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Aus für Trainer Marc Woller in Holzwickede – „Wir mussten die Reißleine ziehen“
Fußball
Nach 18 Oberligaspielen hat der Holzwickeder SC Chefcoach Marc Woller nach einer Vorstandssitzung von seinen Aufgaben entbunden. Interimstrainer Benjamin Hartlieb fordert „Holzwickeder Tugenden“.
Die große Überraschung war die Trainerentlassung von Marc Woller beim Fußball-Oberligisten Holzwickeder SC am Montagabend nicht mehr. Bereits am Sonntag waberten die Gerüchte durch die Emschergemeinde und am Montanhydraulikstadion. Etwas mehr als 24 Stunden nach dem katastrophalen Heimauftritt gegen den ASC 09 Dortmund (1:5) verkündete der HSC dann die Entscheidung. Marc Woller ist nicht mehr Trainer. Der 53-Jährige muss gehen.
„Der HSC und der bisherige Cheftrainer Marc Woller haben sich mit sofortiger Wirkung einvernehmlich und in beidseitigem Einverständnis getrennt. Der HSC bedankt sich ausdrücklich für die von Marc Woller geleistete Arbeit und wünscht ihm für die Zukunft alles Gute“, schrieb der HSC in einer Pressemitteilung. Nachfolger wird interimsweise Benjamin Hartlieb.
Am Montagabend ab 18 Uhr hatte der geschäftsführende Vorstand und die Sportliche Leitung in der Geschäftsstelle in Holzwickede getagt und „die Situation analysiert“, wie Pressesprecher Lars Rohwer mitteilte. Die stellt sich dramatisch dar: Der HSC ist Drittletzter in der Oberliga, hat keinen Heimsieg in neun Spielen eingefahren und insgesamt erst 14 Zähler in 18 Meisterschaftsspielen gesammelt.

Marc Woller ist nicht mehr Trainer des Holzwickeder SC. © Heese
Die Bilanz von Marc Woller, der vor der Saison auf den zum Lüner SV abgewanderten Axel Schmeing folgte, ist ernüchternd. Es habe „Einstimmigkeit“, wie Vorstandschef Udo Speer später sagte, darüber geherrscht, dass etwas passieren muss.
Holzwickeder SC nimmt die Mannschaft in die Pflicht
Bereits gut eine Stunde nach Beginn der turnusmäßigen Sitzung informierte der Verein in Form der Sportlichen Leitung Marc Woller telefonisch. „Wir mussten die Reißleine ziehen und neue Akzente setzen“, sagte Udo Speer am Abend, der Woller als fachlich guten Trainer einstufte. „Wenn ich einen Trainer wie Marc Woller gehabt hätte, das wäre ideal gewesen“, so Speer.
Aber, auch das sagte Speer: „Es gibt Spieler, die müssen härter angefasst werden. Als Trainer musst du nicht Lieb-Freund sein.“ Ein klares Signal an die Mannschaft, die die Verantwortlichen in Holzwickede nun stärker in der Pflicht sehen.

HSC-Boss Udo Speer (r.) mit Benjamin Hartlieb © Werner Hahn
„Die aktuelle sportliche Situation ist ein Resultat vieler Verkettungen und sicherlich nicht ausschließlich am Trainer festzumachen“, stand in der Pressemitteilung geschrieben. Auch Speer äußerte sich zu den Gründen. „Marc Woller kam in der Corona-Krise zu uns. Viele Spiele sind ausgefallen, wir haben viele Verletzte und es haben uns Spieler nach Lünen verlassen, die Tim (Harbott, Sportlicher Leiter, Anm. d. Red.) zugesagt hatten“, führte Speer aus, der „froh“ sei, dass Hartlieb nun das Zepter übernimmt.
Hartlieb, der erst seit November Sportdirektor im Klub ist, aber jahrelange Trainererfahrung besitzt, soll es nun „bis auf Weiteres“ richten, wie es hieß. Am Dienstagabend wird Hartlieb seine erste Einheit als Interimstrainer leiten und die Mannschaft auf Finnentrop/Bamenohl vorbereiten. Hartlieb wird auch am Spieltag auf der Bank sitzen. Nicht mehr dabei sein werden die beiden Assistenten Adriano Ciallella und Daniel Frieg – der HSC krempelt also sein Trainerteam komplett um.
Volle Konzentration auf das Oberligaspiel in Finnentrop
„Wir konzentrieren uns jetzt nur auf Finnentrop/Bamenohl“, betonte Hartlieb am Abend. Was danach kommt? Noch offen. Hartlieb könnte als eine Art Übergangslösung für die letzten beiden Spiele der Hinrunde fungieren, damit der Verein Zeit gewinnt und für die zehn Spiele der Abstiegsrunde einen neuen Trainer installieren kann. Eine andere Option wäre, dass Hartlieb bis Saisonende durchzieht. Einen neuen Trainer für die kommende Saison braucht der HSC ebenfalls, der früher übernehmen könnte, wenn er verfügbar ist.

Benjamin Hartlieb betreute das HSC-Team gemeinsam mit Claas Hoffmann (U23-Trainer, r.) im Testspiel gegen Brünninghausen. © Michael Neumann
Benjamin Hartlieb war vor seinem Engagement in Holzwickede Sportlicher Leiter beim Bezirksligisten Königsborner SV, den er verlassen hat, um in seiner Heimatgemeinde Holzwickede den neu geschaffenen Posten des Sportdirektors zu bekleiden. Vereinschef Udo Speer und Hartliebs Vater sind befreundet, Hartlieb kennt den HSC-Boss schon seit Kindestagen. Als Trainer arbeitete er in der U19 des TSC Eintracht Dortmund, des VfL Schwerte und des Hombrucher SV, bevor er sich auf die Arbeit im Hintergrund beschränkte.
Die kurzzeitige Rückkehr an die Linie erlebte Hartlieb schon zum Ende der Vorbereitung, als er den erkrankten Chefcoach Marc Woller vertrat und zwei Siege in Testspielen gegen Westfalenligist Brünninghausen (3:2) und die Bundesliga-U19 des MSV Duisburg (2:1) einfuhr. „Es wird nun Zeit, wieder klassische Holzwickeder Tugenden freizulegen“, sagte Hartlieb, „und die sind: Teamgeist, Geschlossenheit und gemeinsames Beieinanderstehen.“
Sportler durch und durch, der auch für alle Sportarten außerhalb des Fußballs viel übrig hat. Von Hause aus Leichtathlet, mit einer Faszination für Extremsportarten, die er nie ausprobieren würde. Gebürtig aus Schwerte, hat volontiert in Werne, Selm, Münster und Dortmund.
