Es war beinahe eine Liebeserklärung. König Charles III. sprach bei seiner Rede am Donnerstag im Bundestag von der deutschen Silvester-Tradition „Dinner for one“ und der britischen Lust am Berliner Kultur- und Nachtleben, von den Beatles und Kraftwerk, von der Rivalität im Fußball. „Wir bewundern gegenseitig unsere Kultur, wir sind wirtschaftlich von einander abhängig, wir lassen uns gegenseitig von unseren Ideen inspirieren“, schwärmte der britische König. Stolz sei er auf diese Partnerschaft, tief sei der Eindruck Deutschlands und seiner Menschen auf ihn selbst.
Diese Rede am zweiten Tag seines dreitägigen Staatsbesuchs - gehalten über weite Strecken auf charmant britisch gefärbtem Deutsch - zeigt gut, wie Charles in Deutschland auftritt: Staatstragendes war dabei, die enge Verbundenheit trotz des Brexits, die militärische Zusammenarbeit bei der Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg, der gemeinsame Kampf gegen den Klimawandel. Aber da war eben auch Persönliches, Versöhnliches, Nahbares. Soweit das bei einem Royal auf Staatsbesuch überhaupt möglich ist.
Vom Luxushotel auf den Bauernmarkt
So gaben sich Charles und seine Frau Camilla auch bei ihren beiden Terminen vor dem Auftritt im Bundestag. Charles trug sich im Luxushotel Adlon ins Goldene Buch der Stadt Berlin ein, dann machte er einen Abstecher zu einem Bauernmarkt auf dem Wittenbergplatz in der Nähe des KaDeWe im Berliner Westen. In beiden Fällen standen da Schaulustige erstmal eher mäßig neugierig als wirklich begeistert. Aber irgendwie sprang der Funke dann doch über, als der 74-jährige Monarch sich zeigte.
„Ich möchte ihn sehen, weil es sein erster offizieller Auslandsbesuch als König ist“, sagte eine Britin am Hotel Adlon. „Ich bin kein großer Fan der Monarchie, aber das erscheint mir doch eine große Sache zu sein.“ Am Wittenbergplatz stand der 14-jährige Leo mit seiner Großmutter am Absperrgitter, als Charles in seinem Bentley heranrollte. „Schon cool“, sagte Leo. „Da erinnert man sich bestimmt lange dran.“ Und was ist das Besondere daran? „Dass man ihn wahrscheinlich nur dieses eine Mal sehen wird.“
Wirklich sehen konnten den König nur die, die vorab eine Sicherheitskontrolle über sich ergehen ließen und auf den Markt vordrangen. Dort bildete sich dann eine dichte Traube um den Monarchen. An einem Imkerstand bekam Charles ein Glas Honig geschenkt, und verschenkte kurioserweise selbst ebenfalls ein Glas Honig, so erzählte es der 43-jährige Händler anschließend. „Die Botschaft war schon ganz viele Wochen vorher hier und hat uns vorbereitet“, verriet er. Na gut, spontan ist anders.

Besuch von Charles und Camilla: Hunderte Polizisten im Einsatz
Für den Staatsbesuch von Charles und Camilla gelten hohe Sicherheitsbedingungen, da das britische Königspaar einen "sehr, sehr hohen Bekanntheitsgrad“ habe, was eine bestimmte Gefährdungsstufe bei der Polizei auslöse, so Berlins Polizeidirektor Thomas Drechsler. Für ihre Sicherheit der Royals sind Spezialeinheiten des deutschen Bundeskriminalamts und Leibwächter aus Großbritannien zuständig. Vergleichbar sei die Sicherheitsstufe wie bei Besuchen von Spitzenpolitikern, nicht aber vergleichbar mit einem Besuch des US-Präsidenten.
Rund 900 Polizisten waren zudem am Mittwoch für Absperrungen von Straßen und Plätzen im Einsatz. Am Donnerstag sind es etwa 1100. Unterstützt werden die Beamten dabei zusätzlich durch 20 Sprengstoff-Spürhunden aus anderen Bundesländern. Der Bereich rund um das Luxushotel Adlon am Brandenburger Tor, wo das Königspaar wohnt, wurde von der Polizei großräumig abgesperrt.
Sperrungen gibt es auch im weiteren Regierungsviertel bzw. an den Orten (Schloss Bellevue, Kanzleramt) wo Charles empfangen wird. Zudem kontrollierte die Polizei den Zugang zum Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor, wo 1500 Zuschauer erst nach Kontrollen eingelassen werden sollten.

Besuch im Ökodorf Brodowin
Für Charles‘ große Verbundenheit zum ökologischen Landbau schließlich stand der Programmpunkt Besuch im Ökodorf Brodowin in Brandenburg, wo sich der König unter anderem über die Fertigung einer bestimmten Käsesorte informieren wollte. Stunden vorher warteten auf einer Weide vor dem Hof rund 80 Menschen teils mit deutschen oder britischen Fähnchen. „Ich will den König sehen, das hat man ja nicht so oft, dass man den König leibhaftig sieht“, sagte zum Beispiel Udo Becker. „Für die ökologische Landwirtschaft ist er ja auch zu haben.“
Ein starkes Unwetter mit Blitz und Donner hat das strenge Protokoll des königlichen Besuchs im Ökodorf Brodowin in Brandenburg durcheinandergebracht. Eigentlich wollte König Charles III. hier am Donnerstag innerhalb weniger Minuten Käse machen, eine Begrüßungstorte anschneiden und Kälbchen streicheln. Unmittelbar nach dem Eintreffen des Monarchen zog jedoch ein schweres Unwetter über Brodowin.
Am Freitag (31.3.) folgt der Blick in die - dunkle - Vergangenheit. Charles und Camilla sowie die Gastgeber werden am Freitag zunächst mit dem ICE nach Hamburg fahren und dort das Denkmal „Kindertransport - der letzte Abschied“ besuchen. Die Bronzeplastik am Bahnhof Hamburg Dammtor erinnert an die Transporte deutscher, als jüdisch eingestufter Kinder in der NS-Zeit nach Großbritannien.

Anschließend ist ein Besuch an der Ruine von St. Nikolai geplant, wo Charles einen Kranz niederlegen will. Die St. Nikolaikirche wurde im Zweiten Weltkrieg im alliierten Bombenhagel weitgehend zerstört und ist heute Hamburgs zentrale Gedenkstätte für die Opfer des NS-Regimes.
Am Rathausmarkt werden auch die Bürger Hamburgs die Möglichkeit haben, das Königspaar einmal aus der Nähe zu betrachten. Im Rathaus wollen sich Charles und Camilla in das Goldene Buch eintragen. Als letzten Programmpunkt werden sie eine Hafenrundfahrt machen und die britische Botschaft in Hamburg besuchen.
Die allererste Auslandsreise sollte Charles eigentlich nach Frankreich führen, doch diese wurde wegen der Proteste gegen die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron verschoben. So ist Berlin die erste Station.
Bundespräsident Steinmeier wird, anders als bei anderen Staatsbesuchen, den König an allen drei Tagen begleiten. Dies sei auch ein Zeichen für die „Sympathie und persönliche Zuneigung“ zwischen beiden Staatsoberhäuptern, von der vorab im Schloss Bellevue die Rede war.
dpa/karie
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