung in letzter Minute
Einer der spektakulärsten und gefährlichen Fälle hatte sich im Jahr 2010 ereignet. Beide Piloten eines Germanwings-Flugs von Wien nach Köln hatten einen süßlichen, elektrischen Geruch wahrgenommen, der so schlimm gewesen sei, dass ihnen die Sinne schwanden. Ihnen sei "kotzübel geworden", heißt es im Untersuchungsbericht der BFU. Außerdem bemerkten sie ein Kribbeln in Armen und Beinen. Der Co-Pilot sah sich außerstande, bei der Notlandung des Flugzeuges in Köln-Bonn zu assistieren, was dem Pilot schließlich unter großen Mühen gelang.
Eine Ursache für den Vorfall konnte nicht gefunden wurden. Der Untersuchungsbericht stellt lediglich "eine massive Geruchsentwicklung im Cockpitbereich, deren Entstehung und Verteilung nicht ermittelt werden konnte" fest.
Gleich zwei Zwischenfälle gab es am 12. Mai 2013: Wegen seltsamer Gerüche im Cockpit musste ein Airbus A319 von Germanwings, der von Dortmund auf dem Weg nach Palma de Mallorca war, außerplanmäßig in Genf landen. Verletzt wurde niemand. Am selben Tag stellte die Crew eines Germanwings-Fluges von London nach Stuttgart Gerüche und Rauch in der Kabine fest. Die Maschine musste umkehren. Auch hier gab es keine Verletzten.
Eine Germanwings-Maschine blieb wegen Rauchentwicklung gar ganz am Boden: Im Januar 2013 sollte diese eigentlich von Köln-Bonn nach Mailand starten. Doch wegen Rauchs in der Kabine hob sie erst gar nicht ab.
BFU: Keine belastbaren Statistiken
Es gebe keine hinreichenden Belege dafür, dass bestimmte Flugzeugtypen oder Fluggesellschaften im Zusammenhang mit Gerüchen in der Kabinenluft überproportional häufig betroffen sein, sagte am Montag Germout Freitag, Sprecher der BFU auf Anfrage.
Einer Studie der BFU zufolge kam es zwischen den Jahren 2006 und 2013 in Deutschland zu insgesamt 663 "Fume Events", also Vorfällen, bei denen Geruch oder Rauch im Flugzeug festgestellt wurde. Davon wurden 4 als Unfälle und 54 als "Schwere Störung" kategorisiert. In 386 Fällen konnte auch nachträglich keine Ursache identifiziert werden. Die Meldungen verteilten sich auf 462 verschiedene Flugzeuge, wobei ein Flugzeug 12 Mal betroffen gewesen sei.
Eine Auflistung der Vorfälle nach Flugzeugtyp wollte die BFU auf Anfrage nicht herausgeben, da diese nicht aussagekräftig sei. Der BFU-Studie zufolge waren von Geruchsvorfällen aber sowohl Maschinen der großen Hersteller Airbus und Boeing betroffen, als auch die anderer Hersteller wie Bombadier, Dassault oder Antonov.
Mit Material von dpa