Bei Grund- und Gewerbesteuern gibt es massive Unterschiede zwischen den Städten der Region

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Bei Grund- und Gewerbesteuern gibt es massive Unterschiede zwischen den Städten der Region

rnSteuern im Vergleich

Bei Grund- und Gewerbesteuern werden die Menschen in der Region von den Städten und Gemeinden höchst unterschiedlich zur Kasse gebeten. Wir haben die Zahlen verglichen.

Dortmund

, 09.05.2019, 11:56 Uhr / Lesedauer: 2 min

Grund- und Gewerbesteuern erhebt jede Gemeinde. Da muss manch einer das Doppelte dessen bezahlen, was er in einer Nachbarstadt berappen müsste, denn: Die Höhe dieser Steuern legt jede Kommune über den sogenannten Hebesatz selbst fest. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten.

? Was ist das, die Grundsteuer?

Es gibt zwei Arten. Die Grundsteuer A gilt für landwirtschaftliche Flächen, die Grundsteuer B für andere Grundstücke und Gebäude. Vor der Grundsteuer B kann sich niemand drücken. Entweder muss er sie selbst fürs Eigenheim überweisen. Oder der Hauseigentümer holt sich die von ihm gezahlte Grundsteuer vom Mieter über die Nebenkosten wieder. Hier gibt es gravierende Unterschiede. In Düsseldorf liegt der Hebesatz der Grundsteuer B bei 440, in Dortmund bei 610 und in Witten bei 910 Prozent.

? Welche Bedeutung haben diese Steuern?

Grund- und Gewerbesteuern sind eine zentrale Einnahmequelle der Gemeinden. Kommunen können zwar noch andere Steuern erheben wie Hunde- oder Vergnügungssteuer, müssen es aber nicht. Grund- und Gewerbesteuern müssen sie erheben.

? Warum nimmt die eine Stadt doppelt so viele wie die andere – um ihre Bürger zu ärgern?

Nein, sicherlich nicht. Entscheidend ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Gemeinde. Die NRW-Gemeindeordnung schreibt vor, dass sich die Gemeinden die „zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel“ auch über Steuern beschaffen müssen, sofern andere Mittel nicht ausreichen. Gemeinden dürfen zwar die Leistungsfähigkeit ihrer Bürger nicht überstrapazieren, andererseits dürfen sie aber auch keine Kredite aufnehmen, wenn sie ihre eigenen Einnahmemöglichkeiten nicht ausgeschöpft haben.

? Welche Folgen hat das?

Grob gesagt müssen arme Gemeinden höhere Steuersätze nehmen als reiche. Das führe, so sagt Martin Lehrer für den Städte- und Gemeindebund NRW auf Anfrage, zu einem „Auseinanderdriften von armen und reichen Kommunen“. Schlechter gestellte Kommunen könnten sich so auf Dauer „kaum mehr aus eigener Kraft aus dieser Abwärtsspirale von schlechter Infrastruktur, höheren Steuern und sinkender Attraktivität befreien“, sagt Lehrer. Das sieht auch Markus Berkenkopf vom Bund der Steuerzahler NRW so: Gemeinden mit einer ärmeren Bevölkerungsstruktur und daher geringeren Anteilen an Einkommens- und Umsatzsteuern seien gezwungen, höhere Grund- und Gewerbesteuern zu nehmen. Berkenkopf: „Das ist ein sich selbst verstärkender Kreislauf.“ Das gelte auch für Gewerbesteuern: Ärmere Kommunen müssten höhere Steuersätze nehmen, was sie für Neuansiedlungen noch unattraktiver mache.

? Was wäre die Lösung?

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, sagt: „Höhere Hebesätze können die Finanzprobleme von Kommunen lindern, aber nicht lösen. Deshalb brauchen wir mehr gezielte Hilfen für strukturschwache Städte.“ Besonders der Bund könne den Kommunen helfen, indem er sie dauerhaft bei den Sozialausgaben entlaste, vor allem bei Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose. „Das würde Kommunen die Chance eröffnen, ihre Altschulden zu verringern.“

? Was sagen die Hauseigentümer?

Michael Mönig, Hauptgeschäftsführer von Haus und Grund NRW, erkennt auch den oben beschriebenen Teufelskreis. Er plädiert dafür, kommunale Ausgaben „konsequent zu durchforsten und unnötige Ausgaben zu streichen“, sagt aber auch: „Den Satz ,Wer arm ist, muss mehr zahlen, wer reich ist, weniger‘, würden wir in der Form nicht ziehen.“

? Was hat es mit dem sogenannten „fiktiven Hebesatz“ auf sich?

Es handelt sich um einen vom Land festgelegten Richtwert. Gemeinden dürfen den fiktiven Hebesatz überschreiten. Wenn sie aber weniger nehmen, müssen sie mit Kürzungen der Schlüsselzuweisungen vom Land rechnen. In NRW liegt der fiktive Hebesatz bei der Grundsteuer B derzeit bei 443 Prozent, bei der Gewerbesteuer bei 418 Prozent.