Einladung zum „Blues Deluxe“

Joe Bonamassa in der Halle Münsterland

Das Konzert beginnt bereits in den Katakomben. Von dort aus dringt eine abgefahrene Country-Folk-Punk-Version des AC/DC-Songs „Highway To Hell“ in den finsteren Zuschauerraum. Das fängt ja gut an. Und es sollte noch besser werden. Spot an!

Münster

, 30.09.2014, 18:51 Uhr / Lesedauer: 2 min
Über 3300 Zuschauer feierten in der Halle Münsterland den amerikanischen Gitarristen Joe Bonamassa.

Über 3300 Zuschauer feierten in der Halle Münsterland den amerikanischen Gitarristen Joe Bonamassa.

Vor fünf Jahren trat der amerikanische Ausnahme-Gitarrist noch im Jovel auf, im Club nebenan. Am Montagabend ist der alte Saal der Halle Münsterland nahezu ausverkauft. Über 3300 Zuschauer feiern frenetisch die glorreiche Rückkehr eines Künstlers, der dem Blues seit Jahren neues Leben einhaucht, dem Rock frischen Wind zufächelt und beide Genres in unvergleichlicher Weise miteinander zu vermengen weiß. Dabei kommt Bonamassa ganz ohne Hit und Hype aus. Die gute Nachricht vom neuen Stern am Blues-Rock-Himmel hat sich auch ohne Radiopräsenz längst herumgesprochen. Bevor Bonamassa aber die E-Gitarren mit der Verstärkeranlage verbindet, überrascht er seine Fans mit einem Unplugged-Set. Rhythmisch unterlegt von einem Sammelsurium von Perkussionsinstrumenten aus dem Mittelmeerraum. Melodisch flankiert von einer Irish Fiddle sowie einer Nyckelharpa, einer mittelalterlichen schwedischen Geige, die mit kurzem Bogen auf dem Schoß gespielt wird und bei der die Tonhöhen der Saiten durch Tasten manipuliert werden. Mit seinen Kollegen aus Irland, Schweden und Amerika zündet Bonamassa ein Feuerwerk aus Folk, Country und Versatzstücken so genannter „Weltmusik“. Doch auch hier ist der Blues als Ur-Mutter all dieser musikalischen Sprösslinge immer gegenwärtig und wacht mit Argusaugen auf deren Ehrerbietung. „Happier Times“ – glücklichere Zeiten – heißt eines der Stücke. Damit ist für diesen Abend nicht zu viel versprochen. Eine Stunde lang ist Bonamassa seine eigene Vorgruppe. Eine Idee, die ihm sichtlich Freude bereitet und für einen Witz gut ist: „Falls ihr in der Pause am Merchandisingstand nach einer Platte der Support-Band fragen solltet: Mein Name ist Joe Bonamassa!“ Selbstbewusstsein auf die charmante Art.

Bonamassa taucht nach der Pause als Rocker wieder auf. „Dust Bowl“, „Oh Beautiful“, Who’s Been Talking“ – die Kracher sind wie an einer Perlenschnur aneinandergereiht. Der Schlagzeuger drischt auf sein Spielgerät ein, als gälte es, den Headbanger-Bands Konkurrenz zu machen. Der Bassist wummert eine solide Grundlage zurecht. Der Keyboarder bedient nach guter alter Art eine gute alte Hammond B3. Die Krönung – keine Frage – ist Bonamassa. Er lässt die Gitarren anderthalb Stunden lang jubilieren wie Engel und heulen wie verlassenen Robbenbabys. Außerdem versteht es zurzeit wohl niemand besser als er, durch eine ausgeklügelte Laut-Leise-Regie das Repertoire aus eigenen Werken und Fremdkompositionen zu dramatisieren. Manchmal kann man fast eine Stecknadel fallen hören, manchmal glaubt man sich in der Düse eines Jets. Ein Genuss für die vielen Fans, die zu Hause Musik nur auf Zimmerlautstärke hören dürfen.

Zum „Blues Deluxe“ holt Bonamassa den Kölner Gitarristen Henrik Freischlader auf die Bühne. Zunächst entwickelt sich ein Spiel im Verhältnis König und Knappe. Bis „King Joe“ seinen „good German friend“ zu einem Gitarrenduell herausfordert und ihn mit dem Schlussakkord in den Ritterstand erhebt. Die Menge ist begeistert. Selbst die höchst zahlreich vertretenen Rock-Senioren aus der Ü50- bis Ü60-Generation, die schon so einige Gitarrengötter haben kommen und gehen sehen, zollen dem Schauspiel lautstark Respekt. Darunter auch Gerhard H. Der 61-jährige Lehrer mit der ergrauten schulterlangen Robert-Plant-Gedächtnis-Matte ist eigens aus dem Sauerland angereist, um Bonamassa zu sehen. Er hat es nicht bereut. Sein Urteil: „Kein Schnickschnack, einfach nur die pure Musik. Ein geiles Konzert!“ Da erübrigt sich jedes weitere Wort.

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