Neben dem Standardgeschäft rund um Schule sollen Kinder auch etwas machen, das ihnen darüber hinaus Freude bereitet und fürs ganze Leben von Wert ist. Für uns heißt das: irgendeine Art von Sport und ein Instrument. Die Umsetzung unserer Idee von Förderung funktioniert eigentlich ganz gut. Und laut: Ein Kind wird Rockstar.
Star werden mit Fußball oder Musik?
Fußballprofi oder Profimusiker? „Ach, ich weiß nicht, was ich machen soll!“, klagt der Junge mit seinen neun Jahren. Wir Eltern sind hin- und hergerissen zwischen Ermunterung und gnadenlosem Realismus. Das Schlimmste wäre aber, diese kindliche Begeisterung zu bremsen. Also ermuntern wir ihn bei seinen Hobbys. Bei dem Sportthema bedeutet es natürlich auch, dass wir ab und zu Hinweise geben, wo bitteschön im Haus nicht gekickt wird – „erst recht nicht mit dem harten Ball, verstanden?!“. Bei dem Musikthema ist im Moment noch mehr Geduld gefordert, besonders unter den Geschwistern. „Alter!“, höre ich sie wüten, „der soll in sein Zimmer gehen! Und die Tür zumachen!“ Der Grund des Unfriedens hat einen Namen: Verstärker.
Begeisterung lässt Wände wackeln
Das Kind ist 2013 geboren, aber trotzdem ein Anhänger der Musik von Bryan Adams und anderer Größen jener Ära. (Seine Ende der 70er geborenen Eltern haben keine Ahnung, woher er das haben könnte...) Und so kam es, dass wir irgendwann „Tja, warum nicht“ sagten und den Knaben wie gewünscht mit einer E-Gitarre zur Musikschule schickten. Seitdem rockt er.
Begeisterung fürs Üben ist an sich nicht leicht aufrecht zu erhalten, wenn Kinder Instrumente lernen. Aus dem Grund hat der große Bruder schon zu unserem Bedauern die Trompete an den Nagel gehängt. „Du musst dringend üben“: Das mussten wir viel zu oft sagen. Bei dem Kleinen indes heißt es im Moment öfter: „Du musst dringend aufhören heute, es ist spät...“ Ein elektrisch verstärktes Instrument hat ja den Vorteil, dass man nur ein bisschen an einem Knopf drehen muss, und schon tanzen bei Opa in der ersten Etage die Gläser im Schrank. Der alte Herr ist gottlob sehr geduldig, nur die Geschwister des Musikers werfen halt irgendwann mit Sachen.
Der Friseur muss schon mitspielen
Der Knabe wäre der perfekte Rock‘n‘Roller. Er gibt bereits Konzerte vor Familienmitgliedern und hat sich die Bühnen-Performance und Kostümierungen bei den Großen des Showbusiness abgeguckt. Mangels Profi-Mikro improvisiert er wunderbar fantasievoll: Ein Staubsaugerrohr tut’s auch. Der Friseur wurde letztens angewiesen, die Haare zu schneiden „wie bei Bryan Adams bitte“. Wenn der Künstler ins Rampenlicht tritt (der Bruder muss die Taschenlampe halten), muss ihm jemand von der „Crew“ das Instrument reichen. Jetzt schreibt er erste Songs. An Details wie Rhythmus oder einer erkennbaren Melodie arbeitet er noch. Dass die wüst geschrammelten Akkorde selten zum Lied passen – was soll‘s? Let‘s rock! Die Rolling Stones haben auch mal klein angefangen.
Kinderzimmer auf dem „Highway to hell“

Unser Gitarrenheld ist auf ganzer Linie auf dem „Highway to hell“. Vollgas, keine Kompromisse: Sein Zimmer sieht meist aus, als wäre es frisch verwüstet worden von einer zügellos feiernden Band. Sein Instrument trägt inzwischen Spuren sehr unsanfter Behandlung. Ich mahne zur Vorsicht, sowas kostet schließlich Geld. „Wieso, Papa? Der Typ auf Youtube letztens hat die Gitarre doch sogar auf die Bühne gehauen.“ Aber bei den Eltern überwiegt die Freude, ganz klar. Wenn der Kleine sein Publikum zu „Clap your hands“ animiert oder während einer Live-Show den Damen in der ersten Reihe – also Mutti – zuzwinkert, dann hat das schon großen Unterhaltungswert. Nach und nach hören wir auch die ersten schönen Lieder heraus. Ich muss mir nur vornehmen, mit ihm keine Videos mehr von „The Who“ zu schauen, sonst wird dieses Hobby zu teuer.
„Papatastisch“ heißt die Familienkolumne von Redakteur und Vater Thomas Raulf. Alle Schilderungen beruhen auf wahren Ereignissen, aber lesen Sie gern ein Augenzwinkern mit. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf unserer Internetseite: www.hellwegeranzeiger.de/schlagwort/papatastisch
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