Gegen Ex-RAF-Terroristin Klette wird Haftbefehl eröffnet Sprengstoffanschlag Anfang der 1990er

Ehemalige RAF-Terroristin festgenommen: Polizei fasst Daniela Klette in Berlin
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Update 7.3., 11 Uhr: Die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette ist am Donnerstagmorgen nach Karlsruhe gebracht worden. Das sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden. Vor einem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs soll ihr der vor Jahren erwirkte Haftbefehl der Bundesanwaltschaft eröffnet werden. Dabei geht es um das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und versuchten Mord bei Taten Anfang der 1990er-Jahre. Die Mitgliedschaft in der RAF ist nach Angaben einer Sprecherin inzwischen verjährt.

Für die Untersuchungshaft Klettes, in der sie ohnehin schon ist, ändert das erstmal nichts. Es werde Überhaft vorgemerkt, sagte die Sprecherin von Deutschlands oberster Anklagebehörde. So nennt man es, wenn jemand schon in Haft oder Untersuchungshaft ist und noch ein Haftbefehl erlassen wird. Das spielt aber erst dann eine Rolle, wenn sich an der laufenden Untersuchungshaft, erwirkt durch die Staatsanwaltschaft Verden, etwas ändern sollte.

Klette soll Sprengstoffanschlag verübt haben

Konkret wird Klette seitens der Bundesanwaltschaft zur Last gelegt, gemeinsam mit den noch gesuchten RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg im März 1993 einen Sprengstoffanschlag auf die im Bau befindliche Justizvollzugsanstalt Weiterstadt in Hessen verübt zu haben. Durch die Explosion war an dem Gebäude ein Schaden von rund 123 Millionen D-Mark (63 Mio. Euro) entstanden. Klette soll darüber hinaus mit weiteren RAF-Mitgliedern versucht haben, im Februar 1990 einen Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude der Deutschen Bank in Eschborn zu verüben. Der Sprengstoff detonierte nicht, da die Zündung versagte. Zudem hatte Klette Erkenntnissen der Ermittler zufolge im Februar 1991 mit RAF-Mitgliedern mindestens 250 Schüsse auf die US-Botschaft in Bad Godesberg bei Bonn abgegeben.

Klette war Ende Februar nach mehr als 30 Jahren im Untergrund in Berlin gefasst worden. Die Staatsanwaltschaft Verden ermittelt wegen mehrerer Raubtaten gegen die 65-Jährige. Nach der Vorführung in Karlsruhe soll sie zurück nach Niedersachsen gebracht werden.

Berlin: „Keine konkrete Gefährdungslage“

Update 29.2., 20.55 Uhr: Für Berlin besteht nach der Festnahme der ehemaligen RAF-Terroristin Daniela Klette und dem Fund von Waffen in ihrer Wohnung „keine konkrete Gefährdungslage“. Das stellte das Landeskriminalamt Niedersachsen am Donnerstagabend klar. Diese sei auch nicht von beiden zunächst als gefährlich eingestuften Gegenständen ausgegangen. Es sei dennoch nicht auszuschließen, dass Gefahr von den noch gesuchten anderen Ex-RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg ausgehen könnte.

Kalaschnikow bei Klette gefunden

Update 29.2., 18.02 Uhr: Nach dem Fund mehrerer Waffen, Sprengmittel und einer Panzerfaustgranate im Wohnhaus der ehemaligen RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin haben die Ermittler noch keine Erkenntnisse über einen möglichen früheren Einsatz der sichergestellten Kalaschnikow. „Das ist jetzt aktuell Gegenstand von Ermittlungen“, sagte LKA-Sprecher Philipp Hasse am Donnerstag in Hannover auf die Frage, ob es schon ein Vergleichsergebnis gebe mit der eingesetzten Kalaschnikow bei früheren Überfällen.

In ihrer aktiven Zeit wurden der damalige Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen (1989) und Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder (1991) ermordet sowie Herrhausens Fahrer schwer verletzt. Die linksextremistische Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF) war über Jahrzehnte der Inbegriff von Terror und Mord im Westen des noch geteilten Deutschlands.

