Einigung auf Friedensverhandlungen für Syrien

G20-Gipfel in der Türkei

Die G20-Staaten wollen dem Terrorismus die Stirn bieten. Der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) soll verschärft werden. Auf dem Gipfel in der Türkei kann Kanzlerin Merkel auch mit größerer Unterstützung bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise rechnen.

BELEK

15.11.2015, 16:17 Uhr / Lesedauer: 3 min
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht am beim Gipfel der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) in Belek bei Antalya (Türkei) zu Beginn der Sitzung bei einer Schweigeminute für die Opfer der Terroranschläge in Paris an ihrem Platz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht am beim Gipfel der großen Industrie- und Schwellenländer (G20) in Belek bei Antalya (Türkei) zu Beginn der Sitzung bei einer Schweigeminute für die Opfer der Terroranschläge in Paris an ihrem Platz.

Anti-Terror-Botschaft

Der türkische Präsident und Gastgeber Recep Tayyip Erdogan rief zu einer "harten" Anti-Terror-Botschaft auf. "Unsere Antwort auf den internationalen Terrorismus wird sich bei dem Gipfel auf sehr starke, sehr harte Art konkretisieren", sagte Erdogan nach einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama. Dieser sagte zu, die Kräfte zu "verdoppeln", um die Drahtzieher von Paris zu fassen und den IS zu "eliminieren".

Merkel warnte vor voreiligen Verdächtigungen gegen Flüchtlinge und forderte eine gründliche Aufklärung der Hintergründe der Paris-Attentate. "Das sind wir auch den vielen unschuldigen Flüchtlingen schuldig", sagte sie. Zugleich warb sie für mehr legale Einwanderungsmöglichkeiten in die EU.

Auf griechischer Insel als Flüchtling registriert

Auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker wandte sich gegen eine europäische Abschottung. "Diejenigen, die die Attentate verübt haben, sind genau diejenigen, vor denen die Flüchtlinge fliehen, und nicht umgekehrt", sagte er. "Es ist nicht angebracht, die gesamte EU-Flüchtlingspolitik in Frage zu stellen."

Bei einem der Attentäter war ein syrischer Pass gefunden worden, mit dem sich jemand zuvor auf der griechischen Insel Leros als Flüchtling hatte registrieren lassen. Die designierte polnische Regierung hatte am Samstag umgehend angekündigt, sie werde nun keine Flüchtlinge aus Griechenland mehr aufnehmen.   

Obama und Putin haben sich ausgesprochen

US-Präsident Barack Obama und Russlands Staatschef Wladimir Putin haben sich für Friedensverhandlungen für Syrien unter Vermittlung der Vereinten Nationen ausgesprochen. Bei einem Treffen am Rande des G20-Gipfels in der Türkei bestätigten sie am Sonntag den möglichen Weg, den tags zuvor die Syrien-Konferenz der Außenminister in Wien vorgezeichnet hatte. Obama und Putin seien sich einig, dass die Syrer selbst über einen politischen Übergang entscheiden sollen, sagte ein Vertreter des Weißen Hauses in dem Küstenort Belek bei Antalya weiter.

Ein Mitarbeiter Putins sagte, die Präsidenten hätten übereingestimmt, dass der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) wichtig sei. Das taktische Vorgehen sei aber noch umstritten. Den US-Angaben nach dauerte das Gespräch etwa 35 Minuten, russische Quellen sprachen von 20 Minuten. Fernsehaufnahmen zeigten, wie die Präsidenten mit der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, und einem Dolmetscher beieinander saßen. Zweites Thema war der Konflikt in der Ostukraine.

Erste Meldung: Was auf dem G20 Gipfel besprochen wird

Nach den blutigen Anschlägen von Paris wollen die großen Industrie- und Schwellenländer den Kampf gegen den Terrorismus verschärfen. Auf ihrem Gipfel im türkischen Küstenort Belek nahe Antalya werden sich die Staats- und Regierungschefs der G20 auch verpflichten, ihre Bemühungen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise deutlich auszuweiten. Dies geht aus dem Entwurf der Abschlusserklärung hervor, der der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag vorlag.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die G20 zu mehr Gemeinsamkeit im Kampf gegen den Terror auf. „Wir brauchen viel mehr koordinierte Anstrengung.“ US-Präsident Barack Obama kündigte an, verschärft gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vorzugehen und nach einer Lösung im Syrienkonflikt zu suchen, um die Ursachen für Terrorismus und Flüchtlingsströme zu beseitigen.

