Dorjsuren stinksauer: Waffenstörung kostet Medaille
Stinksauer und mit versteinerter Miene verließ Munkhbayar Dorjsuren die olympische Schießanlage. Eine klemmende Sportpistole kostete die Wahl-Münchnerin die Finalteilnahme und auch die dritte Olympia-Medaille.

Eine Waffenstörung machte Munkhbayar Dorjsuren einen Strich durch die Rechnung. Foto: Peter Kneffel
«Ich hatte die Medaille schon um den Hals. Leider ist mir so etwas in meinem ganzen Leben noch nicht passiert. Und ich schieße schon ein halbes Leben lang», sagte die 43-Jährige, die mit 582 Ringen und Rang zwölf das Finale nur um einen Zähler verpasste.
Bis zu diesem Missgeschick lag Dorjsuren am Mittwoch in London auf Medaillenkurs und führte zwischenzeitlich sogar das Feld der 39 Starterinnen an. Den Sieg im Finale sicherte sich die Südkoreanerin Kim Jangmi, die im Vorkampf mit 591 Ringen olympischen Rekord schoss. Zweite wurde die Chinesin Chen Ying vor der Ukrainerin Olena Kostewytsch.
Der Wettkampf begann mit der eher ungeliebten Präzisionsrunde. Mit 294 Ringen lag Dorjsuren als Dritte aber aussichtsreich im Rennen. «So gut habe ich seit 1994 nicht in der Präzision geschossen», sagte sie. Nach der ersten Serie im Duell mit der Sportpistole katapultierte sich die gebürtige Mongolin dann mit einer tadellosen 50er Serie zwischenzeitlich auf Platz eins.
Doch dann herrschte Aufregung am Schießstand, ihr Arm ging mitten in der dritten Serie hoch und signalisierte ein Waffenproblem. «Der Repetierschlitten klemmte. Wir tauschten dann das Sportgerät mit der Ersatzwaffe, um kein weiteres Risiko einzugehen», sagte Pistolen-Bundestrainer Peter Kraneis. Denn zwei Waffenstörungen im Wettkampf würden das Aus bedeuten. «Sie musste dann nachschießen, was die Sache nicht einfacher machte», betonte Sportdirektor Heiner Gabelmann vom Deutschen Schützenbund (DSB).
Dorjsuren flüsterte oder fluchte leise vor sich hin. Als die Konkurrentinnen mit dem Vorkampf fertig waren, musste sie mutterseelenallein ihre letzten Schüsse abfeuern. Mit zwei Neunen und einer Acht flatterten die Nerven, ehe sie vor den Augen ihrer 17-jährigen Tochter mit zwei Zehner-Ringen wieder auf Kurs kam - zu spät.
Danach verfinsterte sich ihr Blick, stocksauer packte Dorjsuren ihre Sachen und verließ wort- und grußlos die Halle, ehe sie abseits der Anlage doch noch Worte fand. «Wenn ich schlecht geschossen hätte, okay. Aber ich war selbstbewusst, in Topform und war voll oben dabei. Dann passiert so etwas», klagte sie mit belegter Stimme. Auch Trainer Kraneis konnte es kaum fassen: «Das ist total bitter. Ausgerechnet jetzt passiert so ein Missgeschick.» Selbst Teamkollegin Claudia Verdicchio-Krause, die mit 578 Ringen 26. wurde, fühlte mit: «Das ist so traurig mit Munki.»
Tragisch ist die Tatsache, dass Dorjsuren ausgerechnet vor Olympia nach mehr als 20 Jahren die Hersteller bei ihrem Sportgerät tauschte, nach dem Motto: neue Waffen, neues Glück. Ohne Risiko war der Waffenwechsel nicht, denn die Sportlehrerin hatte beim alten Hersteller eine Festanstellung als Repräsentantin. Zum 1. Juli musste sie sich arbeitslos melden und kam nur dank des neu ins Leben gerufenen Stipendiums «Elite Plus» der Stiftung Deutsche Sporthilfe über die Runden. Vor ihrem Start haderte sie auch noch wegen des verweigerten Visums für ihren mongolischen Mann, der den Wettkampf nicht verfolgen und auch keinen Trost spenden konnte.