Klette soll unter anderem Erkenntnissen der Ermittler zufolge im Februar 1991 mit RAF-Mitgliedern mindestens 250 Schüsse auf die US-Botschaft in Bad Godesberg abgegeben haben.

Weitere Ex-RAF-Terroristen vermutlich in Berlin

Update 29.2., 16.31 Uhr: Die früheren RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg halten sich vermutlich in Berlin auf. Das Landeskriminalamt Niedersachsen intensiviert nach eigenen Angaben vom Donnerstag die Fahndungsmaßnahmen in und um Berlin und geht aufgrund der Waffen- und Sprengmittelfunde von einem Gefährdungspotenzial für die Bevölkerung aus.

Schwere Kriegswaffen bei Daniela Klette gefunden

Update 29.2., 15 Uhr: Bei der Durchsuchung des Wohnhauses der ehemaligen RAF-Terroristin Daniela Klette haben die Ermittler auch „schwere Kriegswaffen“ gefunden. Das sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden der dpa.

Das siebengeschossige Gebäude in Berlin-Kreuzberg war am Mittwochabend von der Polizei geräumt worden. Später mussten auch einige Bewohner eines weiteren Hauses ihre Wohnungen verlassen. Die Straße war komplett gesperrt. Erst am frühen Morgen wurde die Sperrung aufgehoben.

Nach der Festnahme von Daniela Klette setzt die Berliner Polizei ihren Einsatz in der Wohnung der früheren RAF-Terroristin fort.
Nach der Festnahme von Daniela Klette setzt die Berliner Polizei ihren Einsatz in der Wohnung der früheren RAF-Terroristin fort. © Paul Zinken/dpa

Bei der Durchsuchung der Wohnung von Klette sind Waffen, Pistolenmagazine und Munition gefunden worden. Mittwochabend hatten Kriminaltechniker eine Granate aus dem Haus gebracht, am Donnerstagmorgen wurde ein weiterer möglicherweise gefährlicher Gegenstand herausgetragen und in ein Spezialfahrzeug verladen. Später folgte ein drittes Fundstück, wie dpa-Reporter beobachteten.

Die frühere RAF-Terroristin Klette war am Montagabend in Berlin-Kreuzberg festgenommen worden. Sie war 30 Jahre untergetaucht und soll mit einer falschen Identität jahrelang in der Hauptstadt gelebt haben. Der Name, den sie benutzt haben soll, findet sich allerdings nicht auf dem Klingelschild am Eingang des unauffälligen Mietshauses.

Die Staatsanwaltschaft Verden und das Landeskriminalamt Niedersachsen fahndeten seit Jahrzehnten nach Klette sowie den früheren RAF-Terroristen Burkhard Garweg (55) und Ernst-Volker Staub (69). Die beiden gesuchten Männer sind noch immer nicht gefasst.

Granate unschädlich gemacht

Update 29.2., 6.35 Uhr: Zwei Tage nach der Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette hält der Fall die Hauptstadt weiter in Atem: Der Abtransport von gefährlichen Gegenständen aus dem Wohnhaus der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg zog sich bis in den frühen Morgen über viele Stunden hin. Zunächst brachte die Polizei am Abend eine Granate weg, am frühen Morgen wurde ein weiterer möglicherweise gefährlicher Gegenstand aus dem Haus herausgetragen und in ein Spezialfahrzeug verladen. Später folgte noch ein drittes Fundstück.

Das siebenstöckige Mietshaus war am frühen Abend von der Polizei geräumt worden, alle Bewohner mussten ihre Wohnungen verlassen. Später wurden auch einige Wohnungen in einem weiteren Haus geräumt. Die ganze Straße sei weiterhin abgesperrt, sagte der Polizeisprecher am Morgen. Nähere Angaben zu den verdächtigen Gegenständen machte die Berliner Polizei nicht. Sie verwies an die Ermittler in Niedersachsen, die zunächst ebenfalls keine detaillierteren Erklärungen abgaben.

Zuvor hatte die Polizei am Abend mitgeteilt: «Von unseren Kriminaltechnikern wurde bisher eine Granate aus dem Gebäude in der Sebastianstraße in Kreuzberg gebracht und an einem anderen Ort unschädlich gemacht.» Ein Beamter vom Kampfmittelräumdienst hatte einen Gegenstand herausgetragen, der einer kleineren Granate ähnelte. Er verstaute den Gegenstand in einem Auto in einer Sicherheitskiste.

