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Die neue Corona-Variante C.1.2: Wie gefährlich die Mutation ist und ob eine Impfung schützt
Coronavirus
Eine neue Variante des Coronavirus breitet sich von Südafrika aus aus. Bange Fragen machen die Runde: Ist sie gefährlicher als Delta? Schützt die Impfung? Eine Expertin klärt auf.
Dass die durch Mutationen ausgelösten immer neuen Varianten des Coronavirus gefährlich sind, haben wir gelernt. So hat die zunächst in Indien aufgetretene aggressive und höchst ansteckende Delta-Variante innerhalb weniger Monate auch bei uns praktisch alle anderen Varianten verdrängt. Und jetzt gibt es neue, Besorgnis erregende Berichte aus Südafrika über eine Variante namens C.1.2.
C.1.2 ist nur eine von aktuell mehr als 1.500 bekannten Varianten des Coronavirus, aber in ihr schlummert möglicherweise eine große Gefahr, denn: Sie vereint besonders viele Mutationen in sich. Das berichten Wissenschaftler der nationalen Gesundheitsbehörde von Südafrika in einer Ende August vorab veröffentlichten Studie, deren Überprüfung durch weitere Experten allerdings noch aussteht.
Neue Variante trat zuerst in Südafrika auf
Die Variante C.1.2 trat nach bisherigen Erkenntnissen zuerst im Mai 2021 in Südafrika auf. Inzwischen ist sie nicht nur in ganz Südafrika verbreitet, sondern auch in etlichen Nachbarstaaten, in China und Neuseeland. In Europa wurde sie bislang in Portugal, der Schweiz und Großbritannien nachgewiesen. In Deutschland wurden dem Robert-Koch-Institut bisher noch keine Fälle von C.1.2 bekannt.
Was ist das Besondere an der Variante C.1.2? Prof. Dr. Christine Falk ist Professorin am Institut für Transplantationsimmunologie der Medizinischen Hochschule Hannover und zugleich Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Sie sagt auf Anfrage unserer Redaktion: „Diese Variante ist quasi eine Ansammlung von verschiedenen, zumeist bekannten Veränderungen, die vor allem im Spike-Protein des SARS-CoV-2 auftreten.“
Spike-Proteine sind „wie kleine Harpunen“
Spike-Proteine befinden sich in der Hülle der Corona-Viren. Spike-Proteine agieren, wie das Bundesforschungsministerium auf seiner Internetseite erklärt, „wie kleine Harpunen“, um so dem Virus den „Eintritt in neue Zielzellen zu ermöglichen.“ Deshalb sind diese Spike-Proteine beim Kampf gegen das Coronavirus besonders wichtig, weil die Impfstoffe genau bei ihnen ansetzen.
Einige der jetzt in der Variante C.1.2 beobachteten Veränderungen im Spike-Protein des Coronavirus „erleichtern dem Virus das Binden an und Eindringen in (...) Zellen im Nasen-Rachenraum und einige kombinieren das mit mehr Virusproduktion in den Zellen“, erläutert Prof. Falk. Sowohl die eine als auch die andere Fähigkeit sind alles andere als beruhigend. Das klingt danach, als würde das Virus so noch bedrohlicher.
Was Impfungen mit dem Spike-Protein zu tun haben
Allerdings, so erläutert Prof. Falk, müsse man beachten, dass das Spike-Protein aus 1273 Aminosäuren bestehe. Es sei also sehr lang „und enthält einige konservierte, also konstante, Regionen, die auch in den Mutanten nicht verändert sind“, sagt Christine Falk. Das sei ein großer Vorteil für die Wirksamkeit von Impfungen, denn: „Auch gegen diese konstanten Regionen werden Antikörper gebildet zusätzlich zu den Regionen mit den Mutationen.“ Anders gesagt: Eine Impfung wirkt in jedem Fall zumindest auf die konstanten Teile des Spike-Proteins, unabhängig von den Veränderungen in einer Variante.
Vor diesem Hintergrund könne man, so Prof. Christine Falk, aktuell noch nicht genau sagen, welche exakten Eigenschaften die neue Variante C.1.2 haben werde. Man wisse noch zu wenig, um abschätzen zu können, wie infektiös dieses Virus sei, ob es besonders schwere Krankheitsverläufe auslöse und wie stark die bisher bekannten Impfungen auch gegen diese Variante schützen, aber: „Generell würde ich vorsichtig davon ausgehen, dass es derzeit keinen Hinweis für mehr Pathogenität“, sprich für das stärkere Auslösen krankhafter Veränderungen im Körper, „gibt“, sagt Prof. Falk. Gleichwohl sei es geboten, diese Virusvariante genau zu beobachten und zu erforschen.
Warum es wichtig ist, die Zahl neuer Fälle niedrig zu halten
Denn bei allen Varianten fürchten Experten vor allem solche, gegen die die bisherigen Impfungen keinen Schutz mehr bieten. Daher ist es das Ziel aller Verantwortlichen, die Zahl der Neuinfektionen möglichst gering zu halten, denn bei jedem neuen Fall drohen neue Mutationen. Mehr neue Fälle erhöhen die Gefahr von mehr Mutationen. Mehr Mutationen wiederum steigern die Gefahr, dass sich eine Variante entwickelt, gegen die eine Impfung nicht mehr wirkt. Das wäre eine Katastrophe.
Ulrich Breulmann, Jahrgang 1962, ist Diplom-Theologe. Nach seinem Volontariat arbeitete er zunächst sechseinhalb Jahre in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten, bevor er als Redaktionsleiter in verschiedenen Städten des Münsterlandes und in Dortmund eingesetzt war. Seit Dezember 2019 ist er als Investigativ-Reporter im Einsatz.
