Clan-Familie aus Leverkusen: Luxus-Uhren im Wert von 160.000 Euro in Villa gehortet
Leverkusener Clan-Familie
Eine arabische Leverkusener Großfamilie hat eine halbe Million Euro an Sozialleistungen bezogen, obwohl sie im Luxus lebte. Hat das Jobcenter den Clan-Mitgliedern den Betrug zu leicht gemacht?
Im Leverkusener Anwesen, in dem Angehörige des Al-Zein-Clans lebten, haben Ermittler Luxus-Uhren im Wert von bis zu 160.000 Euro aktuellem Marktwert entdeckt. Das hat ein Sachverständiger am Donnerstag im Düsseldorfer Landgericht ausgeführt.
Neben den Rolex-Uhren habe die Großfamilie rund 100 Schmuckstücke gehortet, von denen mehrere Einzelstücke jeweils einen Wert von mehr als 1000 Euro hätten.
Allein 75.000 Euro in Sanierung des Hauses gesteckt
Einem weiteren Gutachter zufolge wurden in dem Haus rund 75.000 Euro allein in die Sanierung der Bäder und der Elektrik gesteckt. Dazu zählt auch die Installation einer Alarmanlage, führte der zweite Sachverständige aus.
Die Großfamilie soll bis 2021 Sozialleistungen in Höhe von 456.000 Euro bezogen haben, obwohl sie in Leverkusen in einem Anwesen mit 300 Quadratmetern Wohnfläche residierte und über erhebliches Vermögen verfügte. Die Polizei hatte das Anwesen vor einem Jahr gestürmt und durchsucht. Dabei fanden sie neben Uhren und Schmuck auch 360.000 Euro Bargeld.
Die sieben Angeklagten, die sich zurzeit vor Gericht verantworten müssen, sind zwischen 22 und 47 Jahre alt. Zwei von ihnen sitzen in Untersuchungshaft. Neben bandenmäßigem Sozialbetrug werden den Familienmitgliedern in wechselnder Beteiligung auch Raub, Steuerhinterziehung, schwere Körperverletzung, Geldwäsche, Erpressung und Zwangsarbeit vorgeworfen. Es drohen bis zu 15 Jahre Haft.
231 Personen sollen dem Clan zugehörig sein
Dem Al-Zein-Clan werden laut aktuellem Lagebild des Landeskriminalamts 231 Verdächtige zugerechnet, die für 431 Straftaten verantwortlich sein sollen. Er gilt als zweitgrößter Clan in Nordrhein-Westfalen.
Im Prozess gegen die Clan-Angehörigen ist deutlich geworden, wie leicht die Großfamilie an Geld vom Jobcenter gekommen ist – immerhin fast eine halbe Million Euro. Kaum ausgefüllte Formulare, unvollständige Adressen und abweichende Unterschriften verursachten bei der Behörde keine Zweifel.
„Die Familie war komplett unauffällig. Vor den Hinweisen der Polizei hatten wir keinen Grund, von Leistungsbetrug auszugehen“, sagte der Teamleiter für Rückforderungen des Jobcenters Leverkusen am Dienstag als Zeuge am Düsseldorfer Landgericht.
Der Jobcenter-Teamleiter sagte zu Beginn des Prozesses, unterschiedliche Handschriften in einem Formular seien kein Grund zum Zweifel, oft würden etwa Caritas-Mitarbeiter beim Ausfüllen helfen. „Entscheidend ist für uns, dass der Antrag vom Antragsteller unterschrieben ist. Wer ihn ausgefüllt hat, ist uns gleich“, sagte er.
Nach Hinweisen von Verteidigern, dass sich auch die Unterschriften im Fall einer Antragstellerin überhaupt nicht ähnelten, sagte der Zeuge: „Wir prüfen nicht, ob sich die Unterschrift geändert hat.“
Auf Nachhaken der Anwälte, dass so ja völlig unklar sei, ob die Angeklagte oder jemand anders den Antrag auf Sozialhilfe gestellt hat, sagte der Jobcenter-Mitarbeiter: „Selbst wenn sie den Antrag nicht gestellt hätte: Der Leistungsbezug war ihr bekannt, sie hat ja Leistungen bekommen.“
Lücken im Leistungsantrag nicht hinterfragt
Wenn ein bereits bekannter Antragsteller sämtliche Fragen zu Einkommen und Vermögen unbeantwortet ließ, sei die Behörde davon ausgegangen, dass er dann über kein Einkommen und Vermögen verfügte.
„Wir sind eine Sozialbehörde. Die Leute, die zu uns kommen, haben oft Probleme mit dem Ausfüllen von Formularen. Wir legen vieles niedrigschwellig zugunsten des Antragstellers aus. Da steht die Sicherung des Lebensunterhaltes für Bedürftige im Vordergrund.“ So habe auch keine Rolle gespielt, dass der aus Beirut stammende Hauptangeklagte angegeben hatte, Spätaussiedler zu sein.
Dass die Behörde bei Umzügen der Bedarfsgemeinschaften im gleichen Haus nicht stutzig wurde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. „Das Objekt ist uns in der Regel nicht bekannt. Ein Umzug im gleichen Haus ist erst mal nicht ungewöhnlich.“ In Hochhäusern komme dies oft vor. „Nur die Richtwerte müssen eingehalten werden“, sagte der Jurist des Jobcenters.
Ob der Behörde bekannt war, in welchem Anwesen die Familie residierte, blieb unklar. Es war auf Formularen auch keine Hausnummer angegeben.
Jobcenter-Mitarbeiter bei Hausdurchsuchung dabei gewesen
Er sei bei der Durchsuchung des Hauses durch die Polizei dabei gewesen, sagte der Zeuge. Dabei habe er dann selbst gesehen, dass es keine abgetrennten Wohnungen gab, wie sie in den Mietverträgen angegeben gewesen seien.
Er habe auch gesehen, wie die Polizei sehr viel Bargeld in Schubladen entdeckt und begonnen habe, es mit einer Geldzählmaschine zu zählen. Auch Rolex-Uhren und Kleidung von Luxusmarken seien dort gefunden worden.
Clan-Familie schweigt
Im Nachgang habe das Jobcenter alle Angeklagten angeschrieben und um Aufklärung gebeten: „Wir haben allerdings keinerlei Reaktion erhalten.“ Bis heute seien noch keine Rückforderungsbescheide gegen die Familienmitglieder ergangen, erklärte der Zeuge. Man befinde sich noch im Anhörungsverfahren. Das Jobcenter wolle aber sämtliche Leistungen seit Mai 2015 zurückfordern.
Bei den Verteidigern löst die Aussage Verwunderung aus: „Wenn ich mich beim Finanzamt zu meinem Einkommen nicht äußere, geht es nicht davon aus, dass ich keins habe“, sagte ein Anwalt am Rande der Verhandlung.
dpa