Im Laufe des Mittwochs hatte die Polizei zuvor schon Waffen entdeckt, wie eine Sprecherin des Landeskriminalamtes Niedersachsen bestätigte. Zuvor hatte über den Waffenfund "Der Tagesspiegel" berichtet. Die Räumung des Wohnhauses im Stadtteil Kreuzberg habe aber nichts mit diesem Waffenfund zu tun, sagte die LKA-Sprecherin in Hannover. Schon nach der Festnahme von Klette am Montagabend stieß die Polizei unter anderem auf Magazine einer Pistole und Patronen.

Polizei bestätigt Granatenfund

Update 28.2., 22.10 Uhr: Die Berliner Polizei hat bestätigt, dass im Wohnhaus der früheren mutmaßlichen RAF-Terroristin Daniela Klette in Kreuzberg eine Granate gefunden wurde. „Von unseren Kriminaltechnikern wurde bisher eine Granate aus dem Gebäude in der Sebastianstraße in #Kreuzberg gebracht und an einem anderen Ort unschädlich gemacht“, teilte die Polizei bei X (früher Twitter) am Mittwochabend mit. „Weitere Gegenstände werden aktuell untersucht.“

„Es sieht aus wie eine Mörsergranate, ist aber keine, kommt dem aber ganz nah“, sagte ein Polizist dazu. Zuvor hatte die Polizei am frühen Abend das Mietshaus geräumt. Alle Bewohner mussten ihre Wohnungen verlassen. Der Gehweg wurde gesperrt. „Unsere Kriminaltechnik untersucht aktuell die bei der Wohnungsdurchsuchung aufgefundenen, möglicherweise gefährlichen Gegenstände“, schrieb die Polizei im Internet.

Waffenfund bei Daniela Klette

Update 28.2., 20.06 Uhr: In der Berliner Wohnung der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette sind am Mittwoch Waffen gefunden worden. Das bestätigte am Abend eine Sprecherin des Landeskriminalamtes Niedersachsen. Zuvor hatte über den Waffenfund die Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel“ berichtet. Die Räumung des Wohnhauses im Stadtteil Kreuzberg habe aber nichts mit diesem Waffenfund zu tun, sagte die LKA-Sprecherin in Hannover.

Kampfmittelräumdienst in Klettes Haus

Update 28.2., 19.41 Uhr: Aus dem Wohnhaus der früheren mutmaßlichen RAF-Terroristin Daniela Klette in Berlin-Kreuzberg hat die Polizei einen Gegenstand herausgetragen, der einer kleineren Granate ähnelte. Ein Beamter vom Kampfmittelräumdienst verstaute den Gegenstand am Mittwochabend in einem Auto in einer Sicherheitskiste, wie ein dpa-Reporter beobachtete. Um was es sich genau handelte, war noch nicht bekannt.

Am Nachmittag war das Mietshaus wegen einer möglichen Gefahr geräumt worden. Alle Bewohner mussten ihre Wohnungen verlassen, der Gehweg vor dem Haus und einem Nachbarhaus wurde gesperrt. Ein Spurenermittler der Polizei sagte: „Weil wir etwas gefunden haben, das gefährlich ist.“ Feuerwehr, Krankenwagen und weitere Polizeiautos fuhren vor dem Haus vor. In dem Haus war Klette am Montagabend in ihrer Wohnung im 5. Stock von der Polizei festgenommen worden. Seitdem war die Wohnung untersucht worden.

