Autofahren und Cannabiskonsum bleiben ein Reizthema. Während die Bundesregierung einen Grenzwert wie beim Alkohol festgelegt hat, fordern Oppositionspolitiker Nachbesserungen. Die CDU-geführte NRW-Landesregierung mit NRW-Innenminister Herbert Reul hält den Grenzwert für ein Sicherheitsrisiko im Verkehr. Und nicht nur sie. Widerstand kommt auch von Ärzten und dem ADAC.
„Die vom Bundesministerium für Verkehr beauftragte Expertengruppe hat einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm je Milliliter vorgeschlagen, der aus verkehrsfachlicher Sicht nicht zu befürworten ist. Die Anhebung des Grenzwertes wird sich negativ auf die Sicherheit im Straßenverkehr auswirken“, teilte Reuls Sprecher mit. Die CDU hatte versucht, die Cannabis-Legalisierung bis zuletzt zu verhindern. Am 1. April griff das neue Gesetz, das eine Zäsur in der deutschen Drogenpolitik darstellt.
Es war nicht das erste Mal, dass Reul Kritik übte. Vor wenigen Tagen sagte er der Funke Mediengruppe, er sehe die von einer Expertenkommission vorgeschlagene Erhöhung des Grenzwerts von THC „sehr skeptisch“.
Bisher 1,0 Nanogramm THC
Auch der ADAC plädiert für schärfere Regeln: „Wird dieser Wert erreicht, ist nach aktuellem Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs nicht fernliegend.“ Bisher waren 1,0 Nanogramm THC in der Rechtssprechung etabliert. Durch die Ampel-Pläne könnte sich dieser Wert mehr als verdreifachen. Der Automobilclub spricht sich für eine Nullgrenze aus, gerade bei Fahranfängern.
Unterstützung bekommt der ADAC von der Kassenärztlichen Vereinigung. „Der derzeit im Bund diskutierte THC-Grenzwert ist zu hinterfragen – auch aufgrund der Gefahr eines Mischkonsums aus Cannabis und Alkohol. Die Konsequenz mit Blick auf den Grenzwert am Steuer und im Sinne der Allgemeinheit kann daher nur eine Null-Toleranz-Regelung sein“, erklärte Frank Bergmann, Chef der KV Nordrhein, in der „Rheinischen Post“.
Und Dirk Spelmeyer, Chef der KV Westfalen-Lippe, nannte das Gesetz ein „Eigentor“. Cannabis sei alles andere als harmlos: „Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass der regelmäßige Konsum abhängig macht und gerade bei jungen Erwachsenen zu bleibenden Schäden führen kann.“ Ein Gesetz zu Cannabis am Steuer ist noch nicht auf den Weg gebracht.
Verkehrsrisiko bei Cannabiskonsum
Der TÜV-Verband sprach sich gegen die Empfehlung der Expertenkommission aus. „Die geplante Schaffung eines Grenzwerts in Höhe von 3,5 ng/ml THC im Blutserum bei Cannabiskonsum im Straßenverkehr lehnen wir ab“, sagte Fani Zaneta, Expertin für Verkehrssicherheit beim TÜV-Verband, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die vorgeschlagene Erhöhung sei verfrüht und auf Basis der vorliegenden Erkenntnisse derzeit wissenschaftlich nicht begründbar. „Zudem vermittelt die Festlegung eines THC-Grenzwerts im Straßenverkehr die völlig falsche Botschaft, dass es tolerierbar sei, unter gewissem Drogeneinfluss Auto zu fahren“, so Zaneta.
sre/mit dpa