Einblick in den Kopf eines Schlägers
Hannover-96-Fan Heiko taumelt durch sein kaputtes Leben. Eigentlich spürt er sich nur noch, wenn er sich mit den Hooligans gegnerischer Vereine prügelt. Die Theaterfassung von Philipp Winklers Erfolgsroman feiert am Samstag Premiere am Schauplatz der Geschichte.

Harte Jungs: Die Schauspieler Daniel Nerlich (l) und Nicola Fritzen in "Hool". Foto: Katrin Ribbe/Schauspiel Hannover
Der Roman "Hool" hat Preise eingeheimst, die Bestseller-Liste und Theaterbühne erobert und wird jetzt sogar verfilmt. Philipp Winkler (31) erzählt in seinem Debüt die Geschichte von Heiko, der in der Schlägertruppe der Hannover-96-Hooligans so etwas wie eine Ersatzfamilie gefunden hat.
Hannovers Schauspiel-Chef Lars-Ole-Walburg hat den Stoff als erster für das Theater adaptiert. Die Uraufführung bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen wurde Ende Mai von der Kritik gelobt, am Samstag (23.9.) feiert "Hool" Premiere im Schauspielhaus Hannover.
"Wir proben jetzt und denken auch noch mal über das Ende nach", sagte Walburg der dpa. Vier Männer und eine Frau verkörpern in dem Stück die Hauptfigur, deren Familie zerrüttet ist und die bei einem schmierigen Ex-Knacki wohnt. Die Prügeleien auf dem Acker inszeniert Walburg als Kopfkino. Die Darsteller stehen in einer Art Hörspiel-Studio und beschreiben im Chor, was in Heikos Kopf vorgeht. Dazu erzeugt ein Soundingenieur auf der Bühne wummernde Klänge.
Der Versuch, die Gewalt realistisch darzustellen, wäre extrem peinlich geworden, meint Walburg. Der Intendant war von Anfang an ein Fan des Romans. "Philipp Winkler versucht nicht, ein Phänomen zu erklären, sondern beschreibt ein Leben", sagt er. Das Interesse an der Inszenierung sei groß. "Das normale Theaterpublikum erhofft sich Einblicke in diese seltsame Parallelwelt, und auch Fan-Beauftragte und junge Fußballer von Hannover 96 werden kommen." Walburg ist gespannt darauf, wie das Publikum auf die ihm vertrauten Schauplätze reagiert.
Andere Häuser nehmen "Hool" jetzt ebenfalls in den Spielplan. Am Schauspiel Köln feiert das Stück, das auch viel über Männerbünde erzählt, am 15. Dezember Premiere. Regie führt dort der mehrfach ausgezeichnete Nuran David Calis.
Autor Philipp Winkler wird sich am Samstag die Premiere in Hannover anschauen - wie schon die Uraufführung in Recklinghausen. Anfangs war es für ihn komisch, den Roman, an dem er vier Jahre gearbeitet hatte, auf der Bühne zu sehen. "Ich finde die Umsetzung gelungen", sagt er über Walburgs Inszenierung.
Wird es angesichts des Erfolgs eine Fortsetzung von "Hool" geben - Stoff gäbe es angesichts der Entwicklung im Profi-Fußball doch genug? "Jetzt auf keinen Fall", meint Winkler. "Vielleicht in 20, 30 Jahren, wenn ich völlig abgehalftert bin."