Jurist rechnet mit weiteren Überfällen

Update 28.2., 12.55 Uhr: Auch nach der Festnahme der Ex-Terroristin Daniela Klette hält es der frühere Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger für wenig wahrscheinlich, dass die beiden weiter gesuchten Ex-RAF-Terroristen dem Fahndungsdruck nachgeben und sich freiwillig stellen. „Ich habe eine kleine Hoffnung“, sagte Pflieger, der in den 1980er Jahren an mehreren RAF-Ermittlungen und Anklageschriften insbesondere gegen die erste und zweite Generation der Rote Armee Fraktion (RAF) beteiligt war. „Ich gehe aber eher davon aus, dass sie nach so langer Zeit mit falscher Identität versuchen werden, weiter verdeckt zu leben und zu agieren.“

Der frühere Jurist rechnet auch mit weiteren Überfällen auf Geldtransporter: „Sie müssen ja von etwas leben, wenn ihnen das Geld ausgeht. Und dann machen sie halt von dem Gebrauch, was sie gelernt haben.“ Dabei werde der Druck auf sie steigen. „Ich könnte mir vorstellen, dass bei Daniela Klette in der Wohnung Informationen gefunden wurden, die auf die beiden Männer hinweisen könnten, seien es Mails oder Telefonanrufe oder irgendetwas.“ So könne vielleicht schon ein gewisser Aufruhr entstanden sein, denn es bestanden ja Kontakte innerhalb des Trios.

Die 65 Jahre alte Klette war am Dienstag in Berlin gefasst worden. Sie war gemeinsam mit Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg schon in den 1990er Jahren untergetaucht. Das Trio soll unter anderem zwischen 1999 und 2016 Raubüberfälle auf Geldtransporter begangen haben. Schwerpunkte waren Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Wegen der langen Zeit im Untergrund ist Pflieger überzeugt, dass die früheren RAF-Terroristen ein Netzwerk von Helfern gehabt haben müssen. „Wir haben das bei allen RAF-Generationen erlebt, dass es jede Menge Unterstützer gab, die etwa Unterschlupf angeboten haben. Manche Dinge wie Arztbesuche und andere Dinge des täglichen Lebens sind nur schwer zu erledigen ohne eine solche Hilfe. Es gab sicher Hilfe“, sagte der 76-Jährige.

Pflieger rechnet aber nicht damit, dass Klette die Kronzeugenregelung in Anspruch nehmen wird, um Namen zu nennen. „Die Tradition der RAF zeigt, dass die Leute zu 99 Prozent versucht haben, das Schweigegebot einzuhalten“, sagte der Terrorexperte. „Ich habe die Sorge, dass sich Frau Klette daran hält.“ Dennoch sollte der Staat die festgeschriebene Kronzeugenregelung weiter offensiv anbieten, damit die früheren Terroristen ihre Geheimnisse offenbaren. „Es muss uns wichtig sein, die bislang offenen Fragen zu den Attentaten und Opfern zu beantworten“, sagte Pflieger. „Wenn wir kein Zugeständnis machen, werden wir die historische Wahrheit vielleicht nie erfahren.“

Update 28.2., 12.31 Uhr: Die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette sitzt übereinstimmenden Medienberichten zufolge aktuell in Untersuchungshaft in der JVA Vechta. Die 65-Jährige ist demnach vom Amtsgericht Verden in das Frauengefängnis in der Justizvollzugsanstalt in Vechta gebracht worden. Weder die zuständige Staatsanwaltschaft in Verden noch das Justizministerium in Hannover wollten sich auf Anfrage dazu äußern. Klette war am Dienstag in Berlin gefasst worden. Sie war gemeinsam mit den noch gesuchten RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg schon in den 1990er Jahren untergetaucht.

Staub und Garweg nicht gefasst

Update 28.2., 8.45 Uhr: Bei der weiteren in Berlin festgenommenen Person handelt es sich nicht um einen der beiden gesuchten früheren RAF-Terroristen Burkhard Garweg oder Ernst-Volker Staub. Der Mann wurde aus den polizeilichen Maßnahmen entlassen, wie das Landeskriminalamt Niedersachsen am Mittwochmorgen in Hannover mitteilte. Die Fahndungsmaßnahmen nach den beiden noch flüchtigen Straftätern dauerten an.

Update 28.2., 6.26 Uhr: Nach der Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette (65) setzen die Fahnder die Suche nach den ehemaligen RAF-Mitgliedern Ernst-Volker Staub (69) und Burkhard Garweg (55) unvermindert fort. Fest stehe: „Wir werden weiter fahnden“, sagte der Präsident des Landeskriminalamts (LKA) Niedersachsen, Friedo de Vries.

