Eine Schule zum Träumen

Filmpremiere "Berg Fidel"

MÜNSTER Anita hat einen Traum. Sie möchte Model werden und gültige Papiere haben. Anita besucht die vierte Klasse der Gemeinschaftsgrundschule Berg Fidel in Münster. Ihre Familie kommt aus dem Kosovo.

06.09.2012, 19:53 Uhr / Lesedauer: 2 min
m Schloßtheater feierten (v.l.) Lucas, David, Jakob, Kamerafrau Merle Jothe, Regisseurin Hella Wenders und Schulleiter Reinhard Stähling die erfolgreiche Premiere.

m Schloßtheater feierten (v.l.) Lucas, David, Jakob, Kamerafrau Merle Jothe, Regisseurin Hella Wenders und Schulleiter Reinhard Stähling die erfolgreiche Premiere.

Anita ist eines von vier Kindern, die im Dokumentarfilm „Berg Fidel – Eine Schule für alle“ im Mittelpunkt stehen. In Münsters Schloßtheater feierte der Film nach Festivalerfolgen in Lünen und Berlin am Mittwochabend seine offizielle Deutschlandpremiere. Drei Jahre lang hat Regisseurin Hella Wenders die Kinder begleitet und mit großer Sensibilität deren Schulalltag gemeinsam mit Kamerafrau Merle Jothe festgehalten. Als besonders begabtes Kind wird David an der Grundschule Berg Fidel speziell gefördert. Dort leitet er den Klassenrat und darf im Unterricht die kniffligen Fragen lösen. „Einfache Aufgaben mit viel Schreibarbeit halte ich nicht für notwendig“, sagt er. Lernschwachen Kindern hilft er dabei, ihre Aufgaben besser bewältigen zu können. Lucas bereitet das Schreiben und Lesen noch eine Menge Probleme. Dass er für manches länger brauche als die anderen, liege daran, dass er nicht so schnell lernen könne, erklärt er. Dafür kennt er sich mit Autos aus und fegt mit Schwung über die Skaterbahn. In Papas Porsche fahre er gerne mit. Was ihn stark machen würde? „Mehr Fingerfertigkeit könnte ich gebrauchen.“ Ein großes Herz hat er bereits.

Das hat auch Davids Bruder Jakob. „Jakob kann richtig gut trösten“, bestätigen seine Klassenkameraden. Wenn Jakob spricht, versteht man ihn schlecht. Dennoch meldet er sich in der Gruppe zu Wort wie jedes andere Kind auch. Damit auch jeder weiß, was er zu sagen hat, wird es gemeinsam für die Klasse übersetzt. Am Lerncomputer übt er das Schreiben und hilft auch in der Pause bei der Essensausgabe mit. „Wenn Kinder nicht von klein auf lernen, dass die Menschen verschieden sind, wann dann?“, fragt Wenders zu Beginn ihres Films. Die Botschaft ist eindeutig: Von diesem Konzept profitieren alle. David möchte eines Tages Physik studieren, berichtet er nach der Filmpremiere. Den Plan, Astronom zu werden, habe er an den Nagel gehängt. Aber eine Wissenschaft solle es schon sein. David geht inzwischen auf die Montessori-Schule in Münster, denn zwei andere Gymnasien haben es abgelehnt, ihn aufzunehmen. Der Grund: David leidet am Stickler-Syndrom. Er kann schlecht sehen, und er hat auch kein gutes Gehör. Dennoch spielt er Klavier und Trompete und komponiert seine eigene Musik.

Hella Wenders’ Film überzeugt vor allem, weil er keinen Zeigefinger erhebt. Hier kommen die Kinder zu Wort, sie erzählen von ihren Wünschen und Erfahrungen. Und sie halten uns einen Spiegel vor. „Man sollte den Kindern eigentlich nicht zeigen, wo ihre Schwächen sind“, sagt David. „Man sollte ihnen ihre Stärken zeigen.“