Die Predigt vor dem Burger
Hagen Rether in der Halle
„Was machen wir jetzt? McDonald’s?“, fragt ein Mann seine Begleiterin ohne einen Hauch von Ironie. Dabei hat er gerade vier Stunden lang Hagen Rethers Predigt über die Schädlichkeit von Fleischkonsum für die Umwelt überstanden.

Hagen Rether verbindet Witz und Moral.
Rether ist ein Mann der Ruhe und Entspanntheit. Daher lebt sein Programm „Liebe“ vom monotonen Grundton der tiefen Stimme des gebürtigen Rumänen. Waren seine Texte zu Beginn der Karriere noch Beiwerk zum Klavierspiel, aß der Musikkabarettist später während seines Auftritts nur noch Joghurt. Auch auf der aktuellen Tournee ist der Flügel nur noch Staffage und wird von Rether, während er wie nebenbei das Wutbürgertum auf die Schippe nimmt, auf Hochglanz poliert.
Während sich andere Kabarettisten in Rage reden, Politiker und Politik in der Luft zerreißen, mahnt Rether zum Nachdenken. „Warum müssen wir Tebartz-van Elst ans Kreuz nageln?“, fragt er ernst. Nur weil der Skandal-Bischof 30 Millionen Euro für eine Einbauküche ausgegeben habe? Die gleiche Summe habe der CDU-Wahlkampf gekostet. „Und da ist nicht mal eine Küche mit dabei.“
Obwohl die Arroganz des Besserwissers oft durchzutönen scheint, halten die meisten Zuschauer die vier Stunden nicht nur brav aus, sondern fordern noch eine Zugabe. Rethers Gewichtung von Problemen, kommt halt gut an: „In Griechenland springen die Leute aus Verzweiflung aus dem Fenster und wir fragen uns, ob ‚Wetten dass...?‘ abgesetzt werden soll.“ Und er trifft auch bei seinem Lieblingsthema voll auf den Punkt: Die Deutschen akzeptieren biometrische Pässe, regen sich aber über einen fleischfreien Tag pro Woche auf. Und wer sich über die Qualitätslosigkeit im Fernsehen beschwert, solle doch einfach 3sat, Arte und Phoenix schauen. Da bekomme man für seine GEZ-Gebühren „den Kopf vollgepackt“.
Rether hat die Welt verstanden, keine Frage, er durchschaut Zusammenhänge und falsche Skandale. Zum Glück wollen das viele Menschen noch hören. Auch wenn nebenan bei der „Familie Popolski“ mehr Besucher sind und nicht jeder Rether-Fan auf den Gang zum Burger-Lokal verzichten wird.