Bundestag stimmt für Gabriels Ökostromreform

Heftige Kritik von Dortmunder MdB

Nach einem heftigen Schlagabtausch hat der Bundestag die umstrittene Ökostromreform der großen Koalition beschlossen. Sie soll die Kosten der Energiewende dämpfen. Doch nicht nur aus der Opposition gab es Kritik an dem Gesetz.

von Jan Falk

Berlin

, 27.06.2014, 12:01 Uhr / Lesedauer: 3 min
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD, M) hat die Reform des EEG doch noch durchgesetzt.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD, M) hat die Reform des EEG doch noch durchgesetzt.

Die Opposition warf Gabriel vor, mehr die Interessen der Wirtschaft als die der Verbraucher im Blick zu haben. "Eine Strompreisbremse für die Verbraucher wird es nicht geben, aber eine Strompreisbremse für die Industrie", meinte Linken-Fraktionsvize Caren Lay. Ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden zahlt über die Stromrechnung derzeit netto 218 Euro EEG-Umlage im Jahr. Die Grünen attackierten den SPD-Chef persönlich. «Sigmar Gabriel ist die Abrissbirne, die die erneuerbaren Energien in diesem Land kaputtmacht», sagte Fraktionsvize Oliver Krischer. Bei der Abstimmung gab es am Freitag 454 Ja-Stimmen bei 583 abgegeben Stimmen. Das entspricht einer Zustimmung von 77,9 Prozent. Gegen die Reform votierten 123 Parlamentierer, 6 enthielten sich.

Bei den Gegnern der Reform war auch der Dortmunder SPD-Abgeordnete Marco Bülow. "Ich kann dieser Reform des EEG nicht zustimmen", schrieb er in einer

. Er war damit der einzige SPD-Abgeordnete, der mit Nein zum Regierungsantrag votierte. Es drohe ein Ausbremsen der Dynamik bei den erneuerbaren Energien, so eine Begründung: "Ich befürchte, dass mit dieser EEG-Reform das Rad in die falsche Richtung gedreht wird." Die Reduktion des CO2-Ausstoßes, der für den Klimawandel verantwortlich ist, sei nicht mehr als Ziel der Reform erkennbar.

Gabriel verteidigte sich. Es sei Verleumdung, von einem Ausbremsen der Erneuerbaren zu sprechen. Der Bau neuer Windräder an Land von 2500 Megawatt pro Jahr bleibe ambitioniert. Die Kosten für mehr Stromerzeugung aus Wind, Sonne, Wasser, Biogas und Geothermie müssten aber sinken: "Wir haben drastische Fälle von Überförderung." Am 11. Juli wird der Bundesrat die Reform beraten - die Länder, die zuvor wesentliche Änderungen durchgesetzt hatten, wollen sie aber nicht blockieren. Ob das zentrale schwarz-rote Regierungsprojekt wie geplant am 1. August in Kraft treten kann, ist aber noch unsicher. Die EU-Kommission kritisiert, dass ausländische Stromanbieter beim deutschen Fördersystem benachteiligt werden könnten.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)

Das EEG fördert seit 14 Jahren klimafreundliche Stromerzeugung aus Sonne, Wind, Wasser und Biogas. Die jährlichen Kosten von mehr als 20 Milliarden Euro werden auf den Strompreis umgelegt.

Ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden zahlt derzeit netto 218 Euro EEG-Umlage im Jahr. Betreiber von Wind-, Solar- und Biogasanlagen erhielten auf 20 Jahre garantierte Vergütungen.

Es gibt bereits mehr als 4000 EEG-Vergütungssätze - immer wieder wurden die Förderung gekürzt oder Boni verändert. Den zum Anschlussdatum gültigen Fördersatz gibt es auf 20 Jahre garantiert. Die Reform soll die Abkehr von garantierten Zahlungen einleiten. So soll die Vergütung für neue Anlagen im Schnitt auf 12 Cent je Kilowattstunde sinken. Von 25 Prozent der Stromerzeugung soll der Ökostromanteil günstiger als bisher auf 40 bis 45 Prozent bis 2025 und bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent steigen. Ab 2017 soll es Ausschreibungsmodelle geben - den Zuschlag für einen Windpark könnte dann das günstigste Angebot bekommen.

Es soll einen jährlichen Zubau von 2500 Megawatt (MW) geben, die Anfangsvergütung nur noch 8,9 Cent je Kilowattstunde betragen. Förderkürzungen gelten für alle Anlagen, die nach dem 23. Januar genehmigt wurden. Wird der Korridor überschritten, gibt es für alle mehr gebauten Windräder automatisch weniger Geld. Der Austausch alter durch leistungsstärkere Anlagen an bestehenden Standorten (Repowering) wird nicht in den 2500-Megawatt-Deckel einbezogen.

Die Bundesländer sollen bis Ende 2015 die Möglichkeit bekommen, Mindestabstände zwischen Windrad und einer Wohnbebauung festzulegen. Bayern schwebt das Zehnfache der Windradhöhe vor - das kann im Endeffekt bis zu zwei Kilometer Abstand bedeuten.

Hier soll es zwar eine hohe Anfangsvergütung von rund 18 Cent je Kilowattstunde geben, aber die Ziele werden gekürzt. Statt 10 000 Megawatt sollen nur noch 6500 Megawatt bis 2020 installiert werden und 15 000 Megawatt bis zum Jahr 2030.

Auch wegen der Zunahme von Maisanbauflächen soll der Zubau auf nur noch 100 Megawatt pro Jahr gedeckelt werden. Neue Anlagen sollen mit Abfall- und Reststoffen gefüttert werden.

Die Kosten für die Bürger steigen auch, weil in Zeiten hoher Preise viele Unternehmen Strom selbst erzeugen und verbrauchen. Damit sind sie von EEG-Umlage und Netzentgelten befreit. Um diese Schieflage und entsprechende Strompreisbelastungen zu mindern, sollen neue Eigenstromversorger eine Mindestabgabe, eine Art „Energie-Soli“ zahlen: Zunächst von August an 30 Prozent, ab 2017 dann dauerhaft 40 Prozent der regulären EEG-Umlage von 6,24 Cent je Kilowattstunde. Das wären 2,5 Cent je selbst verbrauchter Kilowattstunde. Ausgenommen bleiben aber kleine Solaranlagen bis 10 Kilowatt auf dem Hausdach.

Sie belasten ebenfalls die EEG-Umlage und damit die Strompreise. Das System wird nach zähen Verhandlungen mit der EU-Kommission umgestellt. Knapp 1700 Firmen könnten noch Rabatte bekommen, das Volumen soll unverändert bei rund fünf Milliarden Euro liegen.

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