Aliens in Theben Das Mülheimer Theater an der Ruhr startet mit „Ödipus“ in die Spielzeit

Aliens in Theben
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Den ersten Willkommensgruß bei der Mülheimer Neuinszenierung bieten die vielsprachigen Stimmen der sogenannten Golden Records, die 1977 von der NASA mit den „Voyager“-Raumsonden ins All geschossen worden sind, um außerirdischen Lebensformen ein Wissen über die Menschheit zu vermitteln. Passieren tut dabei minutenlang nichts – ein etwas sehr langatmiger Beginn.

Doch dann schreitet eine Gruppe von Aliens durch den grünen Raffelbergpark hinter dem Mülheimer Theater an der Ruhr auf die Open-Air-Bühne zu. Das Theben, das die acht gesichtslosen Gestalten dort entdecken, ist eine abstrakte, knallrote Steinwüste, in der verstreut antik anmutende Masken herumliegen.

Szene aus "Ödipus"
Szene aus "Ödipus" mit Fabio Menéndez und Dagmar Geppert © Götzen

Das junge, erstmals in Mülheim arbeitende Regieteam aus Alexander Klessinger, der auch die Übersetzung von Roland Schimmelpfennig eingerichtet hat, und dem Maskenspieler Mats Süthoff begibt sich in diesem „Ödipus“ auf eine Reise der Erkenntnis.

Von Neugier getrieben, sind die Außerirdischen der beiden zunehmend entschlossen, die dunklen Geheimnisse aufzudecken, welche mit den mythologischen Figuren hinter den Masken verbunden sind. So lassen sie die Geschichte des tragischen Helden, der unwissend zum Mörder des eigenen Vaters und zum Gatten der eigenen Mutter geworden ist, für sich und das Publikum intensiv und neu erleben.

Masken zum Leben erweckt

Das gelingt grandios, denn die acht Mülheimer Schauspieler liefern trotz einheitlicher, farbloser Kleidung und des erzwungenen Verzichts auf mimische Gestaltung packende Rollenporträts ab. Da werden wirklich Masken zum Leben erweckt.

Hinreißend ist Paulina Alpens herrischer, von Emotionen getriebener, beklemmend menschlich gezeichneter Ödipus. Aus dem weiteren Ensemble stechen Dagmar Geppert als dessen Frau und Mutter Iokaste sowie Fabio Menéndez als deren Bruder Kreon hervor.

Noch mehr Geheimnisse

Bei der Premiere hatte das Publikum zusätzliches Glück: Bis auf ein paar Regentropfen zum Schlussmonolog spielte auch das Wetter mit.

Das Theater an der Ruhr hat übrigens die gesamte Spielzeit 2024 / 25 unter das Motto „Geheimnis“ gestellt. Wie schon in der letzten Saison wird es drei „Theaterinseln“ geben, bei denen jeweils andere Stücke gezeigt werden. Der „Ödipus“ steht somit bereits am 14. September 2024 letztmalig auf dem Programm.

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Weitere Aufführungen

Termine: 30. / 31. 8., 6. / 7. / 14. 9.; Karten: Tel. (0208) 599 01 88.

www.theater-an-der-ruhr.de

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