Unter dem Tarnnamen „Donum“, lateinisch für „Spende“, sind in Nordrhein-Westfalen 250 Polizisten ausgerückt. Ihr Ziel am frühen Mittwochmorgen: Ein internationales Geldgeber-Netzwerk der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) trocken zu legen.
In 24 Objekten in 14 NRW-Städten wurde durchsucht, unter anderem in Bonn, Bielefeld, Dortmund, Essen, Mönchengladbach, Neuss und Wuppertal, berichtete NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) einige Stunden später in Düsseldorf.
Vier Verdächtige wurden im Kreis Heinsberg bei Aachen und im Rheinisch-Bergischen Kreis bei Bonn festgenommen. Gegen sie lagen Haftbefehle wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor.
Bundesweite Razzia gegen Islamisten: Zwei Ehepaare aus NRW festgenommen
Es handele sich bei den Festgenommenen um zwei Ehepaare, die in NRW bereits als islamistische Gefährder den Sicherheitsbehörden bekannt und als solche eingestuft waren. Drei von ihnen besitzen laut NRW-Innenminister die deutsche, eine die türkische Staatsbürgerschaft.
Sie sollen Spenden für den IS gesammelt und nach Syrien geschickt haben. Bei den Durchsuchungen seien Datenträger, Geld und eine verbotene IS-Flagge sichergestellt worden. „Nicht jeder, der zu Spenden aufruft, meint es gut. Und nicht jede Spende dient am Ende der guten Sache“, warnte Reul. Gelder aus Deutschland seien direkt in die Kassen des selbsternannten islamistischen Kalifats geflossen, das sich durch seine besondere Grausamkeit, willkürliche Folter und Hinrichtungen, hervortat.
Der Haftbefehl gegen eine der Festgenommenen aus NRW wurde am Mittwoch unter Auflagen außer Vollzug gesetzt, ein anderer bestätigt. Zwei weitere sollen an diesem Donnerstag dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt werden.

Bundesweite Razzia: Mehr als 1000 Polizisten im Einsatz
Die Maßnahmen in NRW waren Teil einer bundesweiten Razzia gegen Unterstützer der Terrorgruppe, an der mehr als 1000 Polizisten unter Federführung der Bundesanwaltschaft beteiligt waren. Insgesamt wurden mehr als 100 Objekte durchsucht, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte.
Seit 2020 hätten zwei Anhängerinnen des IS von Syrien aus über den Online-Dienst Telegram für Geldzahlungen geworben, teilte die Bundesanwaltschaft weiter mit. „In das Netzwerk eingebunden waren Finanzmittler, die Gelder sammelten und Konten oder digitale Spendenkassen zur Verfügung stellten.“
Das gesammelte Geld sei an IS-Mitglieder in Syrien oder an von dort benannte Mittelsleute transferiert worden - insgesamt mindestens 65.000 Euro. Die Zahlungen dienten den Angaben zufolge dazu, den IS zu stärken.
„Die Gelder wurden insbesondere zur Verbesserung der Versorgungslage von in den nordsyrischen Lagern Al-Hol und Roj inhaftierten Angehörigen der Vereinigung genutzt“, erläuterte die Bundesanwaltschaft. „Teilweise wurde den Inhaftierten mit den Geldern die Flucht oder Schleusung aus den Lagern ermöglicht.“ Die Kampagnen in sozialen Medien mit Titeln wie „Deine Schwester im Camp“ laufen nach dpa-Informationen schon seit einigen Jahren.
Der IS kontrollierte über Jahre große Gebiete im Bürgerkriegsland Syrien und im benachbarten Irak. Im Juni 2014 rief er das sogenannte Kalifat aus und reklamierte seinen Führungsanspruch im globalen Dschihad. Mittlerweile haben die Extremisten ihr Herrschaftsgebiet wieder verloren. IS-Zellen sind aber in beiden Ländern weiter aktiv.
Auch wenn die Zahl der Islamisten in NRW zuletzt um zwölf Prozent zurückgegangen und die Zahl der gewaltbereiten Islamisten von 780 auf 600 gesunken sei, gebe es keinen Anlass zur Entwarnung, sagte Reul.
dpa
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