Aus Mangel an Beweisen: CAS hebt viele Sperren auf
Sportpolitik: Doping
Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat die Olympia-Sperren gegen 28 russische Athleten aufgehoben. Die russischen Sportbehörden wollen die Teilnahme der freigesprochenen Athleten an den Winterspielen in Pyeongchang erwirken. Das IOC widerspricht sofort.

Skeleton-Pilot Alexander Tretjakow gehört zu den russischen Athleten, die ihre Medaillen behalten. © dpa
Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat aus Mangel an Beweisen alle Doping-Sanktionen gegen 28 russische Wintersportler aufgehoben. Elf weitere Sportler bleiben von den Spielen in Pyeongchang ausgeschlossen, ihre lebenslangen Sperren für Olympia sind laut einer CAS-Mitteilung vom Donnerstag aber ebenfalls ungültig. Der CAS betonte, dass die Athleten nicht für „unschuldig“ erklärt worden seien, sondern dass die Beweislage seines Erachtens nicht ausreichend sei.
Langenhan bleibt Vierter
Langlauf-Olympiasieger Alexander Legkow, Skeleton-Olympiasieger Alexander Tretjakow und Rodler Albert Demtschenko gehören zu den Athleten, deren Sperren der CAS nun aufgehoben hat. Sie behalten ihre vor vier Jahren gewonnenen Medaillen. Der deutsche Rodler Andi Langenhan bleibt daher Vierter der Spiele von Sotschi und erhält nicht nachträglich Bronze. Bob-Pilot Alexander Subkow, Doppel-Olympiasieger von 2014 und mittlerweile Cheftrainer des russischen Bob-Teams, zählt hingegen zu denen, die für Pyeongchang gesperrt bleiben. Die lebenslange Sperre gegen ihn hob der CAS auf.
Die russische Regierung hat die Aufhebung der Sperren mit großer Erleichterung aufgenommen. „Wir sind froh, dass die Gerechtigkeit endlich triumphiert hat“, sagte Sportminister Pawel Kolobkow am Donnerstag in Moskau. Die CAS-Entscheidung bestätige, dass die Athleten „sauber“ seien. Nun erwarteten die Sportler, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) reagiere und sie auch zu den Winterspielen in Südkorea zulasse, sagte Kolobkow der Agentur Interfax zufolge. Die russischen Sportbehörden stünden mit dem IOC in Kontakt, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Ob es gelingen werde, sei noch schwer abzuschätzen. Russland werde weiter für die Rechte und Interessen seiner Sportler kämpfen, sagte er.
Sportler unter neutraler Flagge
Das IOC betonte nach Bekanntwerden des CAS-Spruchs, dass weiterhin nur russische Athleten in Pyeongchang antreten dürfen, die auf seiner Einladungsliste stehen. In einer IOC-Mitteilung heißt es: „Die CAS-Entscheidung bedeutet nicht, dass Athleten aus der Gruppe der 28 zu den Spielen eingeladen werden.“ Das NOK Russlands war nach der IOC-Entscheidung Anfang Dezember für die Winterspiele gesperrt worden. Allerdings dürfen russische Sportler unter neutraler Flagge und ohne Hymne starten. Sie werden als „Olympischer Athlet aus Russland“ (OAR) geführt. Nach eingehender Prüfung hat das IOC 169 russischen Athleten erlaubt, in Südkorea anzutreten.
Das IOC hatte insgesamt 43 russische Wintersportler von künftigen Olympischen Spielen ausgeschlossen, weil die Athleten bei den Heim-Spielen in Sotschi 2014 von organisierten Manipulationen profitiert haben sollen. 42 der betroffenen Sportler hatten vor dem CAS Einspruch eingelegt.
Drei Entscheidungen nach den Spielen
In den zurückliegenden Tagen waren 39 Russen vom Sportgerichtshof angehört worden, via Videoschalte ebenso Kronzeuge Grigori Rodschenkow - früher Chef des Anti-Doping-Labors Moskau - und der WADA-Chefermittler Richard McLaren. Über drei russische Biathletinnen wird der CAS voraussichtlich erst nach den Spielen in Südkorea entscheiden. Alle drei haben ihre Laufbahn beendet.
Grundlage der IOC-Beschlüsse in der Causa Russland waren die Aussagen von Rodschenkow und die Berichte von McLaren für die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Rodschenkow hatte nach seiner Flucht in die USA das mutmaßliche Betrugssystem bei Olympia in Sotschi enthüllt. McLaren sammelte weitere Beweise für ein groß angelegtes Dopingprogramm. Die vom IOC eingesetzte Disziplinarkommission unter Leitung von Denis Oswald sah die Beweislast gegen die Russen nach weiteren „forensischen und analytischen Doping-Untersuchungen“ als erdrückend an. Dem CAS genügte dies aber offenbar nicht. Der Sportgerichtshof betonte, dass er nur die individuellen Fälle beurteilt hat und nicht die Frage, ob es ein organisiertes Dopingsystem in Russland gegeben habe.
Von dpa