Ermittler in Klettes Wohnung, Polizisten tragen Tüten aus dem Haus.
Noch am Abend waren Ermittler in Klettes Wohnung, Polizisten trugen Tüten aus dem Haus, wie ein dpa-Reporter berichtete. © Paul Zinken/dpa

Klette hat sich bisher nicht geäußert

Bei ihrer Vorführung beim zuständigen Ermittlungsrichter am Amtsgericht Verden habe Klette sich nicht zur Sache geäußert, sagte eine Sprecherin des niedersächsischen Justizministeriums. Es bleibe abzuwarten, ob sie sich im Laufe der nächsten Tage und Wochen einlassen werde.

Der Sohn des 1977 von der RAF ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback, Michael Buback, zeigte sich nach Klettes Festnahme „nicht übermäßig optimistisch“, dass nun weitere RAF-Verbrechen aufgeklärt werden könnten. „Warum sollte sich Frau Klette anders verhalten als andere RAF-Angehörige, die weder sich selbst noch andere belasten?“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch).

250 Hinweise nach Sendung „Aktenzeichen XY“

Zuletzt hatte sich die Staatsanwaltschaft Verden in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ erneut mit einem Aufruf an die Bevölkerung gewandt. Die Sendung habe rund 250 neue Hinweise gebracht - mehrere Tausend Hinweise seien aber in den vergangenen neun Jahren bearbeitet worden, sagte de Vries. Die Festnahme von Klette ging nicht auf den Fahndungsaufruf in der Sendung zurück.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte zur Festnahme von Klette: „Der Rechtsstaat hat seine Beharrlichkeit und seinen langen Atem gezeigt. Niemand sollte sich im Untergrund sicher fühlen.“

Update, 27.2., 17.04 Uhr: Die als Terroristin gesuchte Klette lebte in der Berliner Wohnung nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) Hannover unter falscher Identität. Sie habe bei ihrer Festnahme keinen Widerstand geleistet, teilte LKA-Präsident Friedo de Vries mit. Bei der Durchsuchung fanden die Ermittler den Angaben zufolge unter anderem Magazine einer Waffe und Patronen. Eine Waffe sei bislang nicht gefunden worden.

Klette befindet sich inzwischen in Untersuchungshaft. Laut LKA wurde sie am Dienstag mit einem Hubschrauber nach Bremen geflogen und von dort aus weiter zum Amtsgericht Verden gebracht. Ein Haftrichter habe die Haftbefehle gegen die 65-Jährige erlassen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Verden wurde außerdem ein Durchsuchungsbefehl für die Wohnung erteilt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht in der Festnahme der ehemaligen RAF-Terroristin auch ein wichtiges Signal an die Opfer der Taten der Roten Armee Fraktion. „Dieser Fahndungserfolg ist das Verdienst jahrzehntelanger unermüdlicher Ermittlungsarbeit. Der Rechtsstaat hat seine Beharrlichkeit und seinen langen Atem gezeigt. Niemand sollte sich im Untergrund sicher fühlen“, wurde Faeser in einer Mitteilung ihres Ministeriums zitiert.

Die frühere RAF-Terroristin soll nach Angaben eines Nachbarn unter dem Vornamen Claudia gelebt haben. Um Geld zu verdienen, soll sie privaten Nachhilfeunterricht in Mathematik gegeben haben, erzählte der Nachbar mittleren Alters am Dienstag vor dem unscheinbaren Mehrfamilienhaus. Sie soll dort im 5. Stock rund 20 Jahre gewohnt haben, ist zu hören. Er habe sich öfter mit Klette, die einen anderen Nachnamen nutzte, unterhalten. Zu Weihnachten habe er Kekse von ihr geschenkt bekommen. Klette habe aber nur eher oberflächliche Kontakte zur Nachbarschaft gepflegt.

„Sie hat immer Hallo gesagt und war eigentlich ganz nett“, berichtete eine Jugendliche aus der Nachbarschaft am Dienstag. „Ich habe sie immer nur alleine gesehen mit ihrem Hund und ihrem Fahrrad.“ Vor dem großen Hund der 65-Jährigen habe sie etwas Angst gehabt. Sie selbst sehe ganz freundlich aus, trage die grauen Haare zum Zopf gebunden. Klette sei nie in Begleitung gewesen, schildern mehrere Anwohner.

