Eindrucksvolle Johannespassion in St. Joseph
Karfreitagskonzert
Das Heil der Menschen steht im Zentrum der Johannespassion von Johann Sebastian Bach. Kraftvoll und lebendig brachten Solisten, der Kammerchor Cantamus sowie die Jugendschola St. Joseph unter der Leitung von Winfried Müller das Werk am Karfreitag in der Joseph-Kirche Münster zur Aufführung.

In der Joseph-Kirche blieb kein Platz frei.
Die Johannespassion habe man mit Bedacht gewählt, berichtete Pfarrer Dr. Stefan Rau in seinen einleitenden Worten. Wie keine andere Passionsmusik wolle sie die Offenheit Jesu für den Menschen aufzeigen. Mit der Aufführung als einer Art des Karfreitagsgottesdienstes knüpfte die Gemeinde an eine lange Tradition an. Bereits die Uraufführung des Werkes fand 1724 am Karfreitag statt. „Es ist einer der ganz wenigen gesetzlich geschützten stillen Tage“, sprach Rau. „Ein Tag, den wir brauchen.“ Das Angebot, kostenlos an dem Konzert teilzunehmen, das sich überwiegend aus Spenden finanzierte, lockte Hunderte in die St.-Joseph-Kirche. Selbst im Seitenschiff waren alle Plätze belegt. Auf Stufen und an Säulen gelehnt fanden die Zuhörer Raum, die keinen Sitzplatz mehr ergattern konnten. Begleitet wurde die Musik auch mit visuellen Reizen. Auf einer Projektionsfläche erschienen Bilder von Reinhard Zimmermann, der 1986 den Kreuzweg auf 15 Glasfenstern dargestellt hatte. Wie Bach fügte auch er den 14 Leidensstationen mit der Auferstehung einen positiven Ausblick hinzu.
Musikalisch glänzten der Chor und das Unitate-Melos-Orchester unter der Leitung von Winfried Müller mit Strahlkraft und Präzision. Gleich zu Beginn tauchten die Musiker den Raum mit dem energiegeladenen Auftakt-Chor „Herr, unser Herrscher“ in eine festliche Atmosphäre. Wirkte der Choral „O große Lieb“ noch ein wenig zu getragen, schritten die Choräle im Folgenden in gutem Tempo voran. Herausragend die Leistung von Stefan Sbonnik, der als Evangelist die dramatische Erzählung facettenreich vortrug und mit strahlendem Tenor das Arioso „Mein Herz“ gestaltete. Nicht minder stimmgewaltig agierte Wolfgang Thesing. Bis Donnerstag habe er noch im Bett eine Krankheit auskuriert, sagte Rau. Kraftvoll in der ersten, zurückhaltender in der zweiten Arie präsentierte sich der Tenor.
Engelsgleich füllte Chiyuki Okamura mit ihrer Sopranstimme das Kirchenschiff, wenngleich ihre Artikulation an mancher Stelle noch nicht deutlich genug war. Jonathon Adams setzte als Stimme von Pilatus und Jesus sowie in seinen Arien teils sanfte, teils temperamentvolle Akzente. Eine ungewohnte Klangfarbe brachte Michael Lieb in das Ensemble ein. Er übernahm als Countertenor die Alt-Stimme und versah die Partie mit einem schlanken, aber ausdrucksstarken Timbre.