Bahn verliert Auftrag für S-Bahn-Betrieb im VRR
Eurobahn und Abellio übernehmen
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr trennt sich immer weiter von der Deutschen Bahn als Betriebspartner. Nach mehreren Regional-Express-Linien hat der Staatskonzern jetzt auch die Ausschreibung der aktuell ausgeschriebenen S-Bahn-Linien verloren. Zwei private Anbieter springen ein und es gibt teils WLAN in den Bahnen.
Laut Mitteilung des VRR hat der Vergabeausschuss beschlossen, die Betriebsleistungen der S-Bahn-Linien an Rhein und Ruhr ab Dezember 2019 durch Keolis mit der Marke Eurobahn sowie durch Abellio durchführen zu lassen. Eurobahn/Keolis soll dann die Linien S1 von Dortmund über Bochum nach Solingen und die S4 von Dortmund nach Unna mit insgesamt 4,8 Millionen Zugkilometern betreiben.
Abellio hat den Zuschlag für die Strecken S2 von Dortmund nach Recklinghausen, S3 von Oberhausen nach Hattingen und S9 von Haltern über Bottrop und Essen nach Wuppertal. Auch die Linien RB40 von Essen über Bochum und Witten nach Hagen und RB41 von Hamm nach Dortmund werden von Abellio betrieben, die damit den Zuschlag über mehr als 7 Millionen Streckenkilometer bekommen haben. Abellio betreibt bereits seit Ende 2013 die S7 von Solingen nach Wuppertal.
Die Bahn behält nach wie vor die Linien S5 von Dortmund nach Hagen, S6 von Essen nach Köln und die S8 von Hagen nach Mönchengladbach. Die Verträge dafür laufen noch bis 2023.
Der bisherige Betreiber DB-Regio erklärte im Gespräch mit dieser Redaktion: "Das war ein herber Schlag für uns. Vor allem auch nach dem Verlust des RRX. Als die Entscheidung kam, war ich sehr betroffen, denn wir alle haben damit gerechnet, eines der Lose zu gewinnen", so Heinrich Brüggemann, Chef der Bahntochter DB-Regio. Man habe so knapp kalkuliert wie bei keinem Angebot an den VRR zuvor. Brüggemann behielt sich vor, die Entscheidung anzufechten. Viel Zeit für eine Entscheidung bleibt ihm nicht.
Verträge gelten 15 Jahre
Die Verbandsversammlung des Nahverkehrs Westfalen Lippe muss dem Deal noch zustimmen. Denn besteht noch eine zehntägige Einspruchsfrist. „Erneut haben sich im Wettbewerbsverfahren erfreulicherweise Anbieter mit wirtschaftlichen und verlässlichen Angeboten durchgesetzt", so VRR-Vorstandssprecher Martin Husmann laut Mitteilung in Gelsenkirchen. Die Verträge sollen 12 beziehungsweise 15 Jahre gelten.
"Wir begrüßen es, dass der VRR eine Moderatorenrolle einnehmen will, wenn es um eine mögliche Übernahme unserer Mitarbeiter durch den Wettbewerber geht. Wir gehen davon aus, dass wir uns zeitnah gemeinsam an einen Tisch setzen", betont Husmann. Ein Twitter-Nutzer scheint das aber nicht zu überzeugen.
Da hat der #VRR es endlich geschafft. Die DB ist raus aus NRW und ich und viele Kollegen dürfen jetzt um Jobs bangen. Danke
— Martin (@moertinator)
Auf den Linien S1 und S4 kommen ab Dezember laut VRR Züge vom Typ ET 422 zum Einsatz - es ändert sich also nicht viel. Denn der VRR hat bereits Ende des vergangenen Jahres die Entscheidung getroffen, 48 Fahrzeuge von der DB Regio AG zu kaufen, die derzeit auf den heutigen S-Bahn-Linien verkehren und sich in der Praxis bewährt haben.
S-Bahn mit WLAN und Steckdose
Neue Züge soll es laut VRR auf den Linien S2, S3, S9, S28, RB3, RB 40 und RB 41 geben. Dabe handelt es sich um Fahrzeuge des Unternehmens Stadler Pankow GmbH. Die Firma wird demnach die speziell bestellten Züge mit dem Namen "Flirt3XL" konstruieren, produzieren und sie über den gesamten Lebenszyklus von mindestens 30 Jahren warten. Sie haben je nach Linie 180 oder knapp 300 Sitzplätze und sind barrierefrei. Sie Verfügen der Mitteilung zufolge über Steckdosen zum Aufladen von Smartphones, Tablets oder Rechnern. Zudem verfügen die Fahrzeuge künftig über einen kostenlosen WLAN Zugang sowie über Vorrichtungen, die den Mobilfunkempfang verbessern.
Neue Taktung ab Dezember 2019
"Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 werden sowohl die Gebrauchtfahrzeuge auf den Linien S1 und S4 als auch die Neufahrzeuge in einem weitgehend unternehmensneutralen, eigens entwickelten Design zum Einsatz kommen", heißt es in einer Mitteilung des VRR. Die Farben: grün und weiß - wie der VRR. Parallel dazu wird der bisherige Takt auf einen "stärker nachfrageorientierten" 15/30-Minuten-Takt umgestellt. Dies stößt bei den angeschlossenen Verkehrsbetrieben in den Städten aber nicht nur auf Zustimmung, denn auch sie müssen dann wohl ihre Fahrpläne für Busse und U-Bahnen an die neue Taktung anpassen.
Die Deutsche Bahn hat bereits im vergangenen Jahr einen großen Auftrag an die Konkurrenz verloren: Von 2018 an sollen fünf stark genutzte Regionallinien zwischen Aachen, Köln und dem Ruhrgebiet von dem britischen Privat-Bahnunternehmen National Express und Abellio Rail NRW, einer Tochter der niederländischen Staatsbahn, betrieben werden. Im einzelnen geht es um die Regionallinien 4 (Aachen-Dortmund), 5 (Koblenz-Wesel) und 6 (Köln/Bonn-Minden), die an National Express gehen. Abellio übernimmt die RE 1 (Aachen-Hamm) und RE 11 (Düsseldorf-Hamm mit Weiterfahrt nach Kassel).
Mit Material von dpa