Ein gepanzertes Fahrzeug der Polizei verlässt den Hof des Amtsgerichts. Die frühere Terroristin der Roten Armee Fraktion (RAF), Daniela Klette (65), ist in Berlin gefasst worden.
Ein gepanzertes Fahrzeug der Polizei verlässt den Hof des Amtsgerichts. Die frühere Terroristin der Roten Armee Fraktion (RAF), Daniela Klette (65), ist in Berlin gefasst worden. © picture alliance/dpa

LKA-Präsident: Weitere Person gefasst - Identität unklar

Update 27.2., 15.35 Uhr: Nach der Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette haben die Fahnder wenig später eine weitere Person festgenommen. Es handele sich um einen Mann im „gesuchten Alterssegment“, sagte der Präsident des Landeskriminalamts Niedersachsen, Friedo de Vries, am Dienstag in Hannover. Die Identität des Festgenommenen werde noch geklärt, es sei nicht sicher, ob sein Ausweisdokument echt sei. Die Staatsanwaltschaft Verden und das Landeskriminalamt fahnden seit Jahrzehnten nach den früheren RAF-Terroristen Burkhard Garweg (55), Ernst-Volker Staub (69) und Klette (65). Sie werden der sogenannten dritten RAF-Generation zugeordnet.

Die RAF-Mitglieder Ernst-Volker Staub (v.l.), Daniela Klette und Burkhard Garweg (undatierte Fahndungsbilder des Bundeskriminalamts BKA). Sie werden zur dritten RAF-Generation gerechnet.
Die RAF-Mitglieder Ernst-Volker Staub (v.l.), Daniela Klette und Burkhard Garweg (undatierte Fahndungsbilder des Bundeskriminalamts BKA). Sie werden zur dritten RAF-Generation gerechnet. © picture-alliance/ dpa

Ehemalige RAF-Terroristin sitzt in U-Haft

Update 27.2., 15 Uhr: Die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette sitzt wegen mehrerer Raubtaten in Untersuchungshaft. Das teilten die Staatsanwaltschaft Verden und das Landeskriminalamt Niedersachsen in Hannover mit.

Festnahme nach 30 Jahren Fahndung

Ursprungsmeldung: Nach mehr als 30 Jahren Fahndung ist die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette (65) in Berlin gefasst worden. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen. Zuvor hatten „Bild“-Zeitung und „B.Z.“ berichtet. Die Festnahme erfolgte am Montagabend in Kreuzberg vor allem durch die Polizei aus Niedersachsen, die Berliner Polizei war nur als Unterstützung dabei. Nach dpa-Informationen geht sie auf Ergebnisse niedersächsischer Zielfahnder zurück.

Die seit Jahrzehnten als Terroristin der Roten Armee Fraktion (RAF) gesuchte Klette wurde nach dpa-Informationen in einem Mietshaus in der Sebastianstraße festgenommen. Am Dienstag standen uniformierte Polizisten vor dem siebengeschossigen Gebäude. Der Eingang war gesperrt. Kriminaltechniker waren vor Ort und untersuchten die betreffende Wohnung nahe der früheren Grenze zwischen West- und Ost-Berlin.

Das Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA) will bei einer Pressekonferenz am frühen Nachmittag weitere Details zur Festnahme bekannt geben. In der Einladung hieß es: „Zielfahnder des LKA Niedersachsen haben gestern, am späten Montagnachmittag, eine 65-Jährige Frau in Berlin festgenommen. Es könnte sich hierbei um ein gesuchtes mutmaßliches RAF-Mitglied, dem verschiedenste schwere Raubtaten zur Last gelegt werden, handeln. Ihre Identität wird aktuell noch geprüft.“ Nach Informationen des Spiegel sei Klette durch Fingerabdrücke identifiziert worden.

