Bauer sucht Frau

"Die verkaufte Braut" in Münster

Manchmal ist auch in der Oper das Orchester der Star. Das traf auf die Premiere von Bedrich Smetanas Oper „Die verkaufte Braut“ am Samstag in Münsters Großem Haus zu. Während Dirigent Stefan Veselka mit dem erstklassig aufgelegten Sinfonieorchester alle Herrlichkeiten dieser Partitur sprudeln ließ, waren auf der Bühne Licht und Schatten gleichmäßig verteilt.

Münster

, 02.11.2014, 13:14 Uhr / Lesedauer: 2 min
Marie (Sara Rossi Daldoss) legt den armen Wenzel (Boris Leisenheimer) böse rein. Aber ihre Überheblichkeit wird ihr noch leidtun.

Marie (Sara Rossi Daldoss) legt den armen Wenzel (Boris Leisenheimer) böse rein. Aber ihre Überheblichkeit wird ihr noch leidtun.

Die dubiose Heiratsvermittlung nimmt schon der Operntext von 1866 nicht ganz ernst, und heute kann man noch weniger damit anfangen. Aber Yona Kim hat genau auf die Musik gelauscht und findet einen Ausweg, um das Stück im Jetzt spielen zu lassen. Sie wertet den „dummen“ Wenzel auf und bringt ein echtes Liebes-Dreieck auf die Bühne. Tenor Boris Leisenheimer ist als Wenzel der überragende Singdarsteller des Abends. Stotternd und bieder trottet er herein wie ein besonders hoffnungsloser Kandidat von „Bauer sucht Frau“. Aber dabei bleibt es nicht. Die Begegnung mit einer fahrenden Zirkustruppe (und der schönen Tänzerin Esmeralda, die ihn schon von Anfang an aus dem Bühnenhintergrund anschmachtet) verwandelt ihn nicht – wie im Originaltext – in einen albernen Bären-Darsteller. Er wird zu einer Figur der Commedia dell’arte, zu einer Art Papageno, der die kreatürliche Liebe verkörpert. Als Marie am Ende doch ihren geschäftstüchtigen Hans bekommen soll, ist sie sich nicht mehr sicher und das Happy-End fällt aus. Bedenkt man, wie schön die Wenzel-Musik ist (er und Marie singen das prächtigste Duett), ist das eine plausible Lösung.

Ebenfalls plausibel, aber auch ziemlich hässlich ist die Ausstattung von Kristopher Kempf und Hugo Holger Schneider. Die Handlung spielt in einer schäbigen Industriehalle, in der sich nun eine Art spießiger Schrebergarten-Verein eingenistet hat und die Goldene Hochzeit zweier Mitglieder feiert. Im Hintergrund prangt ein Münster-Panorama, warum der Chor trotzdem in Trachten herumsteht, bleibt unklar. Die Kleinbürger-Tristesse unterstützt die Inszenierung. Doch spätestens wenn eisige Neonröhren von der Decke schweben, hat die Optik nichts mehr mit dem Kolorit der Musik zu tun. Witz, Charme, auch das Spektakel der stark reduzierten Zirkusszene bleiben auf der Strecke. Musikalisch klappte der Abend am Samstag ohne große Pannen, die traumhafte Präzision des Orchesters war bei den Sängern aber noch nicht erreicht. Der von Inna Batyuk einstudierte Chor klang toll, war aber nicht immer ganz mit Dirigent Veselka zusammen. Bei den Solisten gab es in Parlando- und Rezitativ-Passagen viele Ungenauigkeiten und eine Neigung zum Chargieren – was auch daran liegen mag, dass die deutsche Übersetzung schlecht auf dem Rhythmus sitzt.

Sara Rossi Daldoss spielt eine aufregende, selbstbewusste Marie. Stimmlich war sie am Samstag nicht in Bestform – die Höhe klang im Forte scharf, im Piano gefährdet. Das Legato in der Mittellage war schön wie immer. Auch ihr Hans, Gast-Tenor Daniel Ohlmann, hatte mehr Schmelz in der Mitte als auf den Spitzentönen. Gregor Dalal sang hingegen als Heiratsvermittler eine seiner besten Münster-Premieren und konnte das Volumen seiner Stimme prächtig ausspielen. Große Klasse auch das Quartett der kuppelnden (Schwieger-)Eltern: Plamen Hidjov, Lisa Wedekind, Suzanne McLeod und Lukas Schmid mischten ihre Timbres wie Nektar und Ambrosia. Insgesamt ist diese „Verkaufte Braut“ kein ganz großer Wurf, aber doch eine gute Gelegenheit, diese wunderschöne, trotz ihres geflügelten Titels in unseren Breiten gar nicht so bekannte Oper kennenzulernen.

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