
Stephan Schultheiss (l), Anwalt der in Deutschland lebenden Elternteile zweier mutmaßlich entzogenen Mädchen, und Dante Leguizamon (r), Vertreter einer lokalen Behörde für Kinder- und Jugendrechte, sprechen während einer Pressekonferenz im Hotel Westfalenhaus. © picture alliance/dpa
Verschleppte Mädchen im Video: Erstes Lebenszeichen von Clara (10) aus Essen seit 6 Monaten
Paraguay
Die Ereignisse um die von Impfgegnern verschleppten Mädchen Clara (10) aus Essen und Lara (11) überschlagen sich. In Paraguay gibt es eine Festnahme, ein Lebenszeichen und heftige Appelle.
Ganz offensichtlich hat die am Montag in Paraguay angelaufene öffentliche Fahndung nach den beiden verschleppten Mädchen Clara (10) aus Essen und Lara (11) aus München Erfolg. So wurde heute nicht nur eine erste Festnahme eines mutmaßlichen Fluchthelfers in Paraguay gemeldet, sondern nach sechs Monaten gibt es auch ein erstes Lebenszeichen der verschleppten Kinder.
Wie berichtet, hatte der erklärte Corona-Leugner und Impf-Gegner seine Tochter Clara Ende November 2021 ohne Zustimmung der Mutter nach Paraguay verschleppt. Begleitet wurde er von seiner zweite Frau und deren Tochter Lara (11), die ohne Zustimmung ihres Vaters nach Paraguay gebracht wurde. Das Motiv: Man müsse die Kinder vor den Corona-Maßnahmen und einem drohenden Bürgerkrieg in Deutschland schützen.
Von dem Lebenszeichen berichtet Matthias Onken, der als Medienberater der Mutter von Clara, Anne R., in den Fall involviert ist, unserer Redaktion. Seit Dienstagabend kursiere in geschlossenen Querdenker-Chatgruppen des Messanger-Dienstes Telegram ein Video, in dem die beiden verschleppten Kinder und das Ehepaar zu sehen seien. Darin forderten diese, die Fahndung nach ihnen einzustellen und zu akzeptieren, dass die beiden Kinder in ihrer Obhut blieben.
Es sei ein inszeniertes, höchst verstörendes Video, berichtet Onken unserer Redaktion. Der Vater von Lara kommentierte auf Telegram das Video so: „Zumindest habe ich meine Tochter wiedergesehen nach 6 Monaten Ungewissheit“.
Anne R. reagierte auf das Video mit einem Offenen Brief an das Ehepaar. Der Brief ist von ihren beiden Anwälten unterschrieben. Wir dokumentieren ihn an dieser Stelle im Wortlaut:
„Sehr geehrte Frau E., sehr geehrter Herr E.,
wir sind die Anwälte von Anne R., der Mutter von Clara, und Filip B., dem Vater von Lara. Ihre Flucht aus Deutschland war mit unseren Mandanten nicht abgestimmt. Seit einem halben Jahr leben die beiden in Sorge und Schmerz.
Am 27.05.2022 haben unsere Mandanten die Bevölkerung Paraguays um Unterstützung bei der behördlichen Fahndung gebeten. Sie, Frau E. und Herr E., haben darauf jetzt mit einer Videonachricht reagiert. Darin fordern Sie, die Suche einzustellen. Sie verlangen von unseren Mandanten, den Verlust ihrer Kinder zu akzeptieren. Frau R. und Herr B. erkennen die Kinder in dem Video kaum wieder.
Bitte bedenken Sie: Die Fahndung läuft unabhängig von unseren Mandanten. Die Behörden ermitteln in Paraguay, Deutschland und über Interpol weltweit. Das Wohl der Kinder ist mit dem Leben auf der Flucht, für das Sie sich entschieden haben, nicht vereinbar. Beenden Sie diese für alle belastende Situation. Bitte melden Sie sich.
Der deutsche Kinderbuchautor Erich Kästner sagt: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Jetzt liegt es an Ihnen. Tun Sie das Richtige. Melden Sie sich bei uns oder den Behörden. Unseren Mandanten geht es nicht um Strafe. Sie wollen mit Ihnen eine Lösung finden, die allen eine Zukunft in Frieden und eine Rückkehr in ein normales Leben ermöglicht. Die Chance dazu steht Ihnen offen.“
(Die Namen sind gekürzt, Anm. d. Red.)
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