Ein gepanzertes Fahrzeug der Polizei verlässt gemeinsam mit weiteren Fahrzeugen den Hof des Amtsgerichts. Die frühere Terroristin der Roten Armee Fraktion (RAF), Daniela Klette (65), ist in Berlin gefasst worden. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Sicherheitskreisen.
Ein gepanzertes Fahrzeug der Polizei verlässt gemeinsam mit weiteren Fahrzeugen den Hof des Amtsgerichts. Die frühere Terroristin der Roten Armee Fraktion (RAF), Daniela Klette (65), ist in Berlin gefasst worden. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Sicherheitskreisen. © picture alliance/dpa

Jahrzehntelange Fahndung

Die Staatsanwaltschaft Verden und das Landeskriminalamt Niedersachsen fahnden seit Jahrzehnten nach den früheren RAF-Terroristen Burkhard Garweg (55), Ernst-Volker Staub (69) und Daniela Marie Luise Klette. Sie werden der sogenannten dritten RAF-Generation zugeordnet.

Vertreter dieser Generation sollen den damaligen Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, und den Treuhand-Chef, Detlev Karsten Rohwedder, umgebracht haben. Täter und Motiv sind bis heute jedoch unbekannt. Rohwedder war am 1. April 1991 in Düsseldorf in seinem Haus am Schreibtisch erschossen worden. Das RAF-Kommando reklamierte die Tat für sich. Rohwedder wurde aus einer Kleingartenlage und mehr als 60 Metern Entfernung ins Visier genommen. Es war der letzte Mordanschlag, der der RAF zugeordnet wird.

Die Behörden werfen Garweg, Staub und Klette versuchten Mord und eine Serie schwerer Raubüberfälle zwischen 1999 und 2016 vor. Die Tatorte lagen demnach in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Überfälle nicht politisch motiviert waren. Die Beschuldigten sollen die Taten begangen haben, um an Geld zu gelangen.

Der damalige Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen kam im November 1989 bei einem Sprengstoffattentat ums Leben.
Der damalige Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen kam im November 1989 bei einem Sprengstoffattentat ums Leben. © picture alliance / dpa

Verdacht auf Beteiligung an Terrorattacken in den Neunziger Jahren

Klette steht nach dpa-Informationen im Verdacht, an einem Schusswaffen-Angriff auf die US-Botschaft in Bonn 1991 beteiligt gewesen zu sein. Vermutet wird außerdem eine Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt 1993. Spuren deuten darauf hin, dass sie auch bei der Anti-Terror-Aktion 1993 im mecklenburgischen Bad Kleinen am Tatort war. Bei der Aktion starben damals der Polizist Michael Newrzella und der RAF-Mann Wolfgang Grams. Die frühere RAF-Terroristin Birgit Hogefeld wurde verhaftet.

Zuletzt hat die Staatsanwaltschaft Verden am 14. Februar Hinweise zu früheren Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ erbeten. Danach gab es zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung. Die Festnahme von Klette soll allerdings nicht auf den Fahndungsaufruf in der Sendung zurückgehen.

In Wuppertal wurde am 18. Februar der Hauptbahnhof weiträumig abgesperrt und schwer bewaffnete Spezialkräfte der Polizei holten einen Mann aus einem Zug, weil ein Augenzeuge ihn für einen gesuchten Ex-RAF-Terroristen gehalten hatte. Der Verdacht, es handele sich um Ernst-Volker Staub, bestätigte sich aber nicht.

GdP sieht vernetzte linksextreme Szene

Die Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete Klettes Festnahme in Berlin-Kreuzberg als Beleg für eine weiterhin vernetzte linksextreme Szene. „Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist“, teilte die GdP mit. „Die Festnahme einer Top-Terroristin wie Daniela Klette zeigt, dass der Rechtsstaat nicht locker lässt und nach Jahrzehnten der Suche alles dransetzt, um jene zur Rechenschaft zu ziehen, die unser demokratisches Zusammenleben gefährden wollen.“

Ein Experte sieht in der Festnahme die Chance, die Verbrechen der dritten RAF-Generation aufzuklären - möglicherweise über eine Kronzeugenregelung. Das „letzte Aufgebot“ der RAF ermordete zwischen 1984 und 1993 zehn Menschen – erst eine einzige Tat sei bislang aufgeklärt.

dpa/seh