"Donald Trump wird ein mächtiger Präsident werden"

Interview mit Amerika-Experte Hardt

Was bedeutet das Ergebnis der US-Wahl für die Beziehungen Deutschlands zu den USA? Darüber hat unser Berliner Korrespondent Andreas Herholz mit Jürgen Hardt (CDU), Transatlantischer Koordinator im Auswärtigen Amt, gesprochen.

BERLIN

von Andreas Herholz

, 09.11.2016, 18:50 Uhr / Lesedauer: 2 min
Was bedeutet das Wahlergebnis für die Beziehungen von Deutschland und den USA?

Was bedeutet das Wahlergebnis für die Beziehungen von Deutschland und den USA?

Sensation der amerikanischen Präsidentenwahl: Donald Trump zieht ins Weiße Haus ein, und auch in Berlin ist man geschockt. Was bedeutet das Ergebnis für die deutsch-amerikanischen Beziehungen?

Vor acht Jahren war ganz Deutschland nach der Wahl Barack Obamas zum US-Präsidenten im Freudentaumel. Die Mehrheit der Deutschen hätte ihn wohl auch selbst gern gewählt. Nach der Wahl von Donald Trump ist jetzt der Katzenjammer groß. Dazu besteht kein Grund. Wir werden auch mit einem US-Präsidenten Trump zusammenarbeiten und die transatlantischen Beziehungen weiterentwickeln.

Wo liegen die Ursachen für Trumps Erfolg?

Trumps Wahlerfolg ist vor allem auf die tiefe Skepsis in weiten Teilen der amerikanischen Bevölkerung und den Protest gegen die politischen und wirtschaftlichen Eliten an der Ostküste zurückzuführen. Es ist paradox, dass er selbst als Immobilien-Tycoon auch dazugehört. 

Ein US-Präsident, der provoziert und polarisiert – wäre das nicht eine Gefahr für die internationalen Beziehungen und den Frieden?

Natürlich müssen wir wachsam sein. Sollte Herr Trump tatsächlich viele der Dinge umsetzen, die er im Wahlkampf zum Teil angekündigt hat, wäre das eine harte Belastungsprobe für unser Verhältnis. Etliche seiner Aussagen im Wahlkampf waren aber eher widersprüchlich. Das gilt besonders für die Außen- und Sicherheitspolitik. Im Wahlkampf mag aus seiner Sicht die Methode des politisch unkorrekten und rüpelhaften Verhaltens die richtige Methode gewesen sein. Jetzt geht es darum, in die neue Rolle hineinzuwachsen und ein guter Präsident zu sein. Da taugen die Methoden aus dem Wahlkampf nicht mehr.

Sie rechnen mit einer schnellen Wandlung?

In Amerika hat der Wahlkampf einen anderen Charakter als in Europa und bei uns in Deutschland. Durch das System der Vorwahlen sind die Kandidaten vor allem gezwungen, ihre Stammwählerschaft zu mobilisieren. Der künftige Präsident wird sich an seinem neuen Schreibtisch im Weißen Haus genau überlegen, wie er in seinem neuen Amt erfolgreich sein kann. Zu den Instrumenten, den „assets“ für eine erfolgreiche Präsidentschaft werden die transatlantische Zusammenarbeit und die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit mit Sicherheit an hoher Stelle dazugehören. Das wird ihm helfen, ein erfolgreicher Präsident zu sein. Sollte er diese allerdings aufs Spiel setzen, wäre das Risiko eines Scheiterns seiner Politik hoch. 

Wird er auch künftig spalten statt zu versöhnen?

Donald Trump wird ein mächtiger Präsident werden, wenn er die Republikaner geschlossen hinter sich bringt. Die Republikaner müssen allerdings mitspielen. Die Mehrheit seiner Partei in beiden Häusern bedeutet eine ausgesprochen komfortable Situation für einen amerikanischen Präsidenten, wenn er diese zu nutzen weiß. Präsident Obama hatte dies zuletzt nicht. Trump signalisiert, dass er die Versöhnung mit dem gegnerischen Lager will und auf Erfahrung und Kompetenz erfahrener und besonnener republikanischer Politiker setzt und sie auch in seine Administration holen wird. Im Wahlkampf ist er einer Reihe von Lügen überführt worden, ist mit der Wahrheit nicht besonders sorgfältig umgegangen. Als amerikanischer Präsident kann und wird er sich das nicht erlauben.  

Trump hat einen isolationistischen Kurs angekündigt. Amerika werde sich in seiner Präsidentschaft nicht nur in der NATO weniger stark engagieren. Wird es jetzt teuer für Europa und Deutschland? Müssen wir in Zukunft mehr außenpolitische Verantwortung übernehmen?

Schwer zu sagen, ob er seine Ankündigungen auch tatsächlich umsetzen wird. Die USA investieren viel in die NATO. Das garantiert natürlich auch ein hohes Maß an Sicherheit – auch für die USA selbst. Würde sich Washington hier zurückziehen, würde das die entsprechend auch die Sicherheit der Vereinigten Staaten vermindern. Das wäre für einen amerikanischen Präsidenten eine Todsünde verheerend. Natürlich wird in Zukunft von Europa erwartet, sich stärker in der Außen- und Sicherheitspolitik zu engagieren, auch mehr zu investieren. Das wäre allerdings unter einer Präsidentin Hillary Clinton nicht anders gewesen.