Bundestag stimmt für Lieferungen von schweren Waffen an die Ukraine

Stimmen aus Ampel und Union

Zwei Monate hat es nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gedauert: Doch nun sind sich in Deutschland Koalition und größte Oppositionspartei über die Lieferung schwerer Waffen einig.

Berlin

28.04.2022, 11:07 Uhr / Lesedauer: 3 min
Der Bund hat für Waffenlieferungen an die Ukraine gestimmt.

Der Bund hat für Waffenlieferungen an die Ukraine gestimmt. © picture alliance/dpa

Deutschland wird die von Russland angegriffene Ukraine mit schweren Waffen unterstützen. Im Bundestag wurde an diesem Donnerstag ein entsprechender Antrag gemeinsam von der Ampel-Koalition und der oppositionellen Union beschlossen. Änderungen am Antrag von SPD, Grünen und FDP hatten dazu geführt, dass CDU und CSU bereit waren, ihren eigenen, weitergehenden Antrag zurückzuziehen.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz warnte denn auch vor einem Überbietungswettbewerb in der Frage. „Wir tun uns ja alle nicht leicht mit der Entscheidung, in die Ukraine auch schwere Waffen zur Unterstützung der ukrainischen Armee zu liefern“, hatte er am Mittwoch gesagt. Ihm sei es bei dem Kompromiss auch darum gegangen, „dass wir hier uns nicht gegenseitig überbieten in der Frage, welche Waffen geliefert werden sollen“. Es sei um die grundsätzliche Entscheidung gegangen, dass Deutschland die Ukraine so wie andere Länder Europas und die USA nach den Kräften, die man habe, bei der Selbstverteidigung unterstütze.

Klingbeil: Votum keine Abkehr von Prinzipien

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil sieht in der Entscheidung für die Lieferung auch schwerer Waffen an die Ukraine keine Abweichung von bisherigen Grundlinien der Politik der Bundesregierung, wie es immer wieder kritisiert wird. „Diese Bundesregierung hat mit einem Prinzip gebrochen, das seit Jahrzehnten in Deutschland galt“, sagte Klingbeil am Donnerstag im Bundestag. Dabei sei die Regierung „jeden Tag einen Schritt weiter gegangen“ in der Qualität und Quantität.

„Aber wir hatten auch hier Prinzipien und in dieser Kontinuität stehen auch die Entscheidungen der letzten Tage“, ergänzte Klingbeil. Dazu gehöre, sich mit internationalen Partnern abzustimmen, nicht die eigene Landes- und Bündnisverteidigung zu gefährden „und wir haben gesagt, dass wir selbst nicht zur Kriegspartei werden“, sagte Klingbeil.

Er wirft Oppositionsführer Merz parteipolitische Profilierung vor. Nachdem der CDU-Vorsitzende Kanzler Olaf Scholz (SPD) unter anderem Zögern, Zaudern und Ängstlichkeit bescheinigt hatte, konterte Klingbeil: „Das hätte heute eine staatspolitische Rede von Ihnen werden können. Es ist aber eine parteipolitische Rede geworden.“

Der SPD-Vorsitzende appellierte an die Union, sich bei der geplanten Grundgesetzänderung für das 100-Milliarden-Sondervermögen zur Aufrüstung der Bundeswehr nicht quer zu stellen.

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FDP-Fraktionschef Christian Dürr hat die Lieferung schwerer Waffen auch mit der Art der russischen Kriegsführung in dem Land begründet. „Es ist richtig, schwere Waffen in diese Lieferungen mit einzubeziehen. Russland hat die Ukraine überfallen mit einem Vielfachen an Militärgerät. Fünfmal so viele Panzer, dreimal so viele aktive Soldaten. Die Ukraine befindet sich in einem Krieg auf offenem Boden“, sagte Dürr im Bundestag. Es sei bereits zu sehen gewesen, was das bedeute. „Butscha ist kein Einzelfall. Jeder russische Vorstoß bedeutet, dass sich diese Verbrechen wiederholen“, sagte Dürr.

Linken-Fraktionschef warnt vor Atomkrieg

Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hat vor einem Atomkrieg als Folge von Waffenlieferungen an die Ukraine gewarnt. Bartsch erinnerte an die Aussage von Bundeskanzler Scholz, es dürfe keinen Atomkrieg geben. „Unter anderem mit der Angst vor einem Atomkrieg hat der Bundeskanzler die Lieferung schwerer Waffen ausgeschlossen, und zwar zu Recht“, sagte Bartsch. Dies erwarteten die Menschen von der Bundesregierung. „Das muss das oberste Ziel sein in dieser dramatischen Entwicklung.“

Doch jeden Tag gebe es bei Scholz und der Ampel eine Kehrtwende. „Es gibt einen fatalen Wettlauf: höher, schneller, weiter“, sagte Bartsch zum Thema Waffen. Er bezweifelte, dass mit der Lieferung schwerer Waffen der Krieg beendet werden könne. Viel zu wenig werde über diplomatische Bemühungen geredet.

Deutschland sollte wieder gute Beziehungen zu Russland pflegen

Die AfD hingegen glaubt, dass weitere Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine Deutschland in den Krieg hineinziehen könnten. „Heute bringen die Koalition und die Unionsfraktion einen gemeinsamen Antrag ein, der den Ukraine-Krieg verlängern wird und uns zur Kriegspartei in einem atomar geführten Krieg machen könnte“, sagte ihr Fraktionsvorsitzender Tino Chrupalla. Der Antrag lese sich wie „die Beitrittsbekundung zu einem Krieg“, kritisierte er.

Nach einigem Zögern und teils auch internationaler Kritik daran hatte die Regierung am Dienstag erstmals die Lieferung eines schweren Waffensystems angekündigt, des Flugabwehrpanzers Gepard.

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