Ein geklonter Lustknabe erobert das Publikum
Musiktheater im Revier
1992 war das total verrückte Musical "The Rocky Horror Show" von Richard O’Brian schon einmal im Musiktheater Gelsenkirchen zu erleben. Heute weiß ja fast jeder, welches irre Kultstück ihn da erwartet.

Rüdiger Frank (l.) und Annika Firley mit Henrik Wager als wildem Frank‘n‘Furter.
30 Vorstellungen sind im Gelsenkirchener Musiktheater angesetzt, der Ansturm auf die Karten ist groß, und das Team ist darauf vorbereitet, wie aktiv das Publikum ins Geschehen eingreift: Es verteilt Tüten - gefüllt mit Konfetti, Klopapierrollen, Tröten, Leuchtkerzen, Wasserpistolen - und animiert die Besucher, in Kostümen zu erscheinen. Beim Premierenpublikum hielt sich das am Samstag noch in Grenzen.
Theater-Nonsens
Was passiert: Ein Ufo ist gelandet, mit Lebewesen, die zwar nur an Sex denken, sich aber nicht mehr fortpflanzen, sondern nur noch klonen können. In solch eine Klon-szene verirrt sich ein schüchternes Liebespaar auf Verlobungsreise und erlebt, wie der geklonte Lustknabe Rocky das Licht der Welt erblickt. Aber das ist nur der Anfang eines Horror-Szenariums, das wild fetzende Musik voran peitscht.
Die in ihrer Überfülle zu beschreiben, ist schier unmöglich, gelingt auch dem Textbuch nicht, dafür aber dem Regieteam und den Akteuren; das reißt einen schon mit, überrennt die Unterscheidungen zwischen Kunst und Kitsch; und es ist schon richtig, als Publikum diesen Theater-Nonsens einfach mitzumachen.
"Keine Botschaft"
"Horror ist wundervoll", so sagt es der Autor Richard O’Brien selbst: "keine Botschaft, nur Unterhaltung." Lange Ovationen im Stehen für Regieteam, Musiker, Akteure: sie wissen aus alter Erfahrung und schon seit Shakespeare, dass der Unsinn sie wachhält, sich für den Sinn frei zu spielen.