Deutsche Schützen wieder treffsicher: Zwei WM-Titel
Die Olympia-Pleite von London ist abgehakt. Die deutschen Schützen überzeugen bei der WM in Granada und gehen stark verjüngt und selbstbewusst die olympische Herausforderung in Rio an. Und sie hoffen im Süden Spaniens auf weitere Medaillen.

Trap-Schießen. Foto: Lindsey Parnaby
Die deutschen Schützen sind wieder treffsicher. Nach der historischen Olympia-Pleite in London zeigt der Verjüngungskurs mit dem «Top-Team Future» im Deutschen Schützen-Bund (DSB) bei der Weltmeisterschaft in Granada Wirkung.
«Es ist die beste WM seit Lahti 2002, als wir nach Sydney sechs Medaillen gewonnen haben. Richtung Rio sind wir auf einem guten Weg, auch was den Umgang mit den 13 älteren Schützen angeht. Wir haben uns unter den besten drei Nationen der Welt etabliert», bilanzierte DSB-Sportdirektor Heiner Gabelmann schon zur WM-Halbzeit. Fünf Tage vor Ende der Titelkämpfe wurde die Zielstellung deutlich übererfüllt: Am Sonntag gab es überraschend Silber von Schnellfeuer-Pistolenschütze Oliver Geis.
Der erst 23-jährige Hesse musste im Finale nur dem Südkoreaner Jun Hong Kim den Vortritt lassen. «Das ist der Wahnsinn, das hätte ich nicht gedacht. Im Finale war ich so aufgeregt, dass ich die Patronen beinahe nicht ins Magazin bekommen hätte», sagte Geis. Dritter wurde der Chinese Yuehong Li.
Der Olympia-Dritte von Peking, Christian Reitz aus Raunheim, wurde trotz Führung in der Qualifikation nur Sechster und verließ wortlos den Schießstand. «Christian war stinksauer, weil der Schütze vor ihm nicht einen Schritt zurückgetreten ist, als er an der Reihe war. Das sagt die Regel aus, doch die Kampfrichter haben das nicht bemerkt», meinte Bundestrainer Detlef Glenz. Aaron Sauter aus Beerfelden verpasste das Finale. Zuvor hatte das deutsche Trio mit 1745 Ringen Gold im nicht-olympischen Teamwettbewerb gewonnen.
Der von Gabelmann eingeleitete Umbruch zahlte sich nicht nur mit dem WM-Titel von Gewehrschützin Beate Gauß im Dreistellungskampf, dem Überraschungs-Gold von Katrin Quooss im Trap und WM-Silber von Gewehrschütze Daniel Brodmeier aus - auch die großen Erfolgen im nicht-olympischen Team-Wettbewerb und Nachwuchs-Bereich sowie die olympischen Quotenplätze gaben ihm recht. «Wir haben in den Bereichen Gewehr und Pistole das Ziel erreicht, 50 Prozent der Schützen aus dem Top Team Future im Team zu haben, im Bereich Flinte sind es 40 Prozent. Und das, ohne nachzuhelfen, das sind die Ergebnisse der Ausscheidungen gewesen», betonte der Sportdirektor.
Unmittelbar nach der Aufarbeitung der mageren London-Ergebnisse, wo die Deutschen erstmals seit 1964 ohne Medaillen blieben, hatte Gabelmann ein umfangreiches Leistungssportkonzept neu auf dem Weg gebracht. Mit neuen Qualifikationsrichtlinien und neuer Trainergilde bremste er die älteren Schützen aus, die den Aufschwung der Youngster in der Vergangenheit oft verhindert hatten.
Jetzt können die Routinierten nur noch mit absoluten Bestwerten den Sprung ins WM- oder Olympia-Team schaffen. Dass dies möglich ist, bewies die 43-jährige Sonja Pfeilschifter mit Bronze im Luftgewehr. Nach 25 Jahren feierte Deutschlands beste Schützin der vergangenen zwei Jahrzehnte einen perfekten Abschluss ihrer Karriere.
Der Generationswechsel wurde zudem von neuen Bundestrainern begleitet, «die stark an die Stützpunkte angelehnt sind, damit sie mit den jungen Athleten hochwachsen können», erklärte Gabelmann. Der Umbruch kostet natürlich viel Geld. Da die London-Pleite sich gerade bei den Projekt-Förderungen negativ ausgezahlt hat, greift der Schützenbund in die eigene Tasche: «Wir schwimmen nicht im Geld, doch wir mussten nach London einfach Prioritäten setzen. Daher investierten wir aus den Rücklagen der vergangenen Jahre eine sechsstellige Summe im unteren Bereich extra in den Leistungssport», meinte DSB-Bundesgeschäftsführer Jörg Brokamp. Nach der WM kann er auf neue Gelder hoffen.