Brief an Cam Dedman

Du hast es geschafft, Dich mit einem unbezahlbaren Geschenk zu bedanken - Hermann Beckfeld schreibt in dieser Woche an einen dankbaren Enkel.

10.02.2018, 06:27 Uhr / Lesedauer: 2 min
Brief an Cam Dedman

Lieber Cam,

manchmal, da weiß ich nicht, was schöner ist: beschenkt zu werden oder selbst zu schenken. Auf dem Video im Internet seht Ihr beide glücklich aus: Dein Großvater, der ungläubig auf seinen heißgeliebten restaurierten Wagen schaut; und Du, der ihm gerade in Eurer Heimatstadt Louisville, Kentucky, zum 81. Geburtstag das schönste Geschenk seines Lebens gemacht hast.

In der Garage vergammelt

Jahrelang hast Du heimlich an Opas Chevy Bel Air gearbeitet, der seit 1976 in der Garage stand und vergammelte. Nun kam dieser magische Moment, der die ganze Welt rührte. Auf einem Parkplatz führst Du Deinen Großvater mit verbundenen Augen zu dem Oldtimer, Baujahr 1957. Als Du ihm die Augenbinde abnimmst, kann Fred Lamar kaum glauben, was er sieht.

Geschüttelt von Gefühlen, schafft er es kaum, sich auf den Beinen zu halten, sucht bei Dir Halt, fällt in Deine Arme. Mit zitternden Händen wischt er sich die Tränen aus dem Gesicht, will sich bei Dir bedanken, aber vor Aufregung, vor Rührung fehlen ihm die Worte; er kann nur stammeln, den Kopf schütteln, sein Glück nicht fassen.

Viel Maloche und Liebe zum Detail

Ich habe Vorher-nachher-Bilder gesehen und kann nur erahnen, wie viel Zeit, wie viel Maloche und wie viel Liebe zum Detail Du in das Geschenk gesteckt hast. Das alte Foto zeigt Schrott auf vier Rädern. Dach und Seitenteile sind verrostet und verbeult, die Motorhaube fehlt. Ein Vordersitz ist rausgerissen, aus dem Polster der Rückbank quillt die Füllung. Jetzt steht Dein Opa vor einem dunkelvioletten Schmuckstück mit weißen Heckflügeln. Chrom und Lack glänzen wie vor mehr als einem halben Jahrhundert. Jede Kleinigkeit, die Scheinwerfer, die Leiste mit dem Chevrolet-Logo, den Spoiler und die Radkappen, hast Du gekauft, nachgebaut, poliert. Nostalgie pur auch im Innenraum; mit dem Steuerrad, dem alten Cockpit und den Originalsitzen in einem hellen Violett.

Zugehört und Geld gespart

Irgendwann wurde Deinem Opa bewusst, warum Du ihn immer und immer wieder in den vergangenen Jahren gefragt hast, welche Reifen er sich denn wünschen, in welcher Farbe er den Chevy lackieren würde, wenn er könnte. Du hast genau zugehört, hast angefangen zu sparen und Dein Auto verkauft, um aus dem Wrack ein Sammlerstück zu machen.

Mir gefällt, dass Deine Familie für die Geschenkübergabe – anders als andere, die emotionale Momente verkaufen – keinen Profifilmer informiert hat, um aller Welt zu beweisen, was Du für ein guter Kerl bist. Das Video, teilweise verwackelt, zuweilen aus schlechter Perspektive mit einem Smartphone gemacht, wurde trotzdem im weltweiten Netz millionenfach geklickt, kommentiert. Der Film brannte sich in unsere Herzen, das Geschenk brachte nicht nur Deinen Opa zum Weinen.

Lieber Cam,

Du bist 28, hast wie jeder junge Mensch Träume. Nach den vielen begeisterten Reaktionen möchtest Du eine eigene Autowerkstatt eröffnen, Oldtimer restaurieren. Ich bin sicher, Du schaffst das. So, wie Du es geschafft hast, Dich bei „Deinem besten Freund“, der sich immer um Dich gekümmert hat, sein Leben lang für Dich da war, mit einem unbezahlbaren Geschenk zu bedanken. Du hast Liebe verschenkt.

Mit besten Grüßen

Hermann Beckfeld