Ein Leben für die Statistenrolle
Porträt Werner Conrady
Die „Statistenrolle“ hat oft einen negativen Beiklang: Man weist sie Leuten zu, die vermeintlich nichts zu sagen haben. Doch wie falsch ist dieses Klischee im Theater. Statisten sind oft das Salz in der Suppe einer Inszenierung – und dürfen manchmal auch sprechen oder singen. Werner Conrady aus Sendenhorst macht das seit 57 Jahren und ist glücklich.

Werner Conrady tritt gern und oft als Statist am Theater Münster auf.
Und dennoch hat Conrady nie erwogen, die Schauspielerei zu seinem Hauptberuf zu machen: „Ich war Gärtner und Florist und habe später mit behinderten Menschen gearbeitet. Heute bin ich Rentner“, sagt er. „Man braucht eben einen Brotberuf. Und ich sehe bei den Schauspielern, wie schwer das ist. Bei jedem Engagement fragen sie: Und was kommt danach?“ Conrady brauchte das nicht zu fragen, denn als guter Statist wird man nie arbeitslos. Man verdient allerdings auch kein nennenswertes Geld: „Es ist jetzt ein schönes Zubrot, aber zum Leben hätte es nie gereicht“, sagt er. Zurzeit ist der Künstler in mehreren Rollen im Tecklenburger Musical „Sunset Boulevard“ zu bewundern. Zum Beispiel als Tierbestatter, der den toten Affen der alternden Hollywood-Diva beerdigen soll. „Den Sarg habe ich selbst besorgt“, sagt Conrady. In „Hamlet“ am Theater Münster trat er in einem halbnackten Chor älterer Geister auf: „Zuerst habe ich gedacht: Wer will den Körperbau von uns Männern über 60 sehen? Aber dann hat es Spaß gemacht. Man ist am Theater nicht lange verschämt.“ Schämen durfte er sich auch nicht, als er in „Ein Mann, zwei Chefs“ einen empörten Zuschauer mimen und aus dem Saal stürmen musste, worüber seine Sitznachbarn nicht erfreut waren. Aber Lampenfieber bleibt doch – vor allem, wenn es Text zu sprechen gibt. Conrady hat eine heikle Situation mit Inge Meysel in Erinnerung. Er trat mit Meysel auf einer Tournee in der Komödie „Bildung für Rita“ auf und vergaß plötzlich seine paar Sätze. „Ich stand da und habe gestottert. Dann wandte sich Inge Meysel ans Publikum und sagte: ,Dieser Mann lernt erstmal Theater spielen.‘“
Aber es gab auch viele freundschaftliche Erlebnisse mit Stars. Sein großes Idol Dieter Pfaff lernte Conrady bei Dreharbeiten in Münster kennen und bekam wertvolle Bühnentipps. In Dietmar Schönherrs Fernsehshow „Wünsch dir was“ vertrat Conrady bei den Proben die Kandidaten. Später unterstützte er Schönherrs Hilfsprojekt „Pan y arte“ und reiste mit ihm nach Nicaragua. In der nächsten Spielzeit lernt Conrady in „Maria Stuart“ am Theater Münster die finstere Welt britischer Thron-Intrigen kennen. Die Welt des Theaters wird er niemals verlassen.