Bürgermeister-Wahl: Gleich zwölf Bewerber

Vom Staatsfeind zum Kandidaten

Egal ob Punk-Sänger oder Staatsfeind des Iran – in kaum einer anderen Kommune Nordrhein-Westfalens stehen am 13. September so viele verschiedene Kandidaten zur Oberbürgermeister-Wahl wie in Bochum. In der Ruhrgebietsstadt streben gleich elf Männer und eine Frau nach dem Amt.

BOCHUM

, 08.09.2015, 11:33 Uhr / Lesedauer: 2 min
Wolfgang Wendland will in Bochum in eine neue Richtung lenken.

Wolfgang Wendland will in Bochum in eine neue Richtung lenken.

Alternativlos ist wohl das Wort, das die Bürgermeisterwahl mancherorts bestens beschreibt. So wie etwa in Unna, wo der regierende Bürgermeister Werner Kolter der einzige Kandidat für das Amt ist. Vollkommen anders hingegen die Situation ein paar Kilometer weiter westlich. Gleich zwölf Kandidaten wollen am 13. September in Bochum die Nachfolge von Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) antreten.

Das Bewerberfeld ist dabei tief gespalten. Während auf der einen Seite die Kandidaten der etablierten Parteien von der SPD über die CDU bis hin zu den Grünen stehen, finden sich auf der anderen Seite die Außenseiter, die den Bochumer Politikbetrieb so richtig aufmischen wollen. Wie etwa der besser unser seinem Spitznamen „Wölfi“ bekannt ist.

Keine Spaß-Kandidatur

Wendland ist Sänger der Wattenscheider Punk-Band „Die Kassierer“, singt unter anderem über Sex mit Sozialarbeitern und zieht sich auf der Bühne gerne mal komplett nackt aus. Trotzdem kandidiert er nicht bloß zum Spaß. Die Zeiten, in denen er mit der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands Bundeskanzler werden wollte, sind vorbei. Jahrelang saß er für die Linke, mit der er sich inzwischen überworfen hat, in der Bezirksvertretung Wattenscheid und machte seriöse Politik.

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Ebenfalls ein Kenner der Bochumer Lokalpolitik ist Omid Pouryousefi. Der gebürtige Iraner initiierte im Kulturhauptstadtjahr das Jugendprojekt „X-Vision Ruhr“. Durch sein politisches Engagement in seinem Heimatland Iran schaffte es Pouryousefi, zum Staatsfeind des Landes erklärt zu werden. Er war bis April 2015 Mitglied in der SPD, brach jedoch mit der Partei aus Unzufriedenheit über deren Spitzenkandidaten für Bochum, Thomas Eiskirch. Stattdessen ließ er sich selbst aufstellen. Unterstützt wird Pouryousefi von der Fraktion der lokalen Wählerinitiative „Stadtgestalter“ und der FDP.

Ohne politische Erfahrung

Doch nicht jeder der Außenseiter verfügt bereits über politische Erfahrung. Franz-Josef Erdmann beispielsweise war in der Kommunalpolitik bisher nicht aktiv – und hat sich dennoch zur OB-Wahl aufstellen lassen. Der ehemalige Postbeamte, der jetzt ehrenamtlich für das Deutsche Rote Kreuz aktiv ist, will den Bürgern, die nach seiner Aussage unzufrieden mit der aktuellen Kommunalpolitik sind, mit seiner Kandidatur zeigen, dass sie selbst in der Lage sind, die Situation in ihrer Heimatstadt Bochum zu verbessern.

Wegen des hohen Bewerberaufkommens rechnet man seitens der Stadt nicht mit einer eindeutigen Entscheidung im ersten Wahlgang. „Wir gehen fest von einer Stichwahl aus“, sagt Stephan Heimrath vom Büro für Angelegenheiten des Rates der Stadt Bochum. Die wäre dann am Sonntag, 27. September. 

In 168 NRW-Kommunen werden am 13. September neue Bürgermeister gewählt. Bochum ist nicht die einzige Stadt mit vielen Bewerbern. So treten in Essen elf Kandidaten an. Auch andere Städte können mit ungewöhnlichen Kandidaten aufwarten. So möchte in Köln Deutschlands berühmtester Pathologe, Dr. Mark Benecke, Oberbürgermeister werden. Er ist Spitzenkandidat der „Partei“, die vom Satire-Magazin „Titanic“ gegründet wurde und bereits in einigen Gemeinderäten und im Europaparlament vertreten ist.