„Billy Budd“ Musiktheater im Revier gelingt eine atmosphärisch dichte Umsetzung

„Billy Budd“: Musiktheater im Revier gelingt eine atmosphärisch dichte Umsetzung
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Endlich geht am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen der Zyklus mit Opern von Benjamin Britten weiter, den Hausherr Michael Schulz dort 2009 von Elisabeth Stöppler mit „Peter Grimes“ erfolgreich beginnen ließ und 2014 mit „Albert Herring“ selbst fortgesetzt hat.

Am Samstag kam unter seiner Regie die seltener gespielte Matrosenoper „Billy Budd“ heraus und wurde vom Publikum stürmisch gefeiert.

Reines Männerstück

Das 1951 in London uraufgeführte Werk spielt 1797 auf einem englischen Kriegsschiff, das gegen die Franzosen im Einsatz ist.

Entsprechend gibt es auch nur Männerstimmen unter den Solisten und im Chor. Und: Es ist eine düstere Welt, geprägt von Demütigungen und strengen Hierarchien.

Intrigen des Waffenmeisters

Billy Budd, der zwangsrekrutierte, doch unbekümmert-fröhliche neue Bootsmann, ist da wie eine Lichtgestalt, von der selbst Kapitän Vere beeindruckt ist.

Aber natürlich hat er einen finsteren Gegenspieler, dem das nicht passt: Waffenmeister Claggart intrigiert, um ihn zu vernichten.

Rächer Claggart (Michael Tews), begleitet von Arawn, seinem schwarzen Vogel
Rächer Claggart (Michael Tews), begleitet von Arawn, seinem schwarzen Vogel © Forster

Michael Schulz setzt die Oper atmosphärisch dicht in Szene. Auf der dunklen Bühne von Dirk Becker wechselt die Szenerie fließend zwischen Ober- und Unterdeck, fahrbare Podesttreppen schaffen die Illusion eines schwankenden Schiffs. Von den Seiten wird Nebel hereingeblasen.

Was Schulz neu einführt, sind drei allegorische Gestalten, welche die drei Hauptpersonen an entscheidenden Stellen begleiten.

Er macht Notizen auf den Armen

Bei Billy ist das Doom (Schicksal), ein schöner Jüngling mit nacktem Oberkörper im langen Rock – eine leise homoerotische Anspielung. Der immer wieder in Klassikern lesende Kapitän kriegt Shrift (Beichte) zur Seite gestellt, auf dessen Armen er seine Notizen macht.

Für Claggart hat Schulz Arawn ausgewählt, einen düsteren Herrscher der walisischen Mythologie, hier ein großer schwarzer Vogel. So wird die Oper geistreich und wirkungsvoll um eine mystische Dimension erweitert

Starker Chor

Rasmus Baumann am Pult der Neuen Philharmonie Westfalen sorgt für eine packende und differenzierte Umsetzung der suggestiven Britten-Partitur. Bariton Dominik Köninger als Gast verleiht Billy Budd musikalische Statur.

Michael Tews ist als mephistohafter Claggart stimmlich und schauspielerisch eine Wucht. Martin Homrich allerdings ist mit seiner soften, vibratoreichen Stimme ziemlich gewöhnungsbedürftig für einen Kriegsschiffkapitän.

Die vielen kleineren Rollen sind exzellent besetzt. Der um einen Projektchor erweiterte, ebenso stimmgewaltige wie präzise Herrenchor macht das Opernglück vollkommen.

Termine: 2. / 15. 4., 13. / 20. 5., 3. / 22. 6.; Karten: Tel. (0209) 409 72 00.

www.musiktheater-im-revier.de

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