BP plant Recycling-Anlage direkt vor Polsum - In Marl gibt es Bedenken
Dorferweiterung nicht mehr möglich?
In Marl stößt der geplante Bau einer Recycling-Anlage auf dem BP-Gelände in Gelsenkirchen-Scholven auf große Skepsis. Polsum ist direkt betroffen. Die Erweiterung des Dorfes würde begrenzt.
Das Unternehmen BP plant an seinem Raffineriestandort vor den Toren Marls eine Anlage für Kunststoff-Recycling mit einer Jahreskapazität von 800.000 Tonnen. Der Kunststoff-Abfall wird im Pyrolyse-Verfahren recycelt - chemische Verbindungen werden unter Hitzeeinwirkung gespalten. Das dabei entstehende Pyrolyse-Öl könne künftig einen Teil des eingesetzten Erdöls ersetzen, so das Unternehmen BP, das sich damit auf dem Weg zur Klimaneutralität spätestens bis zum Jahr 2050 sieht. Die Pyrolyse-Recycling-Anlage soll auf dem Gelände der geplanten Norderweiterung gebaut werden.
Stellungnahme der Stadt erbeten
Der Rat der Stadt Gelsenkirchen hat die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen und die Stadt Marl um Stellungnahme gebeten. Aus Marler Sicht bestehen erhebliche Bedenken, so die städtische Baudezernentin Andrea Baudek im Umwelt- und Nachhaltigkeitsausschuss.
Durch die Norderweiterung der Scholven-Raffinerie werde zum Beispiel möglicherweise verhindert, dass neue Siedlungsbereiche am Rand von Polsum erschlossen werden können. „Bei Verwirklichung der Planung rückt das Industriegebiet Scholven näher an den Siedlungskörper der Stadt Marl heran, im Gegenzug ist dann ... gegebenenfalls eine Erweiterung des Siedlungskörpers der Stadt Marl in Richtung des Industriegebietes nicht mehr oder nur erschwert möglich“, so die Berichtsvorlage der Marler Verwaltung für den Stadtrat.

Die Raffinerie in Scholven. © Archiv
BP gab selbst eine Interessenanalyse zur Erweiterung in Scholven in Auftrag. Dafür hat das Kommunikationsbüro IKU - Die Dialoggestalter aus Dortmund unter anderem Bürgermeister Werner Arndt, Baudezernentin Andrea Baudek und Marlerinnen und Marler außerhalb der Stadtverwaltung befragt. Die Kommunikationsexperten kommen zu dem Schluss: „Die Menschen wollen wissen, was auf sie zukommt.“
Aber die Analyse stellt auch fest: „Der Nutzen des Projekts für bp und die Region wird verstanden.“ Einige Teilnehmer der Befragung stellten den Zusammenhang her, dass die Raffinerie Scholven nicht für sich allein, sondern im Rohrstoffverbund mit dem Chemiepark Marl zu sehen sei. Die Sicherung von Arbeitsplätzen wurde positiv bewertet.
Die Analyse beschreibt die Herausforderungen beim Betrieb der Pyrolyseanlage. Aufgelistet sind unter anderem die Verkehrsbelastung durch Lkw, Geruchsbelastung durch die Zwischenlagerung von verschmutzten Kunststoffabfällen auf dem Werksgelände und aus dem Betrieb der Anlage, Emissionen durch potenziell entstehende Brände von zwischengelagerten Kunststoffabfällen, möglicher Insektenbefall durch verschmutzte Kunststoffabfälle und mehr.
Ein zweites Alba sei nicht zu befürchten
Vieles davon klingt in Marl bekannt. Es sei jedoch kein zweites Alba zu befürchten, hieß es nun im Umwelt-und Nachhaltigkeitsausschuss der Stadt. Die seit 2018 inzwischen unter dem neuen Namen Interzero betriebene Sortieranlage im Chemiepark hat über lange Zeit mit erheblichen Geruchsbelästigungen, Bränden und Fliegenplage für großen Ärger in den angrenzenden Stadtteilen in Marl gesorgt.
Die Stadt Marl beabsichtigt, die bisher vorliegenden Planungsunterlagen durch externe Gutachter prüfen zu lassen. Zum derzeitigen Stand sei es noch nicht möglich, die genaue Ausrichtung der Planung der Stadt Gelsenkirchen zu erkennen, so heißt es in der Berichtsvorlage für den Marler Rat. In der kommenden Woche wird sich auch der Stadtplanungsausschuss der Stadt mit dem Thema Norderweiterung Scholven beschäftigen.