Chemiepark-Leiter Thomas Basten Schließung von BP Scholven hätte dramatische Folgen

Chemiepark-Leiter: Pipeline aus Scholven ist unsere Hauptschlagader
Lesezeit

Der Weltkonzern BP plant den Verkauf der Ruhr Oel GmbH in Gelsenkirchen. Damit steht eine der größten Raffinerien Deutschlands vor einer ungewissen Zukunft. An den Standorten GE-Horst und Scholven wächst die Sorge um die knapp 1.800 Arbeitsplätze. Mittelbar betroffen ist auch der Chemiepark Marl mit aktuell rund 10.000 Beschäftigten.

„Wichtigste Rohstoffquelle für die Produktion“

„Die Raffinerie ist die mit Abstand wichtigste Rohstoffquelle für unsere chemische Produktion, das Pipeline-Netz zwischen Scholven und Marl ist unsere Hauptschlagader“, sagt Chemiepark-Standortleiter Thomas Basten: „Diese Verbindung besteht seit Beginn der Produktion im Chemiepark, und das ist seit mehr 80 Jahren der Fall und bildet eine der absoluten Stärken des Standorts im Verbund des nördlichen Ruhrgebiets.“

Raffineriekapazitäten in Deutschland schrumpfen

Seit 1980 schrumpfen die Raffineriekapazitäten in Deutschland. Zuletzt hatte auch BP seine jährliche Rohölverarbeitung in Gelsenkirchen um vier Millionen auf 12,8 Millionen Tonnen reduziert. Der Kapazitätsabbau wird landesweit zum Teil durch Importe aus den Häfen Rotterdam, Amsterdam und Antwerpen kompensiert.

Die hell erleuchteten Anlagen der BP Raffinerie in Gelsenkirchen Horst und Scholven bei Nacht.
Unverzichtbare Rohstoffquelle für den Chemiepark Marl: Die hell erleuchteten Anlagen der BP Raffinerie in Gelsenkirchen Horst und Scholven bei Nacht. © picture alliance/dpa

Aus Scholven erreichen vor allem Propylen und Ethylen sowie weitere Rohstoffe für die C4-Chemie den Chemiepark Marl, die Menge misst sich jährlich in Millionen Tonnen. „Durch die Nähe der Raffinerie zum Chemiepark und der Verbindung über Pipelines sind wir sehr sicher, nachhaltig und wettbewerbsfähig unterwegs. Würde die Raffinerie ausfallen, hätten wir einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Chemiestandorten, die beispielsweise an der Küste liegen“, so Thomas Basten: „Als Chemiepark im Hinterland braucht der Standort Marl diesen starken Verbund mit Scholven und weiteren Chemiestandorten.“

„Raffinerie wird noch lange in Betrieb bleiben“

Thomas Basten ist optimistisch, dass die Ruhr Oel GmbH einen Käufer finden wird: „Die Raffinerie in Scholven steht im Vergleich mit anderen Raffinerien in Deutschland gut da, gerade weil es genau diesen integrierten Stoffverbund mit Marl gibt“, so der Marler Standortleiter: „Diese Chemieintegration fehlt an anderen Raffineriestandorten. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass Scholven noch lange in Betrieb bleibt.“

Der Chemiepark Marl richtet sich zurzeit neu aus und strebt langfristig eine klimaneutrale chemische Produktion an sowie den nachhaltigen Einstieg in Produktion und Lieferung von grünem Wasserstoff, zum Beispiel für den geplanten neuen Hochofen in Duisburg, der ganz ohne fossile Energieträger auskommen soll. Dennoch: „Wir brauchen sicher noch parallel viele Jahre Rohstoffe aus fossilen Quellen“, ist Thomas Basten überzeugt: „Die Alternativen sind noch weit weg von großindustrieller Wirtschaftlichkeit.“

„Scholven muss Teil des Chemieverbunds bleiben“

Aber warum verkauft BP, mit 396 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz eines der größten Unternehmen der Welt, seine Raffinerie in Scholven? „Der Bedarf an fossilen Energieträgern sinkt, der Konzern konzentriert sich auf sein Kerngeschäft, und das ist die Rohölförderung, weniger die Verarbeitung“, vermutet Thomas Basten.

Was ist, wenn BP keinen Käufer findet? Droht dann am Ende gar die Schließung? „Dieses Szenario kann ich mir absolut nicht vorstellen, es hätte dramatische Folgen für die ganze Region“, sagt Standortleiter Thomas Basten und betont: „Für uns als Chemiepark Marl ist zweitrangig, wem die Raffinerie gehört, wichtig ist, dass sie Teil unseres bewährten Chemieverbunds bleibt.“