Letztens war ich neidisch auf einen Arbeitskollegen. Er ist gerade Vater geworden. Mit dem wunderhübschen Beweis auf dem Arm besuchte er seine Kollegen in der Redaktion. „Och, wie süß“ das Baby ist, „und so viele Haare, guck mal!“ Wir waren alle ganz aus dem Häuschen. In Gedanken sagte ich dem Kollegen: Ja, am Anfang sind die Kinder süß, und ihre Frisuren sind ihnen völlig egal. Genieß die Zeit.
Fußballstars: Die Frisur sitzt perfekt
Sportler haben einen großen Einfluss auf junge Menschen. Das ist eigentlich gut so. Sportlich sein, das ist etwas Erstrebenswertes, das kann erst einmal nicht verkehrt sein. Gerade bei Fußballern geht es aber auch um Eitelkeit. Achten Sie einmal auf die Reihen dieser Herren, wenn sie eine Nationalhymne murmeln: Sie können schon zwei harte Wochen des WM-Turniers in den Knochen haben - die Frisur sitzt perfekt.
Taschengeld für Friseur statt Süßkram
Das färbt auf die jungen Fans dieser Ballhelden ab. Eindeutig. Bei meinen Söhnen ist die Kopfsache Millimeterarbeit. Nächstes Mal müsse der Haaransatz exakt drei Millimeter lang sein, forderte mein Jüngster. Und das nächste Mal möge bald sein. Am liebsten würde er alle zwei Wochen zum Friseur gehen. „Das bezahlen wir aber nicht“, lautete die vernichtende Antwort der Mutter. Und der Junge zog los, sein Taschengeld zu zählen.
Meine Güte, ist das normal? Sollte er sein Geld nicht für Comics und Süßigkeiten ausgeben? Wir haben zwei bis drei Haarbürsten im Schrank. Das ist wohl so, wenn in einem Haushalt unter anderem eine Frau und zwei Töchter leben. Im Schrank daneben aber, dem für die Jungs, sind zwei Dosen Haarspray und mehrere Tuben Gel oder Wachs in diversen Stärke- und Klebestufen. Was das kostet: Geld, Zeit und Nerven.
Fahrradhelm zerstört die Frisur
Ein Brot und ein Glas Wasser zu trinken, das sollten die Kinder vor dem Weg zur Schule immer erledigen: Das predigen wir regelmäßig. Dafür hat man aber keine Zeit, wenn morgens die Haare spontan noch gewaschen, gefönt und zurechtgeklebt werden müssen. Frisurstress: Den hat der fast Zehnjährige, und der fast 16-Jährige genauso. Dem Vernehmen nach wird es in der ganzen Clique zum Problem: Die Jäuster kommen abends zu spät zu ihren Verabredungen, weil sie vor dem Spiegel festhängen.

Es ist sogar ein Kampf, die Helmpflicht einzufordern. Auf dem Rad wird ein Helm getragen, darüber haben wir mit den Kindern nie diskutieren müssen. Nun schon: „Ich setz doch jetzt keinen Helm auf. Das Gel ist noch feucht!“ Der Helm zerstört die Frisur, besonders vorne, wo man doch eine Viertelstunde lang alles in Form gezuppelt hatte. Dass ein Unfall ohne Helm den Kopf zerstört, so weit denkt der modebewusste junge Mann von heute nicht.
Genauso hart wie ich über sie urteilen die Jungs natürlich über ihren Vater, den peinlichen alten Mann. Das klingt dann so: „Du kannst auch mal wieder zum Friseur gehen, Papa. Du siehts aus wie ein Schaf.“ Als sie klein waren, waren sie noch so süß.
„Papatastisch“ heißt die Familienkolumne von Redakteur und Vater Thomas Raulf. Alle Schilderungen beruhen auf wahren Ereignissen, aber lesen Sie gern ein Augenzwinkern mit. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf unserer Internetseite: www.hellwegeranzeiger.de/schlagwort/papatastisch
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