Die Kamener Siedlung Blumenstraße kommt nicht zur Ruhe. Nachdem der Wohnblock an der Hausnummer 8 von der Stadt für unbewohnbar erklärt wurde (5.1.), gibt es nun neue Entwicklungen im Fall Mudev in einem Nachbarhaus. Die vierköpfige Familie Mudev war am 24. Dezember in der eigenen Wohnung, Blumenstraße 3, nur knapp dem Kohlenstoffmonoxid-Tod entkommen. Die Frage, wie es zu diesem Unglück kommen konnte, beschäftigt auch die Kriminalpolizei.
Nachdem der ermittelnde Schornsteinfeger an der Therme der Mudevs keine Manipulation feststellen konnte, geht die Unfallforschung weiter. Ein nicht funktionierender Schornsteinventilator inklusive eines defekten Steuerungsgeräts auf dem Dach sorgten bei Andreas Gärtner für Fragezeichen. Ein Elektriker soll jetzt herausfinden, wie es dazu kommen konnte.
Der Kohlenstoff-Monoxid-Austritt erfolgte mutmaßlich über einen längeren Zeitraum, ohne aufzufallen. Familienvater Asen Mudev wirft dem Vermieter Fahrlässigkeit vor. Ein Telefonat mit ihm blieb jedoch ergebnislos. Der Vermieter behauptet, einen Monteur geschickt zu haben. Asen Mudev bestreitet das.

Krankenhaus weist Vorwürfe zurück
Asen Mudevs Vorwürfe betreffen nicht nur den Vermieter. Am 21. Dezember suchte die Familie das Hellmig-Krankenhaus in Kamen auf, nachdem sich die Familie kollektiv übergeben hatte. Hier hätte die fortschreitende Kohlenstoffmonoxid-Vergiftung auffallen müssen, so der Vorwurf Mudevs. So hätte der weitere Verlauf des Unglücks verhindert werden können.
Krankenhaussprecherin Susanne Janecke weist den Vorwurf zurück, dass etwas übersehen wurde. Auf die Frage, warum der Verdacht bei der Untersuchung der Mudevs nicht auf eine Kohlenstoffmonoxid-Vergiftung fiel, verweist Janecke auf die hohe Ähnlichkeit der Symptome zu denen der Grippe, einer Corona-Infektion oder einer Magen-Darm-Erkrankung. Auch seien die Patienten orientiert und voll ansprechbar gewesen, so Janecke.
Die Krankenhaussprecherin macht deutlich, dass sonstige Beschwerden, wie beispielsweise Bewusstseinsstörungen und Schwindel, von den Patienten nicht angezeigt worden seien. Dies seien weitere Anzeichen einer Kohlenmonoxid-Vergiftung.
Deshalb ist Kohlenstoff-Monoxid so gefährlich
„Das Tückische an Kohlenstoffmonoxid ist, dass man es nicht wahrnehmen kann“, erklärt einer, der es wissen muss. Stefan Haferkamp ist Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin in Bergkamen. Der Experte erklärt die medizinischen Hintergründe.
„Bei einer Kohlenstoff-Monoxid-Vergiftung tritt der Tod durch inneres Ersticken ein“, sagt Haferkamp. Das CO im Blut verhindere, dass sich der eingeatmete Sauerstoff mit den roten Blutkörperchen verbinden kann. Diese sind im Körper dafür zuständig, den lebenswichtigen Sauerstoff in die Organe und das Gehirn zu transportieren.
Haferkamp sieht seitens der Klinik kein Versäumnis. „Nach einem solchen Befund muss leider gezielt gesucht werden“, sagt er. Dies ist bei einer ambulanten Untersuchung nicht vorgesehen und komme eher bei der weiteren Kontrolle vor, zum Beispiel auf der Intensivstation.
Aus diesem Grund gehören große Druckkammern, die zur CO-Behandlung dringend nötig sind, nicht zur Standard-Ausstattung jedes Krankenhauses. Durch den Einsatz von Druckkammern soll die Sauerstoff-Versorgung der lebenswichtigen Organe gewährleistet werden, erklärt Stefan Haferkamp. Hier kann den Betroffenen unter Druck mehr Sauerstoff zugeführt werden. Besonders das Gehirn reagiert sehr empfindlich auf fehlenden Sauerstoff, sagt Haferkamp.
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