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„Der Himmel hat sich verdunkelt durch die schrecklichen Angriffe, die in Paris stattfanden“, sagte Obama nach einem Treffen mit dem Gastgeber und türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Das gelte auch für den Anschlag in Ankara mit mehr als 100 Toten.

Der Terrorismus und die Flüchtlingskrise dominieren den zweitägigen Gipfel. Wirtschaftsfragen, die Verringerung der Kluft zwischen Arm und Reich, ein gerechteres globales Steuersystem und der Klimaschutz sind weitere Themen. In ihrem Bemühen um internationale Unterstützung bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme und eine gerechtere Verteilung kann Kanzlerin Angela Merkel mit Entgegenkommen rechnen.

So wollen die G20-Staaten ihre Hilfe für die Flüchtlinge deutlich ausweiten, wie aus dem Entwurf der Abschlusserklärung hervorgeht. „Das Ausmaß der anhaltenden Flüchtlingskrise ist von weltweiter Besorgnis mit großen humanitären, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen“, heißt es darin. „Eine koordinierte und umfassende Antwort ist nötig, um diese Krise und die langfristigen Konsequenzen anzugehen.“

Die G20 versprechen, ihre Bemühungen zum Schutz und zur Unterstützung der Flüchtlinge zu verstärken. Es müssten „dauerhafte Lösungen“ gefunden und die politischen Konflikte angepackt werden. Alle Staaten werden aufgerufen, zur Bewältigung der Krise beizutragen und „die damit verbundene Verantwortung zu teilen“. Entwicklungsorganisationen wie Oxfam begrüßten die „sehr positive Sprache“ und das Versprechen, mehr Unterstützung für die Flüchtlinge zu leisten.

"Anstrengungen der Weltgemeinschaft zusammenführen"

Russlands Präsident Wladimir Putin plädierte für einen Konsens im Kampf gegen den Terror. „Wir verstehen sehr gut, dass wir nur dann die terroristische Bedrohung überwinden und Millionen Menschen helfen können, die ihr Heim verloren haben, wenn wir die Anstrengungen der Weltgemeinschaft zusammenführen.“ Nach den Anschlägen von Paris sei es nötig, alle Vorwände beiseite zu lassen und „sich voll auf die Schaffung einer umfassenden Anti-Terror-Front zu konzentrieren“, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow.

EU-Ratspräsident Donald Tusk rief die G20 zu konkreten Schritten auf. „Frankreich erwartet Taten“, sagte Tusk. In einem indirekten Hinweis auf Russland forderte er „jeden der G20-Anführer“ dazu auf, sich bei Militäreinsätzen in Syrien auf die Terrormiliz IS zu konzentrieren. „Sie sind der wahre Feind der freien Welt, nicht die moderate syrische Opposition.“ Russland wird vorgeworfen, Gegner des Regimes von Baschar al-Assad anzugreifen.

Deutschland wird Ende 2016 die G20-Präsidentschaft übernehmen

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mahnte, die Terroristen von Paris nicht zu verwechseln mit den „Asylsuchenden, mit den Migranten, die gute Gründe haben, an unsere Tür zu klopfen“. Er sagte weiter: „Diejenigen, die diese Angriffe organisieren, und diejenigen, die sie ausgeführt haben, sind genau diejenigen, vor denen die Flüchtlinge fliehen.“

Deutschland wird Ende 2016 die G20-Präsidentschaft übernehmen. „Wir freuen uns auch, uns 2017 in Deutschland zu treffen“, heißt es in dem Entwurf des Abschlusskommuniqués. China übernimmt am 1. Dezember die Präsidentschaft von der Türkei. Im kommenden Jahr findet der nächste G20-Gipfel in der ostchinesischen Stadt Hangzhou statt. 

dpa