
Je bunter, desto besser, ist die Empfehlung für Vegetarier beim Gemüse. © picture alliance / dpa
Die Mischung macht’s – wie ein vegetarischer Speiseplan aussieht
Serie: Unser Klima
Ernährung: Gesund und ausgewogen sollte auch die fleischlose Kost sein, sagt Diätassistentin Nina Bogovic. Im Interview verrät sie auch, welche Fehler man vermeiden kann.
Frau Bogovic, wie gesund ist vegetarische Ernährung?
Vegetarische Ernährung kann gesund sein, wenn man sich etwas mit den Nährstoffen beschäftigt. Wenn man anstatt Fleisch täglich Pudding isst, ist das auch nicht gesund. Es ist ratsam, dass man sich ausgewogen ernährt: dazu gehören täglich Vollkornprodukte, Obst und Gemüse. Zudem ist es hilfreich, sich im Vorfeld zu informieren über gesunde Ernährung und über kritische Nährstoffe.
Worauf muss man achten?
Zu den kritischen Nährstoffen bei einer vegetarischen beziehungsweise veganen Ernährung zählen vor allem Vitamin B 12, Eisen und Zink. Da Vitamin B 12 nur in tierischen Produkten in nennenswerten Mengen vorkommt, gilt es bei vegetarischer Ernährung ausreichend Milchprodukte und Eier zu verzehren. Nach Absprache mit einem Arzt ist auch die zusätzliche Einnahme von Präparaten eine Option, besonders für Veganer. Eisen ist am meisten enthalten in Samen wie Kürbiskerne, Sesam, Hanfsamen und Leinsamen. Auch Nüsse wie Pistazien, Mandeln und Haselnüsse sind sehr gute Eisenquellen. Unter den Getreiden enthalten Haferflocken mit Abstand am meisten Eisen, aber auch Pseudogetreide wie Amaranth, Quinoa und Hirse sind gute Eisenlieferanten. Zink ist vor allem in Vollkorngetreide, Nüsse und Hülsenfrüchte enthalten.
Gibt es weitere Dinge, die man täglich essen soll?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat einen Ernährungskreis herausgegeben, um zu verbildlichen, wie eine gesunde und vollwertige Ernährung aussieht. Täglich sollten mehrere Portionen Getreideprodukte, vor allem Vollkornprodukte, mindestens drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst gegessen werden. Dabei ist eine Portion immer eine Handvoll. Sofern es gut vertragen wird, sollte das Gemüse vorwiegend als Rohkost verzehrt werden. Zur Vollkornstulle mit Käse darf es also gerne eine Handvoll Gurke oder Tomate sein. Ein Glas Gemüsesaft ohne Zuckerzusatz zählt auch als Gemüseportion.

Obst ist die Süßigkeit der Natur. Deshalb sollte es auch in der vegetarischen Ernährung erst an zweiter Stelle stehen. © picture alliance/dpa
Und wie viel Obst sollte man täglich essen?
Davon sollte man laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung nur zwei Portionen zu sich nehmen, wobei eine Portion wieder eine Handvoll ist. Obst enthält auf der einen Seite zwar viele Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe, auf der anderen Seite aber auch viel Zucker. Deshalb sage ich immer: Obst ist die Süßigkeit der Natur. Damit sollte man also auch nicht übertreiben. Viele wollen sich gesund ernähren und essen ganz viel Obst, aber kein Gemüse – das ist auch nicht gesund, weil man dann viel Zucker zu sich nimmt. Viele wundern sich dann auch, warum sie nicht abnehmen, obwohl sie nur Obst essen. Nüsse zählen auch zum Obst, diese sollten ebenfalls regelmäßig gegessen werden. Die Mischung macht’s also.
Wie ist das bei Milchprodukten?
Milchprodukte stehen stellvertretend als Eiweiß- aber auch als Kalziumlieferanten. Bei einer vegetarischen Ernährung sollten Milch und Milchprodukte täglich gegessen werden. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 200 bis 250 Gramm Milch oder Milchprodukte und zwei Scheiben Käse in den täglichen Speiseplan einzubauen. Veganer haben andere Eiweißlieferanten wie Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen. Als Kalziumquelle können sie kalziumreiches Mineralwasser trinken und über mit Kalzium angereicherten Pflanzendrinks konsumieren.
Gibt es denn so was wie eine Superfrucht oder ein Supergemüse?
Es gibt kein natürliches Lebensmittel, das alle Vitamine und Nährstoffe enthält, oder welches Krebs heilen kann. Aber es gibt einige Lebensmittel, die häufiger verzehrt werden sollten, wie z. B. Kohlgemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse und Haferflocken. Ich empfehle beim Gemüse immer: Je bunter, umso besser. Was ganz hilfreich ist, wenn man sich am Saisonkalender orientiert. Daran kann man sehen, welches Obst und Gemüse gerade Saison hat und dieses dann öfter in seine Ernährung einbauen – das ist auch in Bezug auf Nachhaltigkeit ein wichtiger Punkt.
Wie nachhaltig ist eine vegetarische Ernährung denn, etwa wenn man darauf achten möchte, auch im Winter viel Gemüse und Obst zu essen?
Man sollte schon darauf achten, wo die Produkte herkommen. Aber man weiß mittlerweile, dass die Tierhaltung viel mehr Ressourcen verbraucht als vegetarische Ernährung. Nun sollte der Anteil der tierischen Produkte nur ein Viertel unserer täglichen Ernährung darstellen. Aber die Flächen, die man braucht, um das Tierfutter herzustellen, nehmen einfach viel mehr Platz ein. Wenn man weniger Fleisch essen würde und dafür weniger Tiere gehalten werden müssten, könnte die ganze Agrarfläche für den Anbau von Obst und Gemüse genutzt werden. Eine Massentierhaltung verbraucht gleichzeitig auch Unmengen an Wasser. Zwei bis drei vegetarische Tage pro Woche wären also schon hilfreich.
Welche Vor- bzw. Nachteile gibt es für die Gesundheit, wenn man sich vegetarisch ernährt?
Die Vorteile überwiegen definitiv, insbesondere was die Prävention von Krankheiten angeht. Mittlerweile weiß man, dass eine ungesunde und fleisch-haltige Ernährung eventuell zu Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch zu einigen Krebsarten führen kann.
Gibt es Personengruppen, für die eine vegetarische Ernährung nicht geeignet ist?
Es gibt Risikogruppen – zum Beispiel Schwangere, kleine Kinder oder Patienten mit einem hohen Nährstoffbedarf wie Krebspatienten – für die eine vegetarische Ernährung unvorteilhaft sein könnte. Aber ich glaube nicht, dass eine vegetarische Ernährung, bei der Milchprodukte verzehrt werden, ein großes Problem darstellt. Man kann sich dabei ausgewogen und bedarfsdeckend ernähren, ohne dass dabei Mangelerscheinungen entstehen.
Gibt es Tipps für den Einstieg in ein vegetarisches Leben?
Wenn man jeden Tag Fleisch isst, würde es schon reichen, am Anfang ein oder zwei vegetarische Tage einzubauen. Wenn man vorher nie was mit vegetarischer Ernährung zu tun hatte, sollte man sich vorab ein paar Rezepte raussuchen und schauen, was einem schmecken könnte. Es gibt natürlich auch Fleischersatzprodukte. Aus der ernährungsphysiologischen Sicht sind die aber eigentlich nicht zu empfehlen – je nachdem was da drin ist. Sie enthalten oftmals nämliche viele Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker.
Wie gesund sind denn Fleischersatzprodukte überhaupt?
Da lohnt sich auf jeden Fall, einen Blick auf die Zutatenliste und auf die Nährwerte zu werfen. Fleisch soll in erster Linie Eiweiß und B-Vitamine liefern, da muss man wirklich vergleichen. Sind die Nährwerte ähnlich? Viele Fleischersatzprodukte sind sogar eiweißarm. Die Produkte auf Soja- oder Erbsenbasis sind reicher an Eiweiß, aber auch da muss man schauen, was für Zusatzstoffe noch drin stecken.
Also kann man per se nicht sagen, ob Fleischersatzprodukte gut oder schlecht sind?
Per se kann man das nicht sagen. Wenn es einem hilft, in die vegetarische Ernährung einzusteigen, ist das für den Anfang ganz gut. Aber man sollte es nicht übertreiben. Es werden auch nur ein bis zwei Portionen Fleisch pro Woche empfohlen und das gleiche würde ich für diese Fleischersatzprodukte sagen, wenn der Verzicht auf Fleisch schwerfallen sollte.
Ist es ratsam, sich vor der Umstellung auf eine vegetarische Ernährung mit einer Ernährungsberaterin abzusprechen?
Wenn man gesund ist, kriegt man das auch so hin – insofern man sich gut informiert an den entsprechenden Stellen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ist zum Beispiel eine seriöse Plattform, wo man sich über gesunde Ernährung informieren kann. Wenn man jedoch schon Vorerkrankungen hat, sollte man den Arzt über sein Vorhaben, sich vegetarisch zu ernähren, informieren und dann eventuell noch eine Ernährungstherapeutin mit einbeziehen.
Gibt es typische Fehler bei der Umstellung auf eine vegetarische Ernährung?
Eine einseitige Ernährung wäre so ein typischer Fehler. Oder wenn wenig Wert auf Vollkorngetreide oder Nüsse gelegt wird. Und genug trinken ist natürlich ein wichtiger Aspekt. Das Ziel einer ausgewogenen Ernährungstherapie ist, den Körper mit allen Nährstoffen ausreichend zu versorgen. Man kann das mit einer vegetarischen Ernährung schaffen, wenn man sich